TE Vwgh Beschluss 2001/6/28 2001/11/0079

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Veröffentlicht am 28.06.2001
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

B-VG Art132;
FSG 1997 §29 Abs1;
VwGG §27 Abs1 idF 1998/I/158;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, in der Beschwerdesache des G in V, vertreten durch Winkler - Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit Befristung der Lenkberechtigung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der vorliegenden, am 5. März 2001 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, ihm sei am 19. Juni 2000 der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 14. Juni 2000 zugestellt worden, mit dem die ihm erteilte Lenkberechtigung auf die Dauer eines Jahres, gerechnet ab 28. März 2000, sohin bis zum 28. März 2001, befristet worden sei.

Gegen diesen Bescheid habe er fristgerecht Berufung an den Landeshauptmann von Steiermark erhoben, welche am 27. Juni 2000 zur Post gegeben worden und laut Mitteilung des Referenten der Berufungsbehörde am 10. Juli 2000 bei der Berufungsbehörde eingelangt sei. Die Berufung sei nicht "innerhalb der dreimonatigen Entscheidungsfrist des § 29 Abs. 1 FSG erledigt" worden. Am 11. Oktober 2000 habe der Beschwerdeführer daher einen Devolutionsantrag an den Bundesminister für Verkehr gerichtet, dieser Antrag sei dort "noch im Oktober 2000" eingelangt. Da hierüber bisher nicht entschieden worden sei, sei die belangte Behörde säumig.

In der Folge hat die belangte Behörde den Bescheid vom 5. April 2001, dem Beschwerdeführer zugestellt am 12. April 2001, erlassen (mit welchem sie den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückwies) und eine Abschrift dieses Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt. In dem diese Vorlage begleitenden Schriftsatz vom 11. Mai 2001 beantragt die belangte Behörde die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde.

Die Beschwerde erweist sich aus nachstehenden Gründen als unzulässig:

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden u.a. dann ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen, wenn ihnen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung entgegensteht. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG (in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998) kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass auf Grund der besonderen Regelung des § 29 Abs. 1 FSG die belangte Behörde säumig geworden sei, weil sie nicht innerhalb von drei Monaten über den Devolutionsantrag entschieden habe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden:

Im 5. Abschnitt des Führerscheingesetzes (§§ 24 bis 30) wird seinem Titel zufolge unterschieden zwischen "Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung".

§ 24 FSG ("Allgemeines") hat folgenden Wortlaut:

"§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.

die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

(2) Die Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann auch nur hinsichtlich bestimmter Klassen ausgesprochen werden, wenn der Grund für die Entziehung oder Einschränkung nur mit der Eigenart des Lenkens dieser bestimmten Klasse zusammenhängt. Die Entziehung bestimmter Klassen ist, wenn zumindest noch eine weitere Lenkberechtigung aufrecht bleibt, in den Führerschein einzutragen. Eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C (C1) und D nach sich, eine Entziehung der Klassen C (C 1) oder D zieht die Entziehung der jeweils anderen Klasse nach sich.

(3) Bei der Entziehung kann die Behörde auch zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung oder Driver Improvement mit oder ohne Fahrprobe, Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar) anordnen. Sie hat eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt.

(4) Vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8, vor der Entziehung wegen mangelnder fachlicher Befähigung ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen."

§ 29 FSG sieht "Besondere Verfahrensbestimmungen für die Entziehung" vor. Er hat folgenden Wortlaut:

"§ 29. (1) Im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung sind die Behörden verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen. Im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung kann ein Rechtsmittelverzicht nicht wirksam abgegeben werden.

(2) Von der vollstreckbaren Entziehung der Lenkberechtigung hat die Behörde zu verständigen:

1. den Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges, mit dem das Delikt begangen wurde, wenn er nicht selbst der betroffene Lenker war, und

2. bei Berufslenkern den Dienstgeber, wenn dieser nicht Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges war.

(3) Nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides ist der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern. Dies gilt auch für die Fälle des § 30, sofern sich der Lenker noch in Österreich aufhält.

(4) Wurde der Führerschein gemäß § 39 vorläufig abgenommen und nicht wieder ausgefolgt, so ist die Entziehungsdauer ab dem Tag der vorläufigen Abnahme zu berechnen."

Schon der Wortlaut des § 29 Abs. 1 FSG lässt die Interpretation, diese Bestimmung gelte auch, wenn Sache die Befristung der Lenkberechtigung sei, nicht zu. In § 24 Abs. 1 leg. cit. wird ausdrücklich die Unterscheidung zwischen der Entziehung der Lenkberechtigung einerseits (Z. 1) und Einschränkungen der Lenkberechtigung, u.a. durch Befristungen andererseits (Z. 2), getroffen. § 29 FSG enthält besondere Verfahrensregelungen ausschließlich für das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung und sieht nach dem ersten Satz des Abs. 1 (lediglich) im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung eine verkürzte Entscheidungsfrist von drei Monaten vor.

Insoweit der Beschwerdeführer auf die Materialien zu § 29 FSG verweist (714 Blg NR XX. GP, Seite 44: "Abs. 1 bis 4 entsprechen geltendem Recht"), ist ihm zu entgegnen, dass darin zutreffend darauf verwiesen wird, dass die in § 29 Abs. 1 bis 4 FSG getroffenen Verfahrensbestimmungen schon nach der bisherigen Rechtslage im Verfahren zur Entziehung der Lenk(er)berechtigung galten, jedoch nicht zum Ausdruck kommt, der Gesetzgeber habe - im Gegensatz zu den dem § 29 FSG vorangestellten Bestimmungen - hier gemeinsame (Sonder-)Regelungen nicht nur für das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung im engeren Sinn, sondern auch für Verfahren, in denen es um die Einschränkung der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen Sache geht, treffen wollen.

Voraussetzung für die verkürzte Entscheidungsfrist ist, dass ein Bescheid betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegt. Dies ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien zur Einführung der Bestimmung des § 75 Abs. 5 KFG 1967 mit der 4. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 615/1977, 649 Blg. NR, XIV. GP.6 (Bericht des Verkehrsausschusses zur 3. KFG-Novelle), worin Folgendes ausgeführt wurde:

"Für das Verfahren bei der Entziehung der Lenkerberechtigung gilt derzeit die allgemeine Regelung des § 73 AVG, die die Behörden verpflichtet, über Anträge und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Die Berufung gegen einen Bescheid, mit dem die Lenkerberechtigung entzogen wird, hat keine aufschiebende Wirkung. Es scheint aber unbillig, auch im Verfahren bei der Entziehung der Lenkerberechtigung der Behörde die Möglichkeit einzuräumen, erst nach sechs Monten zu entscheiden. In der Praxis kommt es nämlich dadurch des öfteren zu einem "kalten Entzug", da etwa bei einer Entziehungsdauer von sechs Monaten eine Berufung in den meisten Fällen von vornherein sinnlos ist. Die Berufungsinstanz kann nach der derzeitigen Rechtslage nicht dazu verhalten werden, so früh zu entscheiden, dass durch die Erlassung der Berufungsentscheidung im Falle einer unbegründeten Entziehung die Entziehungsdauer abgekürzt wird. Im Interesse der Verkehrssicherheit muss einer Berufung gegen einen Entziehungsbescheid natürlich die aufschiebende Wirkung aberkannt werden. Es müsste andererseits gewährleistet sein, dass bei ungerechtfertigter Entziehung eine Berufung zu einer raschen Entscheidung führt. Daher wäre als Sonderregelung zum § 73 AVG die Entscheidungsfrist auf drei Monate herabzusetzen."

Da somit mangels Anwendbarkeit des § 29 Abs. 1 FSG auf den vorliegenden Fall § 27 Abs. 1 VwGG zu gelten hat, wonach eine Säumnisbeschwerde erst nach Ablauf von sechs Monaten ab dem Einlangen eines Antrages auf Sachentscheidung erhoben werden kann, und diese Frist im Beschwerdefall noch nicht verstrichen war, fehlte es dem Beschwerdeführer an der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde, sodass diese gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juni 2001

Schlagworte

Binnen 6 Monaten Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001110079.X00

Im RIS seit

10.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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