TE Vfgh Beschluss 1998/9/29 B1270/98

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Veröffentlicht am 29.09.1998
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der sechswöchigen Frist zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG wird keine Folge gegeben.

Begründung

Begründung:

1. Die auf Art144 B-VG beruhende Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 23. Februar 1998, Z UVS-04/A/30/00286/96, nach den Beschwerdeangaben zugestellt am 11. März 1998, wurde mit hg. Beschluß vom 8. Juni 1998, B808/98-5, wegen Versäumung der sechswöchigen Frist gemäß §82 Abs1 VerfGG zurückgewiesen.

2.1. Mit Schriftsatz vom 14. Juli 1998 wird nunmehr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 23. Februar 1998 beantragt.

2.2. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird vorgebracht, daß die seit 11 Jahren in der Kanzlei des Rechtsvertreters tätige Kanzleileiterin die zwar rechtzeitig verfaßte Beschwerde "offensichtlich infolge der außergewöhnlich langen, jedoch noch keine Übernahmsfahrlässigkeit begründenden Arbeitszeit" versehentlich in das falsche - nach der Büroordnung für nicht fristgerecht einzubringende Schriftstücke vorgesehene - Postausgangsfach gelegt habe, weshalb es zur um einen Tag verspäteten Postaufgabe gekommen sei.

3.1. Gemäß §33 VerfGG 1953 kann in Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden.

Da das VerfGG 1953 in §33 die Voraussetzungen für diese Wiedereinsetzung nicht selbst regelt, sind nach §35 Abs1 VerfGG 1953 die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden. Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 14157/1995).

3.2. Die falsche Sortierung des Postausganges, insbesondere für fristgerecht einzubringende Schriftstücke, ist jedoch als Organisationsverschulden anzusehen, das einen "minderen Grad eines Versehens" übersteigt (vgl. B1435/97, B2126/97 v. 27.11.1997, B1900/97 v. 24.2.1998).

3.3. Der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist war daher gemäß §33 zweiter Satz VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung keine Folge zu geben.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B1270.1998

Dokumentnummer

JFT_10019071_98B01270_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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