F. verwies auf den Umstand, daß er bei der zuständigen Administrativbehörde einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, daß keine Eichpflicht gegeben sei, gestellt habe. Zum weiteren Vorwurf des Nichtmitwirkens führt er aus, daß bei der nicht gegebenen Eichpflicht auch keine Mitwirkungspflicht verletzt werden konnte.
Aufgrund der Berufung fand eine öffentliche mündliche Verhandlung, verbunden mit Lokalaugenschein, statt und wurden anschließend die im Instanzenzug ergangenen Administrativbescheide betreffend die Feststellung der Eichpflicht der Absackwaage beigebracht. Aufgrund dessen bestätigte der unabhängige Verwaltungssenat das angefochtene Straferkenntnis in beiden Fakten und behob lediglich den Ausspruch über die Zahlungspflicht der entgangenen Eichgebühr. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, welcher mit Erkenntnis vom 6. November 1995, Zl. 95/04/0005-5 auf Rechtswidrigkeit der vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich getroffenen Entscheidung erkannte und diese behob.
Aus der Begründung geht im wesentlichen hervor, daß durch die Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bezüglich des Faktums 1. § 44a Z1 VStG dadurch verletzt werde, daß die Formulierung über die Tatzeit nicht hinreichend konkret gewesen sei. Unabhängig davon sei aufgrund der ständigen Rechtsprechung zur Frage der Tatzeit eines Dauerdeliktes von sich aus eine Erfassungswirkung der Tatzeit bis zur Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses eingetreten. Darüber hinaus umschreibe der Spruch nicht das Tatbestandsmerkmal der Verwendung der Waage im rechtsgeschäftlichen Verkehr. Selbst der Verwaltungssenat gehe davon aus, daß die Absackvorrichtung (Waage) nur dem innerbetrieblichen Gebrauch gedient hat.
Ferner stellt der Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung des § 44a Z2 VStG fest, indem durch die Bestätigung des Straferkenntnisses bezüglich des erwähnten Faktums 1. es zur Unrichtigkeit bzw Unvollständigkeit der Zitierung der verletzten Norm gekommen ist. Darüber hinaus kenne § 66 MEG idF zur Tatzeit eine Eichpflicht von Abfüllmaschinen nur nach Erlassung einer Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie.
Bezüglich des zweiten Tatvorwurfes liege ebenfalls eine nicht konkretisierte Tatzeit vor.
Im übrigen sei § 34 MEG von der Blankettstrafnorm des Maß- und Eichgesetzes nicht erfaßt und beschreibe nur strafsanktionslose Mitwirkungspflichten des Betreibers von Meßgeräten im Administrativverfahren, indem diese Norm laute:
"Eichungen werden durchgeführt ...
4. Am Herstellungs- oder Aufstellungsort der Meßgeräte, wenn die Eichbehörde dies vorschreibt oder auf Antrag zuläßt. Der Antragsteller hat dafür zu sorgen, daß die erforderlichen Eichmittel Arbeitshilfe und gegebenenfalls ein geeigneter Raum bereitgestellt werden."
Der Verwaltungssenat ist an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes gebunden und es war aus den erwähnten Gründen das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, zumal demnach schon die Verfolgungshandlung Mängel in der Konkretisierung der Tatzeit und der Umschreibung des wesentlichen Tatbestandsmerkmals, was den rechtsgeschäftlichen Verkehr anlangt, aufwies. Durch die eingetretene Verfolgungsverjährung konnte dies vom O.ö. Verwaltungssenat nicht saniert werden.
Bemerkt wird, daß es zur Bestätigung der Bestrafung des Rechtsmittelwerbers durch den O.ö. Verwaltungssenat nur deswegen kam, weil sich dieser an einen durch alle Instanzen bestätigten Feststellungsbescheid der Administrativbehörde gebunden fühlte, welcher die Eichpflicht der Absackanlage aussprach. Zur Frage der Bindungswirkung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis keine expliziten Ausführungen getroffen.
Die Sachverhaltsfeststellungen des O.ö. Verwaltungssenates, wonach es sich nur um die Verwendung bzw das Bereithalten zum innerbetrieblichen Gebrauch handelt, waren für den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar, wodurch man zum Ergebnis gelangt, daß eine Bindungswirkung des Administrativbescheides nicht vorlag.
Was die Ausführungen über die Erfassungswirkung der Tatzeit bei einem Dauerdelikt anlangt, wird bemerkt, daß diese ständige Rechtsprechung offensichtlich unter dem Blickwinkel des Vorbehaltes Österreichs zur MRK stand.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit Urteil "Schmautzer, Gradinger u.a." vom 23. Oktober 1995, A 328-A (und andere Zahlen) unter anderem ausgesprochen, daß der österreichische Vorbehalt zu Artikel 5 MRK infolge seiner Unbestimmtheit nicht wirkt und jedenfalls die Verfahrensgarantien des Artikel 6 Abs.1 MRK auch in Verwaltungsstrafverfahren zu gewährleisten sind. Die Europäische Menschenrechtskonvention steht innerstaatlich im Verfassungsrang.
Bei einer verfassungskonformen Interpretation kann daher unter dem Gesichtspunkt eines "fair-trial" die Tatzeit eines Dauerdeliktes höchstens bis zur Anklage bzw. der Verfolgungshandlung gegebenenfalls der dem Beschuldigten vorgeworfenen Erweiterung der Verfolgungshandlung reichen.
Eine Erfassungswirkung bis zur Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses würde nämlich die Tatzeitverlängerung in das Belieben der Behörde (bis zur Erlassung des Straferkenntnisses) stellen und diese willkürlich verlängern, ohne daß sich der Beschuldigte dagegen wehren könnte. Dadurch würde die Waffengleichheit verletzt.
Da diese Überlegungen letztlich nicht den Angelpunkt für die Beurteilung bilden, sondern abgesehen von den Formalismen insbesondere die Absackvorrichtung nur als zum innerbetrieblichen Gebrauch dienlich bzw bereitgehalten angesehen werden konnte, war im zweiten Rechtsgang das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.