Nach § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht spricht der VwGH in seiner ständigen Judikatur aus (s VwSlg 9710/A und 28.10.1980, 2244/80), daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Der Maßstab ist hier am Horizont eines Berufungsjägers zu messen und von einem solchen muß ein richtiges Ansprechen eines Wildes erwartet werden. Ein restliches, wenn auch ein sehr geringes Verschulden lag hier letztlich darin, daß der Berufungswerber das zu erlegende Stück an sich bereits kannte und es in der konkreten Situation eben nicht ausreichend angesprochen hat.
In diesem Sinne ist wohl auch die von der Erstbehörde in zutreffender Weise zit. Judikatur zu verstehen.
Hier ist jedoch auf eine dem hohen Abschußdruck spezifische Situation abzustellen. Die Erreichung dieses Zieles kann geradezu nur zwingend in der Inkaufnahme eines größeren Fehlerkalküles liegen. Dieses liegt insbesondere darin, daß der Betroffene an den Bereich einer Pflichtenkollision herankommt. Diese gestaltet sich derart, daß die Wahl zwischen der Inkaufnahme des Nichterreichens des Planzieles oder eben andererseits in einer denkbaren Inkaufnahme eines Fehlabschusses gipfelt.
Die Rechtfertigung einer an sich gesetzwidrigen Verhaltensweise (hier bloß auf die Schuldebene reduziert zu sehen) setzt voraus, daß der Eingriff in das fremde (hier: ein anderes) Rechtsgut das einzige Mittel zur Abwehr des drohenden Nachteils ist, dieser mithin nicht anders abgewendet werden kann; nicht der 'nächstmögliche Ausweg ist zu wählen, sondern der einzig mögliche' (KH 3586). Es darf somit kein anderer, schonenderer Weg zur Rettung des bedrohten Guts offenstehen (ÖJZ-LSK 1975/198). Rechtfertigung setzt aber weiters (und vor allem) voraus, daß das gerettete Rechtsgut gegenüber dem beeinträchtigten höherwertig ist; ist es dem beeinträchtigten gleichwertig oder gar geringerwertig, scheidet rechtfertigender Notstand aus. Die Höherwertigkeit muß eindeutig und zweifellos sein. Nur unter diesen Voraussetzungen kann mit Fug davon gesprochen werden, daß die Rechtsordnung den eigenmächtigen Eingriff in fremde Rechtsgüter billigt, mithin für rechtmäßig hält; andernfalls kann sie den Straftäter zwar uU (nur) für entschuldigt ansehen, sein Verhalten aber nicht für rechtmäßig erklären (Leukauf-Steininger, Das österreichische Strafgesetzbuch, 3. Aufl., Seite 138 ff).
Schließlich wird gefordert, daß die Rettungshandlung das angemessene Mittel zur Rettung des bedrohten Rechtsguts ist (vgl Burgstaller 154; Kienapfel 165 und ÖJZ 1975, 429 und AT 212 Rz 24; Triffterer AT 233). Durch dieses Angemessenheitskorrektiv sollen bei bestimmten Fallgruppen notwendige Korrekturen anhand oberster Wertmaßstäbe ermöglicht werden; rechtfertigender Notstand kommt danach nicht in Betracht, wenn die Tat, bezogen auf die obersten Prinzipien und Wertbegriffe der Rechtsordnung, nicht als das angemessene Mittel erscheint (Kienapfel ÖJZ 1975, 431, 429), oder ein rechtfertigender Notstand setzt voraus, daß es sachgemäß, billigenswert und im Interesse der Gerechtigkeit erlaubt ist, die Notstandslage durch "Beeinträchtigung des kollidierenden Interesses zu überwinden" (Jescheck 326).
Derselbe Grundgedanke liegt schließlich aber auch der sozialen Adäquanz zugrunde, dem sog. sozialadäquaten Verhalten. Auch dabei wird davon ausgegangen, daß ein gesetzliches Gebot zu einem bestimmten Handeln, welches jedoch aus widrigen Umständen (der Jagd sind etwa auch Grenzen in einem nicht erzwingbaren Erfolg und in der Weidgerechtigkeit gesetzt) nicht in einer vorgeschriebenen Form bewirkt werden kann, trotzdem zu erfolgen hat. Nach einem Teil der Lehre stellt auch die soziale Adäquanz einen Rechtfertigungsgrund dar. Dies bedeutet im Ergebnis, daß ein Fehlabschuß in diesem Lichte auch entschuldbar werden könnte. So gesehen besteht aber zwischen erlaubtem Risiko und sozialer Adäquanz kein wesentlicher Unterschied (vgl Schmiedhäuser AT2 298, 300f).
Zur rechtfertigenden Pflichtenkollision ist es herrschende Lehrauffassung, daß eine Kollision von zwei oder mehreren rechtlich bedeutsamen Pflichten vorliegt, wenn die betreffende Person nach den konkreten Umständen nur eine dieser Pflichten erfüllen kann. Häufig sind derartige Konfliktsituationen über den rechtfertigenden Notstand zu lösen. Soweit dies nicht möglich ist, muß es aber über eine andere dogmatische Konstruktion erlaubt (dh rechtmäßig) sein, eine dieser Pflichten zu verletzen, weil die betreffende Person sich sonst überhaupt nicht rechtmäßig verhalten könnte (Triffterer, Österreichisches Strafrecht, Seite 237 ff und die dort zit. Literaturhinweise).
Eine in dieser Richtung rechtlich vergleichbare Situation lag dem gegenständlichen Fall zugrunde. Angesichts der obigen Ausführungen war im nicht ausreichenden "Ansprechen" des Rehs (die entsprechende fachliche Qualifikation muß eben gerade dem Berufsjäger unterstellt werden) der Fehlabschuß letzten Endes doch in Kauf genommen worden - dessen Tatsache eben nicht zu verleugnen ist - hier zugunsten der gegenwärtig als höheres Rechtsgut zu qualifizierenden Planzielerfüllung gehandelt worden. Aufgrund der spezifischen Sachzwänge ist einerseits das Verschulden des Berufungswerbers als äußerst gering zu erachten und sind insbesondere durch diesen Eingriff in die Schonzeitvorschriften keinerlei nachteiligen Folgen im Sinne des § 3 O.ö. Jagdgesetz gegeben gewesen. Es war daher zwingend nach § 21 VStG vorzugehen und von der Verhängung einer Strafe abzusehen. Es bedürfe nämlich nicht einmal einer Ermahnung um damit den Berufungswerber auf sein Fehlverhalten, welches er doch vom Anfang an einbekannte, hinzuweisen. Somit war der Berufungswerber mit seinem Vorbringen im Ergebnis im Recht.