RS UVS Steiermark 1996/01/22 30.7-39/94

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Veröffentlicht am 22.01.1996
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Rechtssatz

Für die Eigenschaft als leitender Angestellter nach § 1 Abs 2 Z 8 AZG ist die Gesamtschau aller Befugnisse und deren Auswirkung auf das Gesamtunternehmen maßgebend. Ergibt sich daraus, daß der Filialleiter gleichsam einem Unternehmensführer tätig ist, wird die rechtliche Qualifikation als leitender Angestellter im Sinne der Ausnahmebestimmung des § 1 AZG anzunehmen sein. In Anwendung des Grundsatzes - wonach Ausnahmen restriktiv zu interpretieren sind - hat der Hinweis sowohl auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes, als auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu anderen Gesetzen als dem AZG keine Bedeutung. Es können somit nur jene VwGH-Erkenntnisse zielführend herangezogen werden, die sich mit der Frage der Ausnahmetatbestände des § 1 AZG befaßt haben. So hat der Verwaltungsgerichtshof in der Entscheidung vom 22.10.1990, 90/19/0318, ausgesprochen, daß ein leitender Angestellter dann anzunehmen ist, wenn wesentliche Teilbereiche eines Betriebes in der Weise eigenverantwortlich geleitet werden, daß hiedurch auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens Einfluß genommen wird. Demnach hat Eigenverantwortlichkeit einen relativen Maßstab; dem leitenden Angestellten muß ein erheblich größerer Entscheidungsspielraum als anderen Arbeitnehmern eingeräumt sein. Wenn ein Arbeitnehmer neben Leitungstätigkeiten auch mit anderen Tätigkeiten betraut ist, so hängt es davon ab, welche der Tätigkeiten das Schwergewicht bildet.

Aus dem ermittelten Sachverhalt ergibt sich sohin, daß das Unternehmen in ca. 150 Filialen gegliedert ist, der Einfluß des Filialleiters der Filiale somit auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens von marginaler Bedeutung ist. Dazu kommt, daß der Filialleiter eine auf einen äußerst eingeschränkten Bereich bezogene Dispositionsbefugnis hat (keine selbständige freie Auswahl der Lieferanten, Verpflichtung zum Aufschließen und Sperren der Filiale, Geldverfügungen in der Höhe von - ein paar Hundert Schilling, - keine Inventarbefugnisse, wie Bestellung oder Austausch von Fußböden, keine Direktzahlung der Lieferanten, Warenpräsentation anhand des zentral vorgegebenen Schlichtplanes, Personendispositionen nur über die Arbeitszeit für das zugeteilte Personal, keine Kündigungs- oder Entlassungsbefugnisse, Vornahme der Kundenbetreuung, Führen von Einstellungsgesprächen ohne Einstellungsbefugnis, Gewährung von Zeitausgleich, Anordnung von Überstunden mit Berichtspflicht an den Bezirksleiter) und alle wesentlichen Entscheidungen betreffend die Führung der Filiale nicht vom Filialleiter, sondern vom Bezirksleiter getroffen werden. Daß auch die Arbeitszeit des Filialleiters vom übergeordneten Bezirksleiter - allerdings nur nachträglich - überprüft wird, ändert jedoch nichts an der Bevollmächtigteneigenschaft des Filialleiters, da es ihm vorbehalten bleibt, anhand des Arbeitsanfalles die eigene Arbeitszeit im Rahmen der Arbeitszeitgesetzvorgaben selbst zu wählen. Somit war der beschuldigte Filialleiter als Bevollmächtigter für die Arbeitszeitübertretungen auch seiner eigenen Person verantwortlich.

Schlagworte
leitender Angestellter Filialleiter Bevollmächtigter Tagesarbeitszeit Wochenarbeitszeit Filiale Supermarkt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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