TE Vwgh Erkenntnis 2001/6/26 2000/04/0144

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Veröffentlicht am 26.06.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z8;
B-VG Art15 Abs1;
B-VG Art15 Abs3;
GewO 1994 §2 Abs1 Z17;
VwGG §13 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der C-BetriebsgesmbH in G, vertreten durch Dr. W und Mag. G, Rechtsanwälte in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. Juli 2000, Zl. 04-17/2215-00/1, betreffend Gewerbeanmeldung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die von der beschwerdeführenden Partei erstattete Gewerbeanmeldung für den Betrieb einer Tennisanlage (Tennisplätze und Tennishalle) als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom 26. Juni 1995, Slg. Nr. 14.275/A) verwiesen, wonach der Betrieb von Sportanlagen keine Angelegenheiten des Gewerbes sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die das Vorverfahren eingeleitet wurde, wobei der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit eingeladen wurde, sich zur Rechtsmeinung von Kinscher-Sedlak, Gewerbeordnung, 56, Stellung zu nehmen, wonach die (gewerbsmäßige) bloße Überlassung von Sportanlagen für den Publikumssport ein freies Gewerbe darstelle.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wurde keine Stellungnahme abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 GewO 1994 gilt dieses Bundesgesetz, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

Nach § 2 Abs. 1 Z. 17 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - (u.a.) nicht anzuwenden auf den Betrieb von Theatern und Lichtspieltheatern und von Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art, musikalische und literarische Darbietungen.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen geltend gemacht, es sei Faktum, dass es sich bei der Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei zweifellos um eine gewerbsmäßig betriebene Unternehmung handle, welche nach den Regeln der Gewerbeordnung zu beurteilen sei. Es mag im Sinne der bisherigen Rechtsprechung zu § 2 GewO 1994 sein, dass gewisse Sportveranstaltungen, wie etwa der Betrieb eines Eislaufplatzes, nicht zu den Angelegenheiten des Gewerbes zu zählen seien, "zumal sie unter dem Begriff 'öffentliche Belustigungen und Schaustellungen' zu subsumieren sein werden". Beim Betrieb eines Eislaufplatzes handle es sich aber um ein saisonales Gewerbe; die verfahrensgegenständliche Tennishalle werde jedoch ganzjährig zur Verfügung stehen und als saisonunabhängig betrieben werden. schon die wörtliche Auslegung des Begriffes "öffentliche Belustigung" und "Schaustellung" in § 2 Abs. 1 Z. 17 GewO 1994 lasse erkennen, dass eine Unternehmung, wie die nunmehr verfahrensgegenständliche, keinesfalls unter jene Begriffe zu subsumieren sein werde, wie sie das Stmk. Veranstaltungsgesetz als eine Regelung gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG normiert habe. Regelungsmaterie des Veranstaltungsgesetzes seien ganz offensichtlich samt und sonders nicht auf Dauer angelegte "Veranstaltungen" bzw. "Tätigkeiten". Gegenstand des Unternehmens der beschwerdeführenden Partei sei aber nicht eine "öffentliche Belustigung", sondern schlichtweg die Zurverfügungstellung (Vermietung) von Tennisplätzen zwecks Sportausübung. Es wäre bereits im Sinne einer intrasystematischen Fortentwicklung absolut angezeigt, im Lichte jüngerer wirtschaftlicher Entwicklungen, sowie bezugnehmend auf die Notwendigkeit des Wirtschaftslebens, etwaig vorhandene bisherige Judikatur in ähnlichen Fragen zu überdenken und im Sinne eines geänderten wirtschaftsstrukturellen Umfeldes diese konkrete Frage einer Neubeurteilung zu unterziehen.

Die hier aufgeworfene Rechtsfrage ist insofern auch verfassungsrechtlich bedeutsam, als die Ausnahmebestimmungen des § 2 GewO 1994 in verfassungskonformer Interpretation im Rahmen ihres möglichen Wortsinns jedenfalls so zu verstehen sind, dass die Vorschriften der GewO 1994 nur auf jene gewerbliche Tätigkeiten anzuwenden sind, für die dem Bund eine Kompetenz zur Regelung gewerberechtlicher Fragen zukommt.

Die unter dem Blickwinkel einer verfassungskonformen Interpretation relevante (verfassungsrechtliche) Frage ist, ob gesetzliche Regelungen betreffend den gewerbsmäßigen Betrieb von Tennisplätzen gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG Sache des Bundes oder gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG Sache der Länder sind. Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, dass Art. 15 Abs. 3 B-VG davon ausgeht, dass der Landesgesetzgeber an sich ermächtigt ist, Bestimmungen in den Angelegenheiten der öffentlichen Schaustellungen, Darbietungen und Belustigungen zu erlassen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes fallen unter den Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" (Art. 10 Abs. 1 Z. 8 erster Fall B-VG) alle Vorschriften, die nach dem Stand und der Systematik der einfachen Gesetze am 1. Oktober 1925 als gewerberechtliche Vorschriften anzusehen waren (vgl. etwa VfSlg. 10831/1986). Es muss sich dabei einerseits um "Maßnahmen typisch gewerberechtlicher Art" handeln und andererseits um Maßnahmen für Wirtschaftsbereiche, die nach dem Stand der einfachgesetzlichen Rechtsordnung vom 1. Oktober 1925 einer gewerberechtlichen Regelung unterlagen oder sich doch in systemimmanenter Weise aus entsprechenden Tätigkeiten entwickelt haben (vgl. VfSlg. 12996/1992).

Zum "Versteinerungszeitpunkt" erfasste die geltende Gewerbeordnung 1859, RGBl. Nr. 227, vom vornherein nur die "gewerbemäßig betriebenen Beschäftigungen" (vgl. Art. IV des (Kundmachungs-)Patentes zur Gewerbeordnung 1859). "Gewerbemäßig betrieben" war eine Beschäftigung nur, wenn sie mit Gewinnabsicht betrieben wurde (vgl. etwa Praunegger, Das österreichische Gewerberecht, 1924, 7).

Ein (jedenfalls) wesentlicher Teil des Tennissportes dürfte damals im nicht gewerblichen Bereich betrieben worden sein, sei es auf (überhaupt) privaten Plätzen, sei es auf nicht "gewerbemäßig betriebenen" Plätzen von Sportvereinen und anderen Organisationen ohne Gewinnabsicht (was auch heute noch, wenn auch nicht in jener weit gehenden Weise der Fall sein dürfte). Davon scheint auch die beschwerdeführende Partei auszugehen, wenn sie vorbringt, es sei "im Lichte jüngerer wirtschaftlicher Entwicklungen, sowie bezugnehmend auf die Notwendigkeiten des Wirtschaftslebens, etwaig vorhandene bisherige Judikatur in ähnlichen Fragen zu überdenken". Dieser Bereich fiel daher von vornherein nicht unter das Regime der GewO 1859 (und stellt sich auch jetzt für diesen Bereich gar nicht die Frage des Anwendungsumfanges des § 2 Abs. 1 Z. 17 GewO 1994).

Aber auch allenfalls vorhandene "gewerbemäßig betriebene" Tennissport-Anlagen waren im Grunde des Art. V lit. o des (Kundmachungs-)Patentes von der Gewerbeordnung 1859 ausgenommen.

Diese Bestimmung lautete:

     "V. Auf folgende Beschäftigungen und Unternehmungen finden

das gegenwärtige Gesetz keine Anwendung; ...:

     ...

o) Die Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art; ..."

Bei der Auslegung der Tragweite dieser und auch anderer Ausnahmeregeln durch Art. V des (Kundmachungs-)Patentes ist zunächst davon auszugehen, dass nicht schon jede "gewerbemäßig betriebene Beschäftigung" im Sinne des Art. IV des (Kundmachungs-)Patentes eine der GewO 1859 unterfallende Tätigkeit darstellt (vgl. dazu auch Morscher, Die Gewerbekompetenz des Bundes, 1987, insbesondere 35 ff, wonach der umfassende verwaltungsrechtliche (aber auch wirtschaftswissenschaftliche) Gewerbebegriff über den Gewerbekompetenztatbestand weit hinausgeht). In diesem Sinne wird auch in der damaligen Literatur (Praunegger, a.a.O., 7) auf folgende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen:

1. Gewerbe im weiteren Sinne bedeutet jede berufsmäßige Beschäftigung zum Zwecke des Erwerbes. In diesem Sinne fasst Art. IV den Begriff. Von ihm ausgehend eximiert das Gesetz durch besondere Festsetzung einzelne zu den Gewerben im engeren Sinn nicht gehörige Erwerbszweige von der gewerbegesetzlichen Ordnung. B.3820.

