§ 134 Abs.2a KFG 1967 idF BGBl. Nr. 654/1994 ist mit dem Staatsvertrag über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union in Kraft getreten, sohin am 1. Jänner 1995. Demnach ist bei in einem EU-Mitgliedsstaat zugelassenen Kraftfahrzeugen bei einer Überschreitung der im § 4 Abs.7a genannten Gewichte bis zu einer Höhe von 5 vH, gerundet auf volle 1.000 kg, gemäß § 21 VStG vorzugehen.
Das heißt nicht, daß im gegenständlichen Fall die Bestimmungen über die höchstzulässigen Gesamtgewichte von Sattelkraftfahrzeugen außer Kraft treten, sondern es heißt nur, daß bis zu einer Überschreitung des höchstzulässigen Gesamtgewichtes bis höchstens (aufgerundet) 2 t zwar eine Verwaltungsübertretung vorliegt, der Beschuldigte jedoch Anspruch auf ein Absehen von der Strafe und die Erteilung einer Ermahnung durch die Behörde hat.
Die Berechnung des höchstzulässigen Gesamtgewichtes des in Rede stehenden Sattelkraftfahrzeuges ergibt sich demnach aus der Addition der beiden höchstzulässigen Gesamtgewichte, ds 16.000 kg des Sattelzugfahrzeuges und 29.800 kg des Sattelanhängers, sohin
45.800 kg, abzüglich der größeren der höchsten zulässigen Sattellasten der beiden Fahrzeuge, das ist im gegenständlichen Fall die des Sattelzugfahrzeuges, nämlich 9.020 kg, woraus sich ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht des Sattelkraftfahrzeuges von
36.780 kg ergibt.
Daraus folgt, daß der Rechtsmittelwerber im gegenständlichen Fall nicht von einem "ohnehin erlaubten" höchstzulässigen Gesamtgewicht von 38.000 kg ausgehen durfte, sondern im speziellen Fall das höchstzulässige Gesamtgewicht des verwendeten Sattelkraftfahrzeuges seinen Überlegungen hinsichtlich der Beladung zugrundezulegen gehabt hätte.
Aus der Anzeige und dem dieser beigelegten Laufzettel des Zollamtes A geht eindeutig und zweifelsfrei hervor, daß das in Rede stehende Sattelkraftfahrzeug ein tatsächliches Gesamtgewicht von 41.120 kg aufwies - der Vermerk "Gesamtgewicht gemäß polizeilicher Feststellung 42.340 kg" aus der Niederschrift des Marktgemeindeamtes S vom 6. April 1995 ist für den unabhängigen Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar - weshalb von einer tatsächlichen Überladung von 4.340 kg auszugehen war. Somit steht für den unabhängigen Verwaltungssenat fest, daß der Rechtsmittelwerber, der zweifellos der für die Beladung Verantwortliche und Anordnungsbefugte war und das Ergebnis der Abwaage des Sattelkraftfahrzeuges in keiner Weise angezweifelt hat - Anhaltspunkte für eine Fehlmessung ergeben sich aus dem gesamten Verfahrensakt nicht - den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt hat. Dem Argument des Rechtsmittelwerbers in der Berufung, die Angabe von 36.780 kg im Straferkenntnis sei ihm nicht erklärlich, ist die Bestimmung des § 5 Abs.2 VStG entgegenzusetzen, wonach die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Die Unkenntnis eines Gesetzes kann aber nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist, wobei selbst guter Glaube den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht herstellt, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen (vgl ua VwGH vom 16. Dezember 1986, 86/04/0133).
Daraus folgt, daß der Rechtsmittelwerber als Leiter der Abteilung, die für die Abfertigung von Lastkraftfahrzeugen und damit wohl auch für Sattelkraftfahrzeuge, insbesondere im Hinblick auf Kontrollen des Gesamtgewichtes und der Gefahrgutscheine, wie aus den vom Rechtsmittelwerber vorgelegten Protokollen hervorgeht, verantwortlich ist, zweifellos verpflichtet ist, sich mit den im Zusammenhang mit seinem Tätigkeitsbereich stehenden gesetzlichen Bestimmungen des Kraftfahrrechtes vertraut zu machen. In diesem Zusammenhang ist es für den unabhängigen Verwaltungssenat etwas befremdend, daß dem Rechtsmittelwerber die maßgebliche Bestimmung für die Errechnung des höchstzulässigen Gesamtgewichtes eines Sattelkraftfahrzeuges offenbar unbekannt geblieben sein soll. Aber auch seine Einwendungen im Hinblick auf die von ihm üblicherweise durchgeführte Berechnung des Gesamtgewichtes des verwendeten Kraftfahrzeuges samt Ladung führen im gegenständlichen Fall nicht zum Erfolg: Geht man von den Eigengewichten von Zugfahrzeug und Ladung, nämlich von 6.840 kg und 7.840 kg, sohin von 14.680 kg aus und addiert man das Gewicht der Ladung, nämlich der 920 Säcke Fumarsäure samt 23 Paletten im Ausmaß von 23.460 kg, so ergibt sich ein rein rechnerisches Gesamtgewicht des Sattelkraftfahrzeuges von 38.140 kg - unter Annahme des vom Rechtsmittelwerber irrtümlich herangezogenen Eigengewichts des Anhängers von 8.440 kg sogar ein rechnerisches Gesamtgewicht von
38.740 kg. Beide Werte würden noch innerhalb der 5 %igen Toleranz des mit 1. Jänner 1995 in Kraft getretenen § 134 Abs.2 KFG 1967 liegen - gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre: das Straferkenntnis wurde nach Inkrafttreten dieses § 134 Abs.2 KFG 1967, das für den Rechtsmittelwerber zweifellos günstig wäre, erlassen, weshalb diese Bestimmung auch anzuwenden wäre - wenn sich der Rechtsmittelwerber auf seine Berechnungen, dh letztlich auf die in den Zulassungspapieren angegebenen Eigengewichte verlassen hätte dürfen.
Er hat bereits im Rahmen seiner Einvernahme beim Marktgemeindeamt S dezidiert ausgeführt, daß die Eigengewichte in den Zulassungspapieren bei zahlreichen LKW zu niedrig angegeben sind. Diese Feststellung war für ihn offenbar so bedeutungsvoll, daß er nach eigenen Aussagen sogar der Bundespolizeidirektion L davon Mitteilung gemacht hat.
Aus diesem Grund vertritt der unabhängige Verwaltungssenat, dem dieser vom Rechtsmittelwerber vorgebrachte Umstand nicht neu ist, die Auffassung, daß dieser eben deshalb verpflichtet gewesen wäre, entweder eine Leerverwiegung des Sattelzugfahrzeuges samt Anhänger oder eine Verwiegung des beladenen Sattelkraftfahrzeuges vor dem Verlassen des Betriebsgeländes durchzuführen. Da der hinsichtlich der Beladung letztlich Anordnungsbefugte für die Einhaltung der Gewichtsbestimmungen in letzter Konsequenz zu sorgen hat - darunter ist gegebenenfalls auch eine zu diesem Zeitpunkt noch problemlos mögliche Reduktion des Ladegutes zu verstehen, ist gerade der Rechtsmittelwerber als Leiter der für die LKW-Abfertigung zuständigen Abteilung zu entsprechender Sorgfalt im Umgang mit den Gewichtsbestimmungen und zu entsprechender Kontrolle seiner Mitarbeiter verpflichtet.
Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates handelt es sich bei der Bestimmung des § 101 Abs.1a KFG 1967 - in Analogie zur Bestimmung des § 103 Abs.1 leg.cit. für den Zulassungsbesitzer - um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG, wobei der Täter glaubhaft zu machen hat, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es obliegt daher dem Beschuldigten, im gegenständlichen Fall alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.
Der Rechtsmittelwerber hat die von seinem Vorgänger erlassene Dienstanweisung aus dem Jahr 1983, der er sich offenbar vollinhaltlich angeschlossen hat, und außerdem mehrere von seinen Mitarbeitern unterzeichnete Protokolle über LKW-Gewichts- und Gefahrgutscheinkontrollen vorgelegt. Die Dienstanweisung sieht konkrete Maßnahmen bei festgestellter Überladung vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich unter anderem im Erkenntnis vom 19. September 1990, 89/03/0231, erkannt, daß es bei entsprechender Größe des Betriebes erforderlich sein wird, die regelmäßig in entsprechenden zeitlichen Abständen erfolgten Überprüfungen in bezug auf jedes Fahrzeug in irgendeiner Form evident zu halten, um den Überblick zu gewährleisten, wobei diese Unterlagen sodann einer entsprechenden Kontrolle zu unterziehen sind.
Im gegenständlichen Fall läßt sich aus den vorliegenden Protokollen ersehen, daß offenbar an verschiedenen Tagen, nämlich am 15. und am 30. November 1994 und am 5. und am 21. Dezember 1994 Kontrollen bei der Koje-Werkseinfahrt S (Bau ) bzw in der Abfertigungshalle durchgeführt wurden, wobei diese Kontrollen jeweils 45 min bis eineinhalb Stunden gedauert haben; sämtliche Protokolle weisen den Vermerk "besondere Vorkommnisse: keine" auf.
Dazu vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß dieses sogenannte "Kontrollsystem", das offenbar im wesentlichen aus stichprobenartigen Überprüfungen besteht, wobei hier weder konkrete Kraftfahrzeuge (z.B. dem Kennzeichen nach) festgehalten noch irgendwelche Auffälligkeiten im Hinblick auf den Umfang der Kontrolle oder eventuelle Beanstandungen (der Rechtsmittelwerber hat nicht dargelegt, was er unter einem "besonderen Vorkommnis" versteht) angeführt sind, nicht als wirksames Kontrollsystem im Lichte der oben angeführten VwGH-Judikatur anzusehen sind. Diese Auffassung wird umso mehr dadurch bestärkt, daß dem Rechtsmittelwerber laut eigenen Aussagen die Bestimmungen über die Errechnungen des höchstzulässigen Gesamtgewichtes eines Sattelkraftfahrzeuges unbekannt ist und er daher wohl auch schwer in der Lage sein wird, die Einhaltung der maßgeblichen Bestimmungen, zu denen auch diese Regelung gehört, durch seine Mitarbeiter gehörig zu überwachen.
Zusammenfassend gelangt der unabhängige Verwaltungssenat daher zu der Überzeugung, daß der Rechtsmittelwerber, da ihm die Glaubhaftmachung, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Die Spruchabänderung und -ergänzung erfolgte auf der Grundlage der Bestimmungen des § 44a Z1 und 2 VStG, wobei dem Rechtsmittelwerber am 6. April 1995, also innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist, der damals im wesentlichen aus der Anzeige bestehende Akteninhalt zur Kenntnis gebracht wurde, aus der der nun in den Spruch übernommene Tatvorwurf vollständig hervorgeht.