RS UVS Oberösterreich 1995/10/27 VwSen-103149/10/Br

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Veröffentlicht am 27.10.1995
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Rechtssatz

Der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, hat einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, daß er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten (§ 9 Abs.2 StVO 1960 1. Fall). Diese Anhaltepflicht ist bei logischer Betrachtung unter dem Aspekt zu erblicken, daß ein "sicheres Anhalten noch rechtzeitig" möglich ist. Hier wäre dies bei objektiver Beurteilung der Situation gefahr- und mühelos möglich gewesen. Wenn die Berufungswerberin vorerst hinter einem Radfahrer nachfuhr, so wäre ihr sehr wohl ein sicheres Anhalten hinter dem Radfahrer und somit vor dem Schutzweg möglich gewesen. Ein allfälliges zur Nichtwahrnehmung der Fußgänger bzw. das Anhalten des Radfahrers falsch verstehen lassendes Aufmerksamkeitsdefezit vermochte die Berufungswerberin nicht zu entschuldigen. Hier ist auf die gleichen Bedingungen der Anhaltepflicht vor durch Verkehrslichtsignalanlagen geregelten Kreuzungen abzustellen (halber Reaktionsweg plus Bremsweg, auf der Basis einer Betriebsbremsung, vgl. Benes-Messiner, Kommentar zur StVO, 8. A, S 510ff., Anm. 2, sowie E 1, 4 und 5).

Fehlverhalten der Fahrzeuglenker im Zusammenhang mit vor bzw. auf Schutzwegen befindlichen Fußgänger indiziert ein hohes Unfallrisiko. Diesem suchte der Gesetzgeber durch einen weiteren Schutz der Fußgänger, nämlich diesen bereits bei deren "Erkennenlassen" den Schutzweg benützen zu wollen, den Vorrang einzuräumen. Es widerspricht daher auch angesichts der Einkommensverhältnisse und deren der Berufungswerberin bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht dem Sinn der Strafbemessungsbestimmungen, bei einer gesetzlichen Höchststrafe von 10.000 S hier die Geldstrafe mit 1.000 S zu bemessen (siehe auch VwGH 18.9.1991, Zlen. 91/03/0043, 91/03/0250). Wie schon dargelegt brachte die Berufungswerberin in ihren an sich umfangreichen Schriftsätzen nichts vor, was als Entschuldigungsgrund für ihr doch nicht bloß unerhebliches Fehlverhalten im Straßenverkehr herangezogen werden könnte. Wie von der Erstbehörde zutreffend ausgeführt wurde, bedarf es daher jedenfalls der Verhängung einer Geldstrafe, um derartigen Übertretungen mit Nachdruck entgegenzuwirken. Dies insbesondere im Sinne der Generalprävention. Das Vorgehen mit einer bloßen Ermahnung wäre schon aus gesetzlichen Gründen nicht möglich. Diesbezüglich fehlt es sowohl an den dafür erforderlichen bloß unbedeutenden Folgen der Übertretung und auch an einem bloß geringen Verschulden.

Der Berufung war daher der Erfolg in jeder Richtung hin zu versagen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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