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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag.iur. Mag.(FH) Schärf, über die Beschwerde des M R, (geboren am 19. September 1972), in Wien, vertreten durch Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. April 2001, Zl. SD 246/01, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. April 2001, wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei erstmals im August 1991 in das Bundesgebiet eingereist, habe es jedoch kurz darauf verlassen. Nach einer erneuten Einreise am 11. Oktober 1991 seien ihm Sichtvermerke bis zum 31. Jänner 1994 erteilt worden. Mit Bescheid vom 15. Juni 1994 sei gegen ihn ein für die Dauer von fünf Jahren gültiges Aufenthaltsverbot erlassen worden. Am 12. November 1994 habe er Österreich verlassen.
Am 10. April 1999 sei der Beschwerdeführer wieder in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid vom 8. September 2000 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Am 27. September 2000 habe er persönlich einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft beim Landeshauptmann von Wien eingebracht. Dieser Antrag sei erstinstanzlich mit Bescheid vom 12. Oktober 2000 gemäß § 14 Abs. 2 FrG abgewiesen worden. Das Verfahren sei noch nicht rechtskräftig beendet, eine Berufung sei beim Bundesminister für Inneres anhängig.
Aus der Aktenanlage ergebe sich eindeutig, dass der Beschwerdeführer zum Aufenthalt im Bundesgebiet nicht berechtigt sei. Dem Asylantrag und seinem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zufolge sei er auch nicht im Besitz eines Reisepasses. Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren stehe weiters fest, dass er illegal nach Österreich eingereist sei. Infolge des rechtskräftigen Abschlusses seines Asylverfahrens besitze er auch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz (1997) mehr. Seit diesem Zeitpunkt (29. September 2000) sei sein Aufenthalt im Bundesgebiet daher jedenfalls unrechtmäßig. Es lägen daher die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG vor. In einem solchen Fall könnten Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn dem nicht die Bestimmung des § 37 Abs. 1 leg. cit. entgegenstehe.
Daran habe auch das offene Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nichts ändern können, weil die bloße Antragstellung den unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland nämlich nicht zu legalisieren vermöge.
Der Beschwerdeführer sei verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig und lebe mit seiner Familie im gemeinsamen Haushalt. Zweifelsfrei sei daher von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- bzw. Familienleben auszugehen gewesen. Dieser Eingriff sei jedoch gerechtfertigt, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen komme aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse habe er durch seinen unberechtigten Aufenthalt in der Dauer von jedenfalls sechs Monaten gravierend beeinträchtigt. Sein weiterer Aufenthalt in der Dauer von etwa fünf Monaten sei in seinem Gewicht dadurch gemindert, dass dieser lediglich auf einen unbegründeten Asylantrag zurückzuführen sei. Von daher komme den vom Beschwerdeführer geltend gemachten familiären Bindungen kein entscheidendes Gewicht zu. Auch das offene Berufungsverfahren betreffend den beantragten Aufenthaltstitel habe darin nichts ändern können, weil eine Legalisierung seines Aufenthalts vom Inland aus im Hinblick auf § 14 Abs. 2 FrG nicht möglich sei. Da er lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (1997) verfügt habe, sei er nicht als rechtmäßig niedergelassen anzusehen gewesen und somit nicht zur Antragstellung vom Inland aus berechtigt gewesen. Die belangte Behörde sei auch nicht gehalten gewesen, die Berufungsentscheidung des Bundesministers für Inneres abzuwarten. Wenn der Beschwerdeführer geltend mache, dass in Kürze mit der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an ihn und seine Familie zu rechnen wäre, so sei zunächst einzuwenden, dass der Beschwerdeführer weder die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StBG noch die des § 16 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. (mindestens dreijähriger ordentlicher Wohnsitz im Bundesgebiet) erfülle. Die Verleihung oder Erstreckung der Staatsbürgerschaft auf ihn sei zum gegebenen Zeitpunkt daher nicht möglich. Selbst wenn seiner Ehegattin die österreichische Staatsbürgerschaft zugesichert worden wäre (was konkret nicht geltend gemacht worden sei), könne dies nichts daran ändern, dass sie nicht österreichische Staatsbürgerin sei und dem Beschwerdeführer daher die Bestimmung des § 49 Abs. 1 FrG nicht zugute kommen könne. Eine allfällige Zusicherung der österreichischen Staatsbürgerschaft an die Ehegattin bewirke darüber hinaus keine zusätzliche, über den Stellenwert des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers mit seiner Familie hinausgehende Stärkung der persönlichen Interessen. Die durch das dargestellte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers insgesamt bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten gewesen seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Die Erlassung der Ausweisung erweise sich daher auch im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG als zulässig.
Da darüber hinaus keine besonderen, zu seinen Gunsten sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die Behörde angesichts des vorliegenden Sachverhalts von der Erlassung der Ausweisung auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführer über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz (1997) verfügt habe und während dieser Zeit am 27. September 2000 bei der "MA 20" in Wien einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt habe. Weiters habe er auch am 29. September 2000 bei der österreichischen Botschaft in Budapest die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung beantragt. Gegen den den erstgenannten Antrag betreffenden abschlägigen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. Oktober 2000 sei rechtzeitig Berufung erhoben und dadurch eine aufschiebende Wirkung erzielt worden. Hinsichtlich des rechtzeitig im Ausland eingebrachten Antrages vom 29. September 2000 sei das Verfahren gänzlich offen. Die belangte Behörde hätte daher zu überprüfen gehabt, ob auf Grund seiner Anträge nicht eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung bestehe.
1.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die bloße Stellung eines Antrages auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels noch nicht die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Bundesgebiet bewirken kann. Dass der vom Beschwerdeführer gestellte Asylantrag mit Bescheid vom 8. September 2000 rechtskräftig abgewiesen wurde, wird von der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Von daher besteht gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend die Voraussetzung des § 33 Abs. 1 zweiter Halbsatz FrG erfüllt sei, kein Einwand, kam doch dem Beschwerdeführer nach rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages - auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Ausführungen seit 29. September 2000 - gemäß § 19 Abs. 4 Asylgesetz (1997) eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht mehr zu.
2.1. Im Licht des § 37 Abs. 1 FrG bringt die Beschwerde vor, dass die Ehegattin und die beiden minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers, die sich im Inland befänden, mit der alsbaldigen Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu rechnen hätten, was auf Grund seiner langjährigen Ehe auch direkte Auswirkung auf ihn hätte. Im Hinblick darauf und auf Grund seiner langen Integration im Inland wöge der Eingriff in sein Privat- und Familienleben jedenfalls schwerer als die Abstandnahme von der Erlassung einer Ausweisung.
2.2. Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde den Umstand, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin und seinen beiden minderjährigen Kindern im gemeinsamen Haushalt lebt, berücksichtigt und zutreffend einen mit dem angefochtenen Bescheid verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Diesen persönlichen Interessen steht gegenüber, dass der Beschwerdeführer, gegen den im Jahr 1994 ein für die Dauer von fünf Jahren gültiges Aufenthaltsverbot verhängt worden war und der seit 10. April 1999 wieder in Österreich aufhältig ist (vgl. I.1.), nach rechtskräftiger Beendigung des Asylverfahrens (seit 29. September 2000) unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben ist. Dieses Verhalten stellt eine erhebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 10. Mai 2000, Zl. 99/18/0339), dar. Darüber hinaus ist der auf Grund der besagten vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 rechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers in seinem Gewicht dadurch entscheidend gemindert, dass er lediglich auf einen unbegründeten Asylantrag zurückzuführen ist. Ferner bewirkt der von der Beschwerde behauptete Umstand, dass die Ehegattin und die minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers mit der baldigen Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu rechnen hätten - von der belangten Behörde richtig gesehen -, keine zusätzliche, über den Stellenwert des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers mit seiner Familie hinausgehende Stärkung der persönlichen Interessen. Im Übrigen können bei einem antragsgebundenen Verwaltungsakt - wie es die Verleihung der Staatsbürgerschaft darstellt - vor dessen Erlassung an die mit dem Akt verliehene Rechtsposition anknüpfende rechtliche Regelungen - wie etwa § 49 Abs. 1 FrG - nicht zum Tragen kommen.
Vor diesem Hintergrund begegnet die Güterabwägung der belangten Behörde gemäß § 37 Abs. 1 FrG keinem Einwand.
3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 27. Juni 2001
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001180105.X00Im RIS seit
23.10.2001