Die belangte Strafbehörde hat noch in Anwendung der Vorschrift des § 51b VStG 1991 Ermittlungen durchgeführt und eine Entscheidung getroffen. Durch die VStG-Novelle BGBl. Nr. 620/1995 wurde § 51b VStG 1991 mit Ablauf des 30. Juni 1995 außer Kraft gesetzt. Seit 1. Juli 1995 gilt die Vorschrift des § 64a AVG 1991 idF BGBl. Nr. 471/1995 über die Berufungsvorentscheidung auch im Verwaltungsstrafverfahren (vgl § 24 VStG 1991 idF BGBl. Nr. 620/1995).
Im Zeitpunkt der strafbehördlichen Ermittlungen war daher der § 51b VStG 1991 betreffend die Berufungsvorentscheidung im Verwaltungsstrafverfahren noch anwendbar. Nach dieser Bestimmung konnte die Strafbehörde das von ihr erlassene Erkenntnis aufgrund der Berufung und allfälliger weiterer Ermittlungen aufheben oder zum Vorteil des Beschuldigten abändern. Wurde binnen zwei Monaten nach Einlangen der Berufung eine Berufungsvorentscheidung erlassen, dann war die Berufung nur über Vorlageantrag der Partei binnen zwei Wochen vorzulegen. Mit dem Einlangen des Vorlageantrags trat die Berufungsvorentscheidung außer Kraft.
Die belangte Strafbehörde hat im gegenständlichen Fall keine wirksame Berufungsvorentscheidung innerhalb der Zweimonatefrist ab Einlangen der Berufung erlassen. Eine solche Berufungsvorentscheidung hätte selbstverständlich in Bescheidform ergehen müssen (vgl auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.A (1990), 1041, Anm 3 zu § 51b VStG). Mit dem Aktenvermerk vom 22.05.1995 konnte das zuvor erlassene Straferkenntnis vom 07.03.1995 weder rechtswirksam beseitigt noch abgeändert werden. Da die Zweimonatefrist für eine Berufungsvorentscheidung nach dem Einlangen des Verwaltungsstrafakts beim unabhängigen Verwaltungssenat bereits abgelaufen war, hat dieser davon abgesehen, den Akt unter Hinweis auf die dargestellte Rechtslage zur Erlassung eines Bescheides an die Strafbehörde zurückzuleiten. Es war daher mangels rechtswirksamer Berufungsvorentscheidung über die beim unabhängigen Verwaltungssenat eingebrachte Berufung vom 26.03.1995 zu entscheiden.
Das von der belangten Strafbehörde nachträglich durchgeführte Ermittlungsverfahren hat auch nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates ergeben, daß die dem Bw angelastete Täterschaft als Lärmerreger nicht erwiesen werden kann. Soweit die Zeugen nicht ohnehin die leugnende Darstellung des Bw stützten, konnten sie sich nicht mehr mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit an den Vorfall erinnern. Die Anzeigerin E.A. war nach der Anzeige aus dem Fenster gesprungen, bevor sie eine Funkstreife informierte. Visuelle Wahrnehmungen hatte sie nicht behauptet. Auch der Wohnungsinhaber G. bestritt in seiner Zeugenaussage, etwas gesehen zu haben. Aufgrund dieser schlechten Beweislage war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.