RS UVS Oberösterreich 1995/11/20 VwSen-230477/4/Br

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Veröffentlicht am 20.11.1995
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Rechtssatz

Der Ansicht der Erstbehörde ist insofern zu folgen, als der Aufenthalt des Berufungswerbers nach negativ rechtskräftiger Erledigung seines Asylantrages und damit zumindest bis zur Gewährung der aufschiebenden Wirkung durch den VwGH - also vom 18. Juli 1995 bis zur Zustellung des die aufschiebende Wirkung zuerkennenden Beschlusses des VwGH, AW 95/01/0233-3, vom 27. September 1995 - wegen Wegfalles des vorläufigen Aufenthaltsrechtes rechtswidrig war.

Dem vom Berufungswerber zit. Erkenntnis des Verwaltungssenates, VwSen-230428, lag eine im Ergebnis durchaus vergleichbare Situation zugrunde, wenngleich es dort darum ging, inwieweit es dem Beschuldigten vorzuwerfen war, die Frage des Schutzes vor Verfolgung in einem Drittland unrichtig beurteilt zu haben. In rechtskonformer, weil sinnrichtiger Auslegung einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und unter Hinweis auf die ständige Spruchpraxis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oö. folgt, daß in Fällen von wohl rechtswidrigen Aufenthalten von Fremden vielfach bloß ein geringfügiges Verschulden indiziert oder überhaupt nicht als Verschulden angelastet werden kann, insbesondere wenn der Ausgang eines Asylverfahrens und somit die Klärung eines Rechtsstandpunktes im Inland abgewartet wird oder etwa der bewilligungslose Verbleib im Bundesgebiet infolge von Kriegsereignissen in der Heimat eines Fremden einen Schuldausschließungsgrund bildet. Im ersteren Sinn kommt auch hier dem Berufungsvorbringen Recht zu.

Zur Rechtswidrigkeit:

Im Sinne des Legalitätsgrundsatzes vermag die durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung neuerlich auflebende vorübergehende Berechtigung zum Aufenthalt - gleichsam rückwirkend - den zwischenzeitig, ohne Bewilligung gepflogenen Aufenthalt (ex tunc) wohl nicht sanieren und daher den mit Straferkenntnis vorgeworfenen illegalen Aufenthaltszeitraum nicht der Rechtswidrigkeit zu entledigen. Aus dieser Sicht würde der Aufenthalt selbst dann nicht legal sein, wenn die Nichterteilung der Bewilligung - was hier wohl nicht der Fall ist - auf der Stufe der Gesetzlosigkeit stehend zu qualifizieren wäre. Umgekehrt entfaltet, im Sinne der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, etwa auch ein im nachhinein von Amts wegen aufzuhebender Bescheid (strenge Akzessorietät) Bindungswirkungen (E. Steininger, in Triffterer, StGB-Kommentar, Wien 1993, § 1 RZ 136; Zehetner/Weiss, Verwaltungsakzessorietät der Neutralitätsgefährdung, 45 ff). Dies gilt analog zum gerichtlichen Strafverfahren auch für das Verwaltungsstrafverfahren. Umso mehr muß dies zutreffen, wenn, so wie hier, eine Bewilligung vorübergehend erloschen war.

Zur Schuld:

Der § 5 Abs.1 VStG normiert, daß, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn - so wie hier - zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (den sog. Ungehorsamsdelikten) und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Berufungswerber hat hier wohl vertrauend auf ein ihm zukommendes Recht einen vorübergehend illegalen Aufenthalt offenkundig wohl in Kauf genommen. Diesem objektiv rechtswidrigen Verhalten kommt jedoch angesichts der Umstände ein bloß geringes Verschulden zu. Eine nachdrückliche Rechtsdurchsetzung darf wohl nicht auf die Ebene der bloßen Fiktion entrückt werden (vgl etwa VfGH 23.6.1992, G 330 bis G 333/91, Slg.Nr. 13.120 sinngem.). Vom Berufungswerber zu erwarten, den Ausgang seines Verfahrens im Ausland abzuwarten und seine aufgebaute Integration aufzugeben, würde die Erwartungen an Zumutbarem in aller Regel wohl überspannen.

Ein schuldausschließender Umstand, welcher in einer den Berufungswerber in seiner Heimat tatsächlich bedrohenden Situation zu erblicken wäre (deren Beurteilung im Asylverfahren zu treffen sein wird), wurde im Rahmen dieses Verfahrens zwar behauptet, jedoch nicht ausreichend belegt.

Nach § 21 Abs.1 VStG (erster Satz) kommt ein Absehen von einer Bestrafung dann in Betracht, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Der unabhängige Verwaltungssenat vermag angesichts der hier nachdrücklichen Rechtsverfolgung und des nur durch Fristenläufe bedingten vorübergehend illegal werdenden Aufenthaltes keine nachteiligen Folgen zu erblicken. Der Berufungswerber hat mit seinen Darlegungen auch glaubhaft gemacht, daß er selbst nach der letztinstanzlichen Abweisung seines Asylansuchens weiter bestrebt (gewesen) ist, seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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