2. Überall wo die G.O. die Ausdrücke 'Gewerbe', 'Gewerbebetrieb' 'Gewerbeetablissement' gebraucht, hat sie grundsätzlich jene Tätigkeiten nicht im Auge, welche von den Bestimmungen der G.O. nach dem Kundmachungspatent ausgenommen sind. Dieser Sprachgebrauch muss auch bei der Interpretation aller jener Verordnungen festgehalten werden, welche auf Grund der G.O. erlassen sind. A. 7060/1909)."

Die Rechtsprechung ging - zum Versteinerungszeitpunkt - somit davon aus, dass u.a. die im Art. V lit. o des (Kundmachungs-)Patentes zur GewO 1859 genannten "Beschäftigungen und Unternehmungen" insgesamt - als Gewerbezweig - aus dem Anwendungsbereich der GewO 1859 ausgenommen waren und nicht etwa Art. V lit. o des (Kundmachungs-)Patentes zur GewO 1859 als salvatorische Klausel zu sehen gewesen wäre, dass die Behandlung dieser Tätigkeiten vom Standpunkt der (veranstaltungsrechtlichen) Verwaltungspolizei davon unberührt bliebe.

Wenn nun Rosenmayr-Klemenz (Betrieb von Tennisplätzen - freies Gewerbe oder Veranstaltung, ÖZW 1995, 72 ff), unter dem Blickwinkel des "Regelungszweckes" veranstaltungsrechtliche Kriterien ("hauptsächlich in den polizeilichen Gesichtspunkten der Aufrechterhaltung der öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit") meint, es ändere sich nur insofern etwas an der kompetenzrechtlichen Qualifikation des Betriebes von Tennisplätzen als "Angelegenheiten des Gewerbes" nach Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG, als es sich um die Abhaltung von Tennisturnieren handle, so vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Auffassung nicht zu teilen. Das Gesetz bietet im Hinblick auf seine weite Fassung ("aller Art") keine Stütze dafür (vgl. dazu auch Feltl, Die Betriebsanlage im Gewerberecht nach der GewO 1994, FJ 1995, 178, 181), dass nur Tennisturniere als "Unternehmungen öffentlicher Belustigungen ... aller Art" nach Art. V lit. o des (Kundmachungs-)Patentes zur GewO 1859 angesehen worden wären. Selbst wenn man nicht der Auffassung folgt, das Element der "Öffentlichkeit" sei bereits durch die Zugänglichkeit für einen unbeschränkten Personenkreis gegeben (vgl. Feltl, a.a.O., 182, unter Hinweis auf ein Gutachten des Bundeskanzleramtes - Verfassungsdienst unter Bezugnahme auf VfSlg. 7567/1975) ist im Übrigen wohl nicht zu leugnen, dass auch abgesehen von "Tennisturnieren" (und losgelöst von der Abgrenzungsfrage, ab wann von einem "Tennisturnieren" gesprochen werden kann) der Tennissport eine (gewisse) Zuschaueröffentlichkeit genoss. Es liegt daher der Schluss nahe, dass durch die Ausnahmeregel des Art. V lit. o des (Kundmachungs-)Patentes zur GewO 1859 ganz allgemein der Wirtschaftsbereich "Betrieb von Tennisplätzen" nicht unter das Regime des Gewerberechts nach der GewO 1859 fiel.

Für eine solche weite Auslegung der Ausnahmeregelung des Art. V lit. o des (Kundmachungs-)Patentes zur GewO 1859 spricht auch - und anders als Rosenmayr-Klemenz meint -, wenn Feltl (a.a.O., 182, m.w.N.) darlegt, dass die damalige Literaturmeinung davon ausging, der Betrieb eines Eislaufplatzes unterliege den veranstaltungsrechtlichen Vorschriften der Länder; wollte man nämlich den von Rosenmayr-Klemenz verfolgten Gedanken auf den Betrieb von Eislaufplätzen übertragen, so würden nur "Eislauf-Turniere" und dergleichen nicht der Gewerbeordnung unterfallen, wohl aber der sonstige Betrieb von Eislaufplätzen. Aus den dargelegten Gründen vermag der Verwaltungsgerichtshof auch - jedenfalls soweit es die hier zu beurteilende Frage des Betriebs von Tennisplätzen anlangt - die Auffassung von Filzmoser (Gewerblicher Betrieb von Sportanlagen und Anwendbarkeit der Gewerbeordnung?, ÖZJ 1993, 105 ff) nicht zu teilen, die gewerbliche Überlassung von Sportanlagen für den Publikumssport unterliege entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Gewerbeordnung. Gleiches hat für die von Kinscher-Sedlak (Gewerbeordnung, 1996, 56) vertretene Rechtsmeinung zu gelten, die gewerbsmäßige Überlassung von Sportanlagen für den Publikumssport, z. B. eines Tennisplatzes, unterliege der GewO (es mangle an dem Tatbestand der öffentlichen Belustigung oder Schaustellung) und sei ein freies Gewerbes.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, von seiner Rechtsmeinung in den Erkenntnissen vom 1. Juli 1987, Zl. 85/01/0290, und vom 26. Juni 1995, Slg. Nr. 14.275/A, abzugehen, auch wenn diese Erkenntnisse nicht zu § 2 Abs. 1 Z. 17 GewO 1994 ergingen, wonach es sich beim Betrieb von Tennisplätzen um eine vom Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 1 B-VG erfasste Angelegenheit und nicht um eine solche des Gewerbes im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG handelt. Soweit das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1983, Zl. 82/04/0146, dahin verstanden werden kann, dass es offenbar von der Prämisse ausgeht, dass der Betrieb von Tennisplätzen der GewO unterliegt, so war die Frage, ob die Unterstellung von Tennisplätzen unter die GewO zu Recht erfolgte, nicht explizit Teil der Begründung des Erkenntnisses, weshalb es einer Beschlussfassung eines nach § 13 Abs. 1 VwGG gebildeten Senates nicht bedurfte (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1986, Zl. 84/10/0158).

Für das so gefundene Ergebnis, dass der Betrieb von Tennissportanlagen unter die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Z. 17 GewO 1994 fällt (und damit unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Interpretation unter den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder nach Art. 15 Abs. 1 B-VG), ist es in Erwiderung des Beschwerdevorbringens, das (steiermärkische) Veranstaltungsgesetz habe nicht auf Dauer angelegte "Veranstaltungen" bzw. "Tätigkeiten" zum Inhalt, unerheblich, wie sich die einfachgesetzliche Rechtslage nach dem "Versteinerungszeitpunkt" entwickelt hat; ob also die Landesgesetzgeber für den Betrieb von Tennisplätzen eine Regelung trafen (so hat das Wiener Theatergesetz LGBl. Nr. 1/1929, den Betrieb von Eislaufplätzen - später auch jenen von Tennisplätzen und Rodelbahnen - zur anzeigepflichtigen Veranstaltung erklärt) oder nicht.

Schließlich ist noch - soweit sich die beschwerdeführende Partei zur Stützung ihres Standpunktes auf die so genannte "intrasystematische Fortentwicklung" beruft - auf Folgendes hinzuweisen:

Entsprechend der aus bundesstaatlicher Sicht entwickelten Versteinerungstheorie dürfen die im Versteinerungszeitpunkt am 1. Oktober 1925 durch Art. V des Kundmachungspatentes zur GewO 1859 vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung und damit von der Kompetenz des Bundesgesetzgebers gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG ausgenommenen Tätigkeiten und Anlagen auch nicht im Wege einer intrasystematischen Fortentwicklung reduziert werden (vgl. VfSlg. 14187/1995). Anders formuliert: Eine intrasystematische Fortentwicklung hat einen entsprechenden Regelungskern zur Voraussetzung, der allein einer - eingeschränkten - Weiterentwicklung zugänglich erscheint. Im Jahre 1925 vorhandene, aber nicht einer Bundesregelung unterworfene gewerbliche Tätigkeiten sind danach genauso wenig durch den Kompetenztatbestand der Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie nach Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG gedeckt wie neu entstandene oder neu entstehende gewerbliche Tätigkeiten im Sinne einer - über den Gewerbekompetenztatbestand hinausgehenden - verwaltungsrechtlichen Terminologie (vgl. Morscher, a.a.O., 38 f).

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Juni 2001

Schlagworte

Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000040144.X00

Im RIS seit

21.08.2001

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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