RS UVS Oberösterreich 1996/05/20 VwSen-103655/11/Br

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Veröffentlicht am 20.05.1996
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Rechtssatz

Im gegenständlichen Fall hat das Ermittlungsverfahren ergeben, daß zumindest eine rechtliche Voraussetzung der Anordnung der Blutalkoholuntersuchung nicht gegeben war, nämlich jene des § 5 Abs.2 Z2 StVO (Unmöglichkeit der Atemluftuntersuchung aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen). Daß es sich dabei um eine rechtliche Voraussetzung handelt, steht sowohl im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut als auch im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers (EB, 1580 BlgNR 18. GP: "Die subsidiäre Anordnung der Blutalkoholuntersuchung hat ausschließlich den Zweck, dem Erfordernis der Wahl des gelindesten Mittels Rechnung zu tragen und die Fälle der im Zuge einer Blutabnahme notwendigen Eingriff in die körperliche Integrität einzuschränken. Diesem Gedanken entspricht auch die Einschränkung, daß eine solche Vorführung zur Blutabnahme darüber hinaus nur bei Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung zulässig sein soll."; zit. nach Messiner, Straßenverkehrsordnung,

9. A, 1995, FN 16 zu § 5 = S 164) fest (vgl. ferner Grundtner, Alkoholisierungs- und Suchtgiftbestimmungen nach der 19. StVO-Novelle, ZVR, Sonderheft 1995, S 8, wonach dann, wenn eine verletzte Person nach einem Verkehrsunfall im Spital ist und diese einen Alkomattest durchführen kann, eine Blutabnahme unzulässig ist; vielmehr sei der Alkomat herbeizuschaffen).

Ist aber die genannte rechtliche Voraussetzung nicht erfüllt, so kann auch die Verweigerung der Blutabnahme nicht strafbar sein. Weiters setzt eine rechtmäßige "Vorführung" gemäß § 5 Abs.5 StVO nach dem klaren Gesetzeswortlaut die Beiziehung (zum Begriff der "Vorführung" vgl. Messiner, ebd. FN 18 zu § 5 = S 165 f) eines im öffentlichen Sanitätsdienst (oder eines bei einer Bundespolizeibehörde tätigen) Arztes voraus. Auch diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da der diensthabende Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt nicht unter diesen Begriff fällt (zum Begriff des im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arztes vgl. die EB, 22 BlgNR 9. GP, zitiert bei Messiner, ebd, FN 17 zu § 5 = S 165). Andererseits ist ein diensthabender Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt gemäß § 5 Abs.7 StVO zur Blutabnahme berechtigt und sprechen § 5 Abs.5 letzter Satz und § 5 Abs.6 StVO nur von "einem Arzt" (worunter nach Grundtner, ebd, im Zusammenhang mit § 5 Abs.6 StVO, freilich nur der Arzt der Bundespolizeidirektion bzw des öffentlichen Sanitätsdienstes zu verstehen ist; gleiches muß umso mehr für § 5 Abs.5 letzter Satz StVO gelten).

Die dem § 5 zugrundeliegende "Systematik der Arztbegriffe" dürfte dahingehend zu verstehen sein, daß zwischen dem "Vorführarzt" und dem "Blutabnahmearzt" zu unterscheiden ist und zwar idS, daß die Blutabnahme durch einen bloß zur Blutabnahme befugten Arzt ohne vorherige Einschaltung eines Arztes, der über die zur Vorführung erforderlichen Voraussetzungen verfügt, nämlich eines bei der Bundespolizeibehörde tätigen Arztes oder eines im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arztes, unzulässig ist.

Der Sinn dieser Differenzierung dürfte darin liegen, daß die Verpflichtung, sich Blut abnehmen zu lassen, nur dann besteht, wenn sich bei einer klinischen Untersuchung herausstellt, daß eine Blutabnahme erforderlich ist, um den Grad der Alkoholeinwirkung feststellen zu können (vgl. etwa VwGH 19.1.1990, Zl. 89/18/0139 = Messiner ebd, E 398, S 238), sodaß für den Regelfall die "Subsidiarität" bzw die "Wahl des gelindesten Mittels" auch im Verhältnis zwischen klinischer Untersuchung und Blutabnahme eingreift und der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, daß die klinische Untersuchung nur von einem bei der Bundespolizeibehörde tätigen Arzt bzw von einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorgenommen bzw der Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung nur von einem solchen Arzt festgestellt werden darf.

Auf dem Boden dieser Auffassung fehlt es im gegenständlichen Fall an einer weiteren Voraussetzung der gemäß § 99 Abs.1 lit.c StVO strafbaren Blutabnahmeverweigerung, da kein bei einer Bundespolizeibehörde tätiger Arzt bzw kein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt beigezogen wurde.

Der unabhängige Verwaltungssenat verkennt nicht, daß diese Rechtslage die Vollzugspraxis in einer ländlichen Gegend vor erhebliche Probleme stellt. Wie sich auch hier zeigte, war ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt nicht erreichbar und die medizinische Verträglichkeit einer Alkomatuntersuchung realistisch besehen für einen Laien (Gendarmen) bei den gegebenen Verletzungen nicht abschätzbar.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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