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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §914;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des D in F, vertreten durch Dr. Otmar Pfeifer, Dr. Günther Keckeis und Dr. Martin Fiel, Rechtsanwälte in Feldkirch, Drevesstraße 2, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch vom 26. April 2001, Zl. Jv 1336-33/01, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer führte zu 3 C 1534/99s des BG Feldkirch Klage gegen einen Prozessgegner auf Zahlung von S 52.800,-- s.A., wofür er Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG entrichtete.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 1. Februar 2000 wurde ein Vergleich mit - auszugsweise - folgendem Inhalt geschlossen:
"1. Der Beklagte verpflichtet sich bei Exekution und unter Verzicht auf jeglichen Räumungsaufschub, das Bestandobjekt Hubstr. 71a, 6800 Feldkirch-Tosters, samt Keller, Nebenräumen und Garagenanteil sowie Gartenanteil bis längstens 31. Mai 2000 zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben.
2. Der Beklagte ist berechtigt, das Bestandobjekt schon zu einem früheren Zeitpunkt zu räumen. Diesfalls ist der Räumungstermin 3 Wochen im Vorhinein schriftlich zu avisieren.
3. Der Mietzins wird ab November 1999 bis zur Räumung der Wohnung um 10% reduziert. Er beträgt sohin monatlich anstatt
S 13.200,-- monatlich S 11.880,--. Sollte der Beklagte die Wohnung nicht per Ende eines Monats räumen, sondern während des Monates, so ist die Miete für den diesbezüglichen Monat aliquot zu zahlen.
...."
Daraufhin schrieb der Kostenbeamte dem Beschwerdeführer zusätzliche Pauschalgebühr samt Einhebungsgebühr ausgehend davon vor, es sei im Vergleich eine Leistung von unbestimmter Dauer vereinbart worden.
Dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag gab die belangte Behörde keine Folge, wobei auch die sie die Meinung vertrat, es sei im Vergleich eine Leistungspflicht von unbestimmter Dauer begründet worden, weshalb gemäß § 58 Abs. 1 JN der zehnfache Jahresbetrag der vereinbarten Zahlungspflicht als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, dass als Bemessungsgrundlage nur der Mietzins bis 31. Mai 2000 heranzuziehen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das
ganze Verfahren gleich.
Davon tritt nach Abs. 2 Z. 2 der zitierten Gesetzesstelle unter anderem folgende Ausnahme ein: "Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen".
Nach der gemäß § 14 GGG u.a. anzuwendenden Bestimmung des § 58 Abs. 1 JN ist bei wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen auf unbestimmte Dauer das Zehnfache das Jahresbetrages als Wert anzunehmen.
Nach ständiger hg. Judikatur ist diese Bestimmung unter anderem dann heranzuziehen, wenn in einem gerichtlichen Vergleich eine zeitlich nicht begrenzte Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages "bis zur tatsächlichen Räumung" übernommen wird (vgl. dazu die zahlreiche bei Tschugguel/Pötscher, MGA Gerichtsgebühren6 unter E 27ff zu § 18 GGG referierte hg. Judikatur).
Die Beschwerde strebt demgegenüber unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 90/16/0166, im vorliegenden Fall eine Auslegung der getroffenen Vereinbarung dahin an, dass die im Vergleich vom 1. Februar 2000 begründete Zahlungspflicht nach dem Parteiwillen mit dem 31. Mai 2000 begrenzt worden sei.
Aus dem zitierten Erkenntnis, das (im Wege der Wiedergabe einschlägiger Vorjudikatur) unter anderem darauf hinwies, dass dann, wenn sich dem Vertragstext kein Anhaltspunkt dafür entnehmen lässt, dass die Parteien die Zahlungspflicht auch für den Fall einer nicht fristgerechten Räumung begründen wollten, die übernommene Zahlungspflicht mit der vereinbarten Beendigung des Bestandverhältnisses begrenzt ist, lässt sich aus folgenden Gründen für den Beschwerdestandpunkt nichts gewinnen:
Im vorliegenden Fall wurde nämlich im Wege des Vergleichspunktes 1. die Räumung des Objektes zwar per 31. Mai 2000 vereinbart. Aus dem Vergleichspunkt 2. ergibt sich dazu aber unübersehbar, dass die Parteien auch die Möglichkeit einer früheren Räumung ins Auge fassten und aus Punkt 3. der Vereinbarung folgt, dass der (schon ab November 1999 reduzierte) Zins "bis zur Räumung" zu bezahlen ist, ohne dass dabei ein konkreter Termin genannt wird.
Die Frage, ob die getroffene Vereinbarung auch eine Grundlage für eine Zahlungspflicht für den Fall verzögerter Räumung darstellt, ist im Vergleich explizit nicht geregelt und daher im Wege der sogenannten ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. dazu z.B. Rummel in Rummel, ABGB I3 Rz 9 zu § 914 ABGB), insbesondere unter Heranziehung des hypothetischen Parteiwillens, der Übung des redlichen Verkehrs, nach Treu und Glauben sowie nach der Verkehrsanschauung zu beantworten (Rummel aaO Rz 11ff). Daraus ergibt sich ungeachtet des von den Parteien verwendeten Begriffes "Mietzins", dass die im Vergleich begründete Zahlungspflicht nicht mit dem im Punkt 1. genannten Termin 31. Mai 2000 sondern mit der tatsächlichen Räumung zu verknüpfen ist, weil die tatsächliche Räumung einerseits schon vor dem im Punkt 1. des Vergleiches genannten Termin (siehe den Vergleichspunkