Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs.1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs.4 FrG).
Im Hinblick auf die einschlägige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfGH 3.3.1994, B 960/93 = JBl 1994, 816; VfGH 29.6.1995, B 2534/94 ua Zlen; VfGH 25.9.1995, B 445/95 ua Zlen) wird die etwa dreieinhalb Wochen nach Entlassung aus der Schubhaft eingebrachte Beschwerde trotz gegenteiliger ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl grundlegend VwGH 23.9.1994, 94/02/0209 und zuletzt VwGH 28.7.1995, 95/02/0206) als zulässig behandelt. Sie ist aus den folgenden Überlegungen auch teilweise begründet.
Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.
Die Beschwerde hat den Schubhaftbescheid nicht bekämpft. Die grundsätzliche Notwendigkeit der Inschubhaftnahme des Bf nach seiner Zurückstellung durch die bayerische Grenzpolizei wegen der entdeckten Verwendung eines verfälschten ungarischen Reisepasses wurde demnach nicht in Zweifel gezogen. Sie ist ohnehin evident und bedürfte aufgrund der gegebenen Sachlage keiner näheren Begründung. Die Beschwerde rügt eine Verletzung der Informationspflicht gegenüber dem festgenommenen Fremden durch die belangte Behörde. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Informationspflicht gegenüber dem festgenommenen Fremden in seinem Erkenntnis vom 10. Oktober 1994, Zlen. B 46/94 und 85/94, klargestellt, daß es sich bei dieser Informationspflicht über die Gründe der Festnahme in einer verständlichen Sprache gemäß Art.5 Abs.2 EMRK ("in möglichst kurzer Frist") und gemäß Art.4 Abs.6 PersFrSchG 1988 ("ehestens, womöglich bei ihrer Festnahme") um verfassungsgesetzlich festgelegte Erfordernisse der Festnahme bzw Anhaltung handelt. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes hat der unabhängige Verwaltungssenat diese Verletzung des Rechts auf persönliche Freiheit im Schubhaftprüfungsverfahren aufzugreifen und gegebenefalls die Anhaltung bis zur Information in einer verständlichen Sprache für rechtswidrig bzw verfassungswidrig zu erklären.
Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, daß der Bf nur kurdisch oder arabisch versteht. Für ausreichende Fremdsprachenkenntnisse finden sich keine aktenkundigen Anhaltspunkte. Der Schubhaftbescheid vom 6. August 1995 wurde dem Bf noch am gleichen Tag in deutscher Sprache übergeben. Eine Übersetzung in das Arabische oder Kurdische fand nicht statt. Das dem Schubhaftbescheid angeschlossene Informationsblatt in englischer Sprache konnte keine Aufklärung des Bf bewirken. Anläßlich der fremdenpolizeilichen Einvernahme vom 10. August 1995 hat die im Wege der Amtshilfe eingeschrittene Bezirkshauptmannschaft R einen Dolmetscher für die arabische Sprache beigezogen. Bei dieser Vernehmung wurde der Bf, der nach seinen Angaben ohnehin wußte, daß er wegen Verwendung eines verfälschten Reisedokumentes festgenommen worden war (vgl dazu die Niederschrift vom 10.08.1995), ausreichend informiert und belehrt.
Die gerügte Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Informationsrecht über die Gründe der Festnahme und Anhaltung trifft nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates nicht zu. Bedenkt man, daß der Bf am Samstag, dem 5. August 1995, um 18.05 Uhr an der Grenzkontrollstelle Suben nach Österreich zurückgewiesen und am Sonntag die Schubhaft verhängt worden war, so überrascht es nicht, daß kein Dolmetscher für die arabische oder kurdische Sprache beigezogen wurde. Ist es an einem Wochenende schon an sich schwer möglich, Dolmetscher zu erreichen, so gilt dies umso mehr im Falle eines Dolmetschers für so ausgefallene Sprachen wie das Kurdische oder Arabische. Nach Schubhaftverhängung wurde innerhalb der nächsten vier Tage die fremdenpolizeiliche Einvernahme mit geeignetem Dolmetscher durchgeführt, was unter den gegebenen Umständen noch als rechtzeitig angesehen werden kann. Mit seinen Ausführungen übersieht der Bf, daß die Schubhaft gemäß § 41 Abs.2 FrG iVm § 57 AVG grundsätzlich im Mandatsverfahren zu verhängen ist. Eine sofortige Einvernahme des Bf ist daher schon gesetzlich nicht vorgesehen. Die Behauptung, daß der Bf erst am 25.08.1995 Kenntnis von den Schubhaftgründen erlangt habe, trifft im Hinblick auf die am 10. August 1995 durchgeführte Einvernahme nicht zu. Sollte er damals nicht alles verstanden haben, hätte er die Gelegenheit nützen und im Wege des Dolmetschers um Aufklärung ersuchen können. Eine gewisse Mindestinitiative kann man auch von einem Schubhäftling erwarten.
Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 48 Abs.4 FrG darf die Schubhaft gemäß § 48 Abs.2 FrG nicht länger als zwei Monate dauern. Die Beschwerde behauptet mit der unter Punkt 2.2. näher dargestellten Begründung ein vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß § 7 Abs.1 iVm Abs.3 AsylG 1991. Selbst wenn dies zuträfe, wäre die Inschubhaftnahme möglich. Der Beschwerde ist entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch gegen Fremde mit einer Aufenthaltsberechtigung iSd § 7 Abs.1 AsylG 1991 die Schubhaft verhängt werden kann (vgl VwGH 8.9.1995, 95/02/0048; VwGH 28.7.1995, 95/02/0207; VwGH 5.4.1995, 93/18/0328, 0330; VwGH 25.11.1994, 94/02/0421 und 94/02/0349).
Im übrigen kann der Staat Ungarn entgegen der Beschwerdeauffassung nicht als unsicheres Drittland angesehen werden. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfGH 4.10.1994, B 986/94 ua Zlen; VfGH 10.10.1994, B 1382/93; VfGH 12.10.1994, B 1542/93) ist nämlich zu beachten, daß Ungarn am 6. November 1990 die EMRK unterzeichnet und am 5. November 1992 ratifiziert hat, wobei Erklärungen gemäß Art. 25 und 46 EMRK abgegeben und somit das Recht auf Individualbeschwerde anerkannt wurde. Deshalb ist davon auszugehen, daß Ungarn auch den Art.3 EMRK beachten und niemanden in ein Land abschieben würde, wo ihm Folter oder unmenschliche Behandlung drohte. Stichhaltige Gründe für eine gegenteilige Annahme hat der Bf nicht vorgebracht. Das Argument betreffend die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention nur auf europäische Flüchtlinge reicht nicht aus, um Ungarn als unsicheren Drittstaat auszuweisen. Dennoch ist die Beschwerde teilweise im Recht. Die belangte Behörde hat nämlich bereits mit dem Aufenthaltsverbots- und Feststellungsbescheid vom 17. August 1995 im Spruchabschnitt III die Abschiebung in den Irak für unzulässig erklärt und die Bezirkshauptmannschaft R als Amtshilfebehörde im Begleitschreiben vom 17. August 1995 um Freilassung des Bf nach Zustellung einer Bescheidausfertigung ersucht. Dabei ging die belangte Behörde offensichtlich - andere aktenkundige Anhaltspunkte fehlen - davon aus, daß die Abschiebung in ein anderes Land als den Irak nicht in Betracht kam, weil die im einzelnen nicht genau bekannten Drittstaaten, durch die die Reiseroute verlief, keine Rücknahmeverpflichtung träfe. Dies gilt auch für den Staat Ungarn, aus dem der Bf aufgrund der bekannten Umstände jedenfalls eingereist sein muß. Nach dem Artikel 3 des Schubabkommens zwischen Österreich und Ungarn (vgl BGBl. Nr. 315/1995) werden Drittausländer, die rechtswidrig die Grenze überschritten haben, nur unter der Voraussetzung übernommen, daß sie sichtvermerksfrei einreisen konnten oder mit einem Sichtvermerk eingereist sind und eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten haben oder daß sie von einem dritten Staat aufgrund vertraglicher Verpflichtung zurückgenommen werden müßten. Keine dieser Voraussetzungen lag bei realistischer Betrachtung im gegenständlichen Fall vor.
