TE Vfgh Beschluss 1998/9/29 B967/97

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Veröffentlicht am 29.09.1998
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
VfGG §34
VfGG §35
VfGG §87 Abs3
ZPO §146 Abs1
ZPO §538

Leitsatz

Zurückweisung von Anträgen auf Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie weiterer Verfahrensanträge; kein Vorliegen gesetzlicher Wiederaufnahms- und Wiedereinsetzungsgründe; nachträglicher Abtretungsantrag daher verspätet

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit Beschluß des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 26. Februar 1997 wurde der Antragstellerin ein Verfahrenshelfer in einem näher bezeichneten Verfahren bestellt. Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde B967/97 lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 9. Juni 1998 ab. Mit demselben Beschluß wies der Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ab, weil dieser nur für den - nicht vorliegenden - Fall gestellt wurde, daß sich der Verfassungsgerichtshof für unzuständig erklären sollte.

2. Mit den vorliegenden selbstverfaßten, am 30. Juli 1998 zu Post gegebenen Schriftsätzen begehrt die Antragstellerin die Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Neben einer Reihe von Verfahrensanträgen stellt sie weiters Anträge auf Durchführung eines "Richtigstellungsverfahrens im Hinblick auf einen unrichtigen Beschwerdeschriftsatz des Verfahrenshelfers" sowie eines "Verbesserungsverfahrens für (ihre) ursprüngliche Beschwerde samt Unterschriftleistung des Herrn Verfahrenshelfers sowie Ergänzung hinsichtlich der unrichtigen gesetzlichen Bestimmungen".

Außerdem wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.

Das Verfahren sei wieder aufzunehmen, weil bei einem am 29. Juli 1998 von der Antragstellerin mit ihrem Mitarbeiter geführten Telefongespräch hervorgekommen sei, "daß bei der Frau Referentin Dr. Berchtold-Ostermann im Verfahren möglicherweise aufgrund seiner Mitwirkung (des Mitarbeiters) nicht jene Distanz bestehen könnte, welche Voraussetzung sein sollte, an dieses Grundrechtsproblem heranzugehen".

Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird ausgeführt, daß der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1998 dem "Masseverwalter" am 8. Juli 1998 zugestellt worden sei. Die Antragstellerin selbst habe jedoch erst am 15. Juli 1998 davon Kenntnis erlangt.

II. 1. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist nicht zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gelten für die Wiederaufnahme eines Verfahrens in den Fällen des Art144 B-VG, da §34 VerfGG 1953 eine nähere Regelung nicht enthält, nach §35 VerfGG 1953 sinngemäß die Bestimmungen der ZPO (§§530ff). Der Verfassungsgerichtshof hat daher bei der Entscheidung über die vorliegenden Anträge auch die Bestimmung des §538 Abs1 ZPO über das Vorprüfungsverfahren sinngemäß anzuwenden, wonach eine (Wiederaufnahms-)Klage insbesondere dann zurückzuweisen ist, wenn sie nicht auf einen der gesetzlichen Wiederaufnahmsgründe gestützt ist (vgl. VfSlg. 11313/1987, 12993/1992 ua.).

Gemäß dem hier allein in Frage kommenden §530 Abs1 Z7 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953 ist Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Hervorkommen von neuen Tatsachen oder Beweismitteln, deren Vorbringen und Benutzung im früheren Verfahren für die Partei eine günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte. Im vorliegenden Fall liegt dieser Wiederaufnahmsgrund jedoch nicht vor: Das VerfGG 1953 sieht für die Parteien eines Verfahrens nicht die Möglichkeit vor, ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes abzulehnen; ein darauf abzielender Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 9462/1982).

Aus diesem Grund war der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß §538 Abs1 ZPO iVm §530 Abs1 ZPO zurückzuweisen.

Es erübrigte sich daher auch, auf die für den Fall der Wiederaufnahme des Verfahrens gestellten Anträge einzugehen.

2. Der in den Fällen des §33 VerfGG 1953 gemäß §35 leg.cit. sinngemäß anzuwendende §146 Abs1 ZPO sieht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf Antrag einer Partei vor, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde, und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte.

Der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1998 wurde dem für das Beschwerdeverfahren bestellten Verfahrenshelfer nachweislich am 8. Juli 1998 zugestellt. Die Antragstellerin hat - nach ihrem eigenen Vorbringen - noch innerhalb der zweiwöchigen Frist zur Stellung eines Antrages nach §87 Abs3 VerfGG 1953, nämlich am 15. Juli 1998, von der Zustellung Kenntnis erlangt. Daher liegen die Voraussetzungen des §146 ZPO keinesfalls vor und war der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückzuweisen.

3. §87 Abs3 VerfGG 1953 sieht die nachträgliche Abretung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof im Falle ihrer Ablehnung oder Abweisung durch den Verfassungsgerichtshof vor, wenn ein darauf abzielender Antrag vom Beschwerdeführer innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gestellt wird.

Der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1998, B967/97-24, wurde - wie schon erwähnt - der Antragstellerin durch Zustellung an ihren Vertreter (Verfahrenshelfer) am 8. Juli 1998 rechtswirksam zugestellt (§9 ZustellG). Die Frist zur Einbringung eines Antrages gemäß §87 Abs3 VerfGG 1953 begann daher mit diesem Tag und endete am 22. Juli 1998.

Der erst nach Ablauf dieser Frist gestellte Antrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof war daher als verspätet zurückzuweisen.

4. Dies konnte gemäß §§33 zweiter Satz, 34 zweiter Satz und 19 Abs3 litb und e VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Wiederaufnahme, VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Fristen, VfGH / Abtretung, VfGH / Ablehnung eines Mitgliedes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B967.1997

Dokumentnummer

JFT_10019071_97B00967_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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