RS UVS Oberösterreich 1995/11/02 VwSen-340001/8/Br

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Veröffentlicht am 02.11.1995
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Rechtssatz

Der Abschuß von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild ist nur auf Grund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschußplanes zulässig. Die im Abschußplan für Schalenwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen weder unter- noch überschritten werden. Die im Abschußplan für Auer- und Birkwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen unterschritten werden (§ 50 Abs.1 O.ö. JagdG).

Die Nichterfüllung des Abschußplanes ist ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG und es trifft in einem solchen Falle die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens gem. § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG den Beschuldigten. Ein Verschulden an der Nichterfüllung des vorgeschriebenen Abschusses ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn seine Erfüllung objektiv unmöglich war. Die Beantwortung der Frage, ob der nach dem Abschußplan bewilligte oder von der Behörde festgesetzte Abschuß auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten im Revier erfüllbar war oder nicht, erfordert jagdfachliche Kenntnisse. Hierüber ist ein Sachverständigengutachten einzuholen (VwGH 21.4.1971, 1139/70).

Ein Verschulden an der Nichterfüllung des vorgeschriebenen Abschusses ist daher jedenfalls dann nicht gegeben, wenn seine Erfüllung objektiv unmöglich war. Für die Glaubhaftmachung iS § 5 Abs.1 VStG ist es rechtlich unerheblich, daß der Berufungswerber gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G. - Abschußplan für das Jahr 1994/95 vom 12.4.1994 - kein Rechtsmittel ergriffen hat (VwGH 12. November 1992, Zl. 91/19/0160). Das hier unter Bezugnahme auf das jagdfachliche Gutachten durchgeführte Beweisverfahren führte zum Ergebnis der objektiven Unerfüllbarkeit. In diesem Zusammenhang muß auf das Ausmaß der objektiv zumutbaren spezifischen jagdlichen Aktivität im Sinne objektiver Sorgfaltspflichten Bezug genommen werden. Diesbezüglich spricht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur aus (vgl Slg. 9710 A und 28.10.1980, 2244/80 u.a.), daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters (hier des Verkehrskreises des Berufungswerbers) versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig wurde folglich dann gehandelt, wenn sich ein Angehöriger dieses Verkehrskreises (gedacht als eine objektivierte Maßfigur), dem der Handelnde angehört (ein Jagdausübungsberechtigter), an seiner Stelle sich anders Verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169), d.h. im Sinne dieser objektivierten Maßfigur vom Berufungswerber noch mehr Aktivitäten in seinem Jagdrevier erwartet werden hätte müssen. Man muß sich im Sinne dieser Judikatur aber auch davor hüten, die Anforderungen an die objektive Sorgfaltspflicht zu überspannen. Dem pönalisiertem Erfolg, welcher hier in einer Unterlassung im Sinne einer ausreichenden jagdlichen Aktivität erblickt werden müßte, darf quasi nicht a'priori durch überhöhte, gleichsam jeden Bogen an Zumutbarem übersteigende Anforderungen an jagdliche Aktivitäten ein schuldhaftes Untätigsein unterstellt werden (vgl auch h. Erk. VwSen-200105 v. 5.10.1993). Wie oben bereits erwähnt sind der Jagd durchaus nicht objektivierbare, einem Erfolgsziel entgegenstehende Komponenten, inhärent. Solche sind auch in jagd(recht)lichen Grundsätzen, etwa in der "Weidgerechtigkeit" eine zu beachtende (Leistungs-)Grenze gelegen. So gilt es etwa, das Wild sicher anzusprechen und etwa auch Weitschüsse zu vermeiden (vgl. Pesendorfer/Rechberger, Das O.ö. Jagdrecht (Loseblattausgabe) § 38 Anm.3). Auch sicherlich nicht zu vermeidende Fehlschüsse (so wie hier) stellen ein unverschuldetes Faktum für das Ausbleiben des (erwünschten) Erfolges dar. Der bloße Hinweis auf "die nicht erreichten Abschußquoten", läßt daher nicht zwingend den Schluß auf ein "schuldhaftes Untätigsein" zu. Ganz im Gegenteil ! Hier wurde sowohl eine den ökologischen Interessen entsprechende Bejagung des Rehs durch die überdurchschnittliche Entnahme von weiblichen Stücken und ebenfalls eine entsprechende Intensität der Jagdausübung durch seine so gut wie ständige Präsenz des Berufungswerber im Revier unter Beweis gestellt. Ebenfalls mangelte es auch nicht an geeigneten Reviereinrichtungen, welche vom Berufungswerber sogleich nach der Revierübernahme errichtet wurden. Die Rechtsordnung sieht eine Strafsanktion bloß für die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche sie nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf, vor. Von keiner dem Verkehrskreis des Berufungswerbers angehörigen Person wäre daher in dieser Situation ein anderes Verhalten und ein größerer Erfolg - bezogen auf die Spezies Rehwild - zu erwarten gewesen. Mit diesem weiten Bogen an rechtlichen Erörterungen sollte auch zum Ausdruck gelangen, daß der Vollzug des Jagdgesetzes durch zu statische Beurteilungen dieses komplexen Fachgebietes im Ergebnis nicht zu einer Erfolgshaftung führen darf, welche dem Rechtsgrundsatz (keine Strafe ohne Schuld) zuwiderlaufen würde. Eine Fehlertoleranz muß in jagdlichen Belangen eben wegen der bereits oben angesprochenen "vielen unbekannten und vom Menschen nicht handhabbaren Faktoren" einkalkuliert werden. Diese Notwendigkeit wurde auch in diesem Beweisverfahren besonders illustrativ verdeutlicht.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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