Die belangte Behörde hat keinerlei Vorkehrungen getroffen, daß der Bescheid vom 17. August 1995 möglichst rasch zugestellt wird und danach die Freilassung aus der nicht mehr notwendigen Schubhaft erfolgen kann. Nicht einmal eine Zustellung per Eilboten wurde angeordnet. Da mit dem üblichen Postlauf offenbar erhebliche Verzögerungen eintreten, hätte die belangte Behörde im Interesse einer wesentlichen Beschleunigung der Angelegenheit auch unkonventionelle Übermittlungsarten beispielsweise durch einen Amtsdiener oder durch Auftrag an die Gendarmerie ergreifen müssen. Vor allem wäre auch an eine rasche Übermittlung im Wege der Telekopie an die Amtshilfebehörde und an den Anstaltsleiter der Justizanstalt R zu denken gewesen, der zumindest den Aufenthaltsverbots- und Feststellungsbescheid direkt an den Bf hätte weiterleiten können. Nach dem § 18 Abs.3 AVG 1991 idF BGBl. Nr. 471/1995 bedürfen derartige Übermittlungen nicht mehr der Zustimmung des Empfängers, wenn sie an Verwaltungsbehörden oder an berufsmäßige Parteienvertreter erfolgen. Im Hinblick auf den besonders hohen Stellenwert, den der Bundesverfassungsgesetzgeber dem Schutz der persönlichen Freiheit zumißt (vgl VfGH 4.10.1994, B 1847/93), sind Haftsachen stets vordringlich zu behandeln. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates wäre zu erwarten gewesen, daß die Angelegenheit nach der Entscheidung der belangten Behörde vom 17. August 1995 am Freitag, dem 18. August 1995, durch Zustellung des Aufenthaltsverbots- und Feststellungsbescheides und durch anschließende Freilassung des Bf erledigt wird. Die belangte Behörde hätte voraussehen müssen, daß der Bf ansonsten während des Wochenendes und - wie sich gezeigt hat - auch noch erhebliche Zeit danach unnötigerweise angehalten wird. Die Schubhaft zur Verfahrenssicherung wäre nach Erlassung des durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes nicht mehr nötig gewesen, eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kam mangels einer Abschiebemöglichkeit nicht mehr in Betracht. Daß die Bescheidzustellung und Enthaftung durch die ersuchte Amtshilfebehörde erst am darauffolgenden Donnerstag, dem 24. August 1995, erfolgte, war nicht nur eine unangemessene, sondern auch eine unverständliche Verzögerung, die jedenfalls die belangte Behörde mangels getroffener Vorkehrungen zu vertreten hat.
Im Ergebnis war daher der Beschwerde teilweise Folge zu geben und die Anhaltung des Bf in Schubhaft durch die belangte Behörde in der Zeit vom 19. August 1995 bis zur Enthaftung am 24. August 1995 für rechtswidrig zu erklären.
Bei diesem Ergebnis war dem Bf der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten gemäß § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG 1991 idF vor der Novelle BGBl. Nr. 471/1995, die erst am 1. Jänner 1996 wirksam geworden ist, zuzusprechen. Da für die vor diesem Termin entstandenen Kosten keine nähere gesetzliche Regelung bestand, waren nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die §§ 47ff VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers (vgl BGBl. Nr. 416/1994) analog anzuwenden, wobei die Pauschalsätze vor dem Verwaltungsgerichtshof um ein Drittel zu kürzen waren (stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162). In analoger Anwendung des § 50 VwGG hatte der Bf Anspruch auf uneingeschränkten Kostenersatz, obwohl seine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft nur teilweise erfolgreich war.
Der nach der genannten Pauschalierungsverordnung vorgesehene Schriftsatzaufwand von S 12.500,-- war daher auf S 8.333,33 zu kürzen. Außerdem waren analog dem § 59 Abs 3 VwGG die tatsächlich entrichteten und notwendigen Stempelgebühren für die Eingabe von S 120,-- und für eine Beilage von S 30,--, insgesamt daher S 150,--, zuzusprechen. Der Kostenersatzanspruch des Bf gegen den Bund, für den die belangte Behörde funktionell tätig geworden ist, beträgt daher - wie beantragt - S 8.483,33.