RS UVS Steiermark 1996/02/06 20.7-1/95

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Veröffentlicht am 06.02.1996
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Rechtssatz

Die Maßnahmenbeschwerde war aus folgenden Gründen nach § 67 c AVG zurückzuweisen:

Die Befugnis, im Falle einer Sperrstundenübertretung einzuschreiten, ergibt sich aus § 336 Abs 1 Gewerbeordnung 1994, welche Bestimmung den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Bundespolizeidirektion eine Mitwirkungsverpflichtung an der Vollziehung der §§ 366 Abs 1 Z 1, 2, 3, § 367 Z 35, 50, 51 und § 368 Z 9 leg cit auferlegt. Die zuletzt genannte Bestimmung (§ 368 Z 9 GewO 1994) betrifft die Verwaltungsübertretung der Nichteinhaltung der Sperr- und Aufsperrstunden. Aus dem Sachverhalt ist bekannt, daß das Einschreiten der Polizeibeamtin Bezug zur Sperrstundenübertretung hatte. Das Sicherheitswacheorgan war daher nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, durch Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind, im Bezug auf diese Gewerbeübertretung mitzuwirken.

Wenn die Beschwerdeführerin die Bestimmung des § 338 Abs 1 letzter Satz Gewerbeordnung 1994 dafür ins Treffen führt, daß Polizeibeamten keine Berechtigung hätten, im Falle einer Sperrstundenübertretung einen Ausweis von der Beschwerdeführerin zu verlangen, so ist diesem Vorbringen der Wortlaut des § 338 Abs 1 letzter Satz leg cit entgegenzuhalten. Diese Bestimmung normiert dem klaren Wortlaut nach eine Verpflichtung der betretenen Person, u.a. im Falle des Verdachtes der unbefugten Gewerbeausübung (§ 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) - sowie beim Verdacht der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 und 3 GewO 1994 -, sich gegenüber den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auszuweisen. Diesfalls handelt es sich nicht um eine Berechtigung, einen Ausweis zu verlangen, sondern um eine Verpflichtung der betretenen Person, deren Nichtbefolgung gemäß § 368 Z 14 leg cit strafbar ist. Im übrigen war die weitere Amtshandlung auf die Feststellung der Identität der auf frischer Tat Betretenen gerichtet. Soweit die Beschwerde meint, die Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes hätten im vorliegenden Fall der Polizistin keine Berechtigung zur Feststellung der Identität eingeräumt, hat sie recht. Hier genügt der Hinweis auf § 2 des Sicherheitspolizeigesetzes, der die Sicherheitsverwaltung den Sicherheitsbehörden überantwortet. Dabei definiert § 2 Abs 2 leg cit ausdrücklich, aus welchen rechtlichen Bereichen die Sicherheitsverwaltung besteht, worunter jedenfalls die Angelegenheiten der Gewerbeordnung nicht genannt sind. Die somit im Sicherheitspolizeigesetz vorgesehenen rechtlichen Verpflichtungen der Normunterworfenen als auch die dort genannten rechtlichen Befugnisse der Polizei können für das Einschreiten der Organe der Bundespolizeidirektion Graz als verlängerter Arm der Gewerbebehörde nicht herangezogen werden. Damit ist aber für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen.

Die Befugnisse, auf die sich die Organe anläßlich der Amtshandlung am 4.12.1994 gestützt haben, ergeben sich nämlich aus § 35 VStG. So hat die Beschwerdeführerin der Übertretung des § 368 Z 9 Gewerbeordnung 1994 strafbar gemacht und trotz Abmahnung in diesem strafbaren Verhalten verharrt. Darüberhinaus hat sie sich nicht ausgewiesen und war eine Identitätsfeststellung auch sonst (z.B. durch Nachschau in ihrer Handtasche) nicht möglich. Auch war die Beschwerdeführerin der Polizistin namentlich nicht bekannt. Auf eine gesicherte Angabe der Identität durch die umstehenden alkoholisierten Gäste konnte die Polizistin weder vertrauen, noch wäre dadurch die Identität der Beschwerdeführerin in eindeutiger Weise festzustellen gewesen. Diesfalls war schon die Einsichtnahme in einen Lichtbildausweis notwendig und berechtigte daher das einschreitende Organ, die Identität festzustellen. Dies auch im Hinblick auf Erstellung einer die genauen Orts-, Tages- und genauen Täterdaten umfassende Anzeige. Das Vorweisen eines Konzessionsdekretes genügte daher zur Identitätsfeststellung nicht (wohl aber hätte das Vorweisen eines gültigen inländischen Führerscheins zur Identitätsfeststellung ausgereicht; siehe VfGH

v. 12.06.1987, B1143/86; siehe auch VfGH vom 26.09.1988, B 1010, 1011/86, wonach die völlige Ausweislosigkeit einen Festnahmegrund darstellt).

Auch beim Vorgang der Feststellung der Identität kann der UVS keinen Eingriff in subjektive Rechte erkennen:

Aus dem dargestellten Sachverhalt ergibt sich keineswegs, daß die Beamten physische Gewalt angewandt oder angedroht haben. Der bloße Hinweis auf § 35 VStG, wonach im Falle der Nichtausweisung und nicht sofortigen Identitätsfeststellungsmöglichkeit die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine Festnahme aussprechen dürfen, stellt für sich keine Androhung einer Zwangsmaßnahme dar. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.12.1988, Zl. B 756, 757/88 ausgesprochen hat, handelt es sich nicht um die Ausübung von verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wenn die Identitätsfeststellung weder unter Anwendung, noch unter Androhung von Gewalt erfolgt ist (siehe dazu auch Verfassungsgerichtshof vom 26.9.1988, Zl. B 1010, 1011/86; ebenso in diese Richtung: Verfassungsgerichtshof vom 25.2.1991, Zl. B 936/90). Da die Polizeibeamten, ohne die Beschwerdeführerin festzunehmen, die Überprüfung der Identität anhand des Reisepasses durchführten, und die Beschwerdeführerin zu diesem Zweck mit dem Polizeiauto bis zur Wohnung brachten, war infolge der Freiwilligkeit der Beschwerdeführerin auch nicht davon auszugehen, daß eine Festnahme in konkludenter Weise vorgenommen worden wäre. Die von der Beschwerdeführerin behauptete faktische Schließungsverfügung i.S. § 360 GewO 1994 liegt ebenfalls nicht vor. Dies allein deshalb, da das in § 360 leg cit hiezu notwendige Vorverfahren nicht durchgeführt wurde und den Organen des Sicherheitsdienstes ein Auftrag zur Schließung nicht erteilt worden war. Darüberhinaus war Zweck des Betretens des Lokals nicht der der Schließung nach § 360 GewO 1994, sondern erfolgte dies ausschließlich wegen der festgestellten Übertretung der Sperrstunde.

Was letztlich die behauptete Verletzung des Hausrechtes anlangt, so ergibt sich in bezug auf den Gewerbebetrieb der Beschwerdeführerin, daß diesfalls nach den zitierten Bestimmungen der Gewerbeordnung eine Berechtigung der Polizeiorgane bestand, das Lokal zu betreten.

Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde Sperrstunde Sperrstundenüberschreitung einschreiten Identitätsfeststellung Ausweis Ausweispflicht Festnahme Festnahmerecht Hausrecht Lichtbildausweis unbefugte Gewerbeausübung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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