RS UVS Oberösterreich 1995/12/12 VwSen-102866/19/Bi/Fb

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Veröffentlicht am 12.12.1995
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Rechtssatz

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß sich der in Rede stehende Vorfall am 21. August 1994, also zum Geltungszeitpunkt der Straßenverkehrsordnung idFd 18. StVO-Novelle ereignet hat. Eine Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung nach einer auf der Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung basierenden Aufforderung durch ein hiezu ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan nach einer Inbetriebnahme eines Fahrzeuges erfüllte zum damaligen Zeitpunkt den Tatbestand des § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 der Straßenverkehrsordnung 1960 idF BGBl. Nr. 522/93.

Gemäß den Bestimmungen des § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Mit 1. Oktober 1994 ist die Straßenverkehrsordnung idFd 19. StVO-Novelle, BGBl. Nr.518/94, in Kraft getreten und hat somit zum Zeitpunkt der Fällung des Straferkenntnisses (11. April 1995) bereits gegolten. Es war daher zu beurteilen, ob sich, hätte sich der Vorfall nach Inkrafttreten der 19. StVO-Novelle ereignet, das Verhalten des Rechtsmittelwerbers zum einen überhaupt als Verwaltungsübertretung dargestellt hätte und wenn ja, ob diese Bestimmung nach der neuen Rechtslage für den Rechtsmittelwerber günstiger gewesen wäre.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 idFd 19. StVO-Novelle begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen .... Gemäß § 5 Abs.2 leg.cit. sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1.

ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2.

als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

§ 5 Abs.2 in der neuen Fassung enthält grundsätzlich drei Tatbestände. Nach dem ersten Satz dieser Bestimmung können Straßenaufsichtsorgane jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder dies versuchen auf Alkoholgehalt untersuchen, ohne daß hiezu eine Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung erforderlich ist. Aus der Regierungsvorlage geht hiezu hervor, daß mit dieser Bestimmung planquadratmäßige Atemalkoholkontrollen eine gesetzliche Grundlage erhalten sollen. Voraussetzung ist damit, daß das auffordernde Straßenaufsichtsorgan das Untersuchungsgerät, nämlich den Alkomat, an Ort und Stelle mitführt, und der Lenker des Fahrzeuges an Ort und Stelle eine Atemalkoholuntersuchung durchführen kann. Diese Bestimmung ist jedoch dann nicht anzuwenden, wenn das Straßenaufsichtsorgan kein Atemalkoholuntersuchungsgerät mitführt und der aufgeforderte Fahrzeuglenker zum nächstgelegenen Gendarmerieposten mitfahren muß, um dort einen Alkotest durchzuführen.

Im gegenständlichen Fall hat sich aus dem Verfahrensakt und auch aus dem durchgeführten Beweisverfahren ergeben, daß die Meldungsleger ein Atemalkoholuntersuchungsgerät nicht mitgeführt haben, dh der Rechtsmittelwerber hätte zum nächstgelegenen Gendarmerieposten, bei dem sich ein einsatzbereites Atemalkoholtestgerät befand, mitkommen müssen. Ein solches Vorgehen wäre aber unter den zweiten Satz der Bestimmung des § 5 Abs.2 leg.cit. zu subsumieren, wobei hier jedoch der Kreis der Personen, die durch ein Straßenaufsichtsorgan unter der Voraussetzung der Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung aufgefordert werden können, eingeschränkt wurde auf 1. Personen die verdächtig sind, ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder 2. Personen, die verdächtig sind, als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben.

Die Regierungsvorlage 1994 führt hiezu aus:

"Ziffer 1 trifft dafür Vorsorge, daß auch Personen, die nicht vor Ort einer Atemalkoholuntersuchung unterzogen werden konnten, insbesondere etwa weil sie einer Aufforderung, ihr Fahrzeug anzuhalten nicht Folge geleistet haben, oder auch bei "Fahrerflucht" im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, nachträglich zum Zweck der Beweissicherung einer Alkoholkontrolle zugeführt werden können."

Im zweiten Satz Ziffer 1 der maßgebenden Bestimmung sind aber nur mehr Personen angeführt, die verdächtig sind, ein Fahrzeug gelenkt zu haben, nicht aber Personen, die verdächtig sind, ein Fahrzeug in Betrieb genommen zu haben oder versucht haben, ein Fahrzeug zu lenken oder in Betrieb zu nehmen.

In seinem Überblick zur 19. StVO-Novelle führt Stolzlechner (ZVR 1994, 353 ff) zu dieser Bestimmung aus:

"... Wesentlich ist noch ein anderer Unterschied zum ersten Satz des Absatzes 2. Nach Satz 2 dürfen (lediglich) Personen kontrolliert werden, die verdächtig sind, alkoholisiert ein Fahrzeug gelenkt zu haben. Im Umkehrschluß ist daraus abzuleiten:

Bei einem Lenkversuch bzw bei (einem) Inbetriebnahme(versuch) dürfen weder eine Atemluftuntersuchung noch eine Verbringung nach Abs.4 durchgeführt werden. Beobachten danach Exekutivorgane eine Person, die alkoholisiert ihr Auto öffnet und startet (ohne wegzufahren), so darf die Atemluft zwar an Ort und Stelle geprüft werden (Abs.2 erster Satz), steht ein Alkomat jedoch nicht zur Verfügung, ist eine Verbringung dieser Person zur nächsten Dienststelle unzulässig, weil nicht gelenkt wurde. Damit aber fehlt es am Beweis für eine Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a in Form der Inbetriebnahme. Die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wäre daher sinnlos.

Die Annahme einer (unbeabsichtigten) Gesetzeslücke verbietet sich, einmal mit Rücksicht auf den klaren Wortlaut und die diesen bestätigenden Erlässe, sowie ferner bei Berücksichtigung des systematischen Hinweises auf Abs.4 letzter Halbsatz, wo gleichfalls nur auf die Zeit des Lenkens abgestellt wird."

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates besteht die durchaus schlüssige und auch nicht als unbillig anzusehende Hintergrundüberlegung dieser Bestimmung darin, daß eine Person, die ein Fahrzeug zwar in Betrieb genommen bzw solches oder ein Lenken versucht hat, es aber dann doch unterläßt, dieses Fahrzeug zu lenken, gleichsam als "Belohnung" für diesen Willensentschluß nicht wegen dieser Inbetriebnahme strafbar sein soll.

Nähme man nun die für den Rechtsmittelwerber ungünstigste Variante an, nämlich daß er tatsächlich den PKW durch Starten des Motors in Betrieb genommen hätte, führte dies zur Konsequenz, daß, hätte er zum Zeitpunkt der Geltung der 19. StVO-Novelle dieses Verhalten gesetzt, er keinen der in § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 normierten Tatbestände erfüllt hätte und daher seine Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung straflos wäre.

Unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 1 Abs.2 VStG ist die 19. StVO-Novelle zweifellos das für den Rechtsmittelwerber günstigere Recht, das auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses bereits in Geltung stand. Aus diesem Grund wäre das Verhalten des Rechtsmittelwerbers aus der Sicht der 19. StVO-Novelle zu sehen gewesen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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