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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FSG 1997 §3 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Jänner 2000 (richtig: 2001), Zl. MA 65 - 8/533/2000, betreffend Erteilung einer Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Februar 2000 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer für die Dauer von vier Jahren, gerechnet ab der am 24. Dezember 1999 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer die zur hg. Zl. 2000/11/0084 protokollierte Beschwerde. Dem in dieser Beschwerde gestellten Aufschiebungsantrag gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wurde mit hg. Beschluss vom 6. April 2000, Zl. AW 2000/11/0024, stattgegeben, soweit mit dem angefochtenen Bescheid die Entziehung über den 24. Juni 2000 hinaus verfügt wurde.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. August 2000 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 30. Mai 2000 auf Ausfolgung des Führerscheines abgewiesen.
Am 6. Oktober 2000 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B.
Mit Bescheid vom 28. November 2000 wies die Erstbehörde den Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung vom 6. Oktober 2000 gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 Führerscheingesetz - FSG ab und führte begründend aus, nach der Aktenlage habe sich der Beschwerdeführer bis Februar 2000 in Straf- bzw. Verwaltungsstrafhaft befunden und habe in dieser Zeit sein Wohlverhalten mangels Freizügigkeit nicht unter Beweis stellen können. Zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit bedürfe es eines längeren Wohlverhaltens. Im Hinblick auf die Mehrzahl der Tatbegehungen über einen längeren Zeitraum hindurch sei die seit der Entlassung verstrichene Zeit von neun Monaten zu kurz, um aus einem Wohlverhalten des Beschwerdeführers zu einer für ihn günstigeren Beurteilung kommen zu können.
In der dagegen erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer u. a. darauf hin, dass er zwischen der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides (gemeint offenbar des Entziehungsbescheides vom 22. Dezember 1999) und der endgültigen Enthaftung am 4. Februar 2000 jeweils für mehrere Tage die Justizanstalt befugterweise verlassen habe, womit die Freizügigkeit wieder hergestellt worden sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 2000 bewirke, dass die im Bescheid vom 7. Februar 2000 gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 festgesetzte Zeit von vier Jahren der Wiedererteilung der Lenkberechtigung ab 25. Juni 2000 nicht entgegenstehe. Über das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen in meritorischer Hinsicht enthalte der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes keine Aussage. Aufgrund der Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten bedürfe es eines längeren Zeitraumes, um von der Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit ausgehen zu können. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Unterbrechung gemäß § 99 StVG und die Ausgänge gemäß § 147 Abs. 1 leg. cit. seien zu kurz, um aus einem Wohlverhalten des Beschwerdeführers in diesen Zeiten auf die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit schließen zu können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/11/0084, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 7. Februar 2000 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. In den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, wurde dargelegt, dass zwar die Auffassung, der Beschwerdeführer sei zur Zeit der Erlassung des eingangs genannten Bescheides der belangten Behörde vom 7. Februar 2000 verkehrsunzuverlässig gewesen, nicht rechtswidrig, hingegen die Annahme, er werde die Verkehrszuverlässigkeit erst im Dezember 2003 wieder erlangen, verfehlt ist.
In dem den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/11/0348, auf das ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, wurde ausgeführt, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 2000 betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nichts an der Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 geändert habe, sodass der Beschwerdeführer nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung sei. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei das (jedenfalls bis 24. Dezember 2003 dauernde) Verbot der Wiedererteilung einer Lenkberechtigung mit der Wirkung aufgeschoben worden, dass es einer Wiedererteilung der Lenkberechtigung (bei Vorliegen aller Erteilungsvoraussetzungen) nicht im Wege stehe.
Für die Rechtmäßigkeit des nunmehr angefochtenen Bescheides ist somit entscheidend, ob der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch verkehrsunzuverlässig war. Dies hat die belangte Behörde aus folgenden Erwägungen mit Recht bejaht:
Der Grund für die Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers lag darin, dass er zu nicht näher genannten Zeitpunkten zwischen Sommer 1996 und Anfang Juli 1997 insgesamt vier unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht und damit das Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen gemäß § 207 Abs. 1 StGB begangen habe. Weiters liegt ihm zur Last, dass er in dieser Zeit mit drei Personen, die das 14. Lebensjahr, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hatten, gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben und dadurch das Verbrechen nach § 209 StGB begangen habe. Weiters habe er zwei jener unmündigen Personen, an denen er das Verbrechen gemäß § 207 Abs. 1 StGB begangen hat, durch die Äußerungen, wenn sie etwas von den sexuellen Übergriffen erzählten, würden sie ins Heim kommen, mithin durch gefährliche Drohung, zu einer Unterlassung genötigt und damit das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB begangen. Diese Straftaten stehen aufgrund der Bindung an die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung fest. Der Beschwerdeführer war vom 3. August 1997 bis 4. Februar 2000 in Haft.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Wohlverhalten einer Person in Haft wegen der durch die Haft eingeschränkten Möglichkeit, ihren eigenen Entschlüssen gemäß zu handeln, allein nicht geeignet, die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit zu bewirken (vgl. dazu u. a. die hg. Erkenntnisse vom 29. Oktober 1996, Zl. 96/11/0257, und vom 10. November 1998, Zl. 97/11/0107, mwN). Es ist daher in Fällen wie dem vorliegenden auch ein Wohlverhalten in Freiheit über einen längeren Zeitraum, dessen Ausmaß u.a. von der Verwerflichkeit der Straftaten bestimmt wird, Voraussetzung dafür, um annehmen zu können, der Betreffende habe seine Sinnesart gemäß § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 überwunden und seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt.
Von der Haftentlassung des Beschwerdeführers bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides ist weniger als ein Jahr verstrichen. Dieser Zeitraum ist - auch unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Wohlverhaltens während der Unterbrechung der Freiheitsstrafe gemäß § 99 StVG, die nach dem Gesetz nicht länger als acht Tage dauern darf, und der Ausgänge gemäß § 147 Abs. 1 StVG, die jeweils nicht länger als drei Tage, bei längeren Reisewegen höchstens fünf Tage dauern dürfen - noch zu kurz, um bereits die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit im genannten Sinne annehmen zu können. Die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung wegen Fehlens seiner Verkehrszuverlässigkeit (gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 FSG in Verbindung mit § 7 Abs. 2 und 4 Z. 2 FSG) war daher nicht rechtswidrig.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. Juni 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001110094.X00Im RIS seit
10.09.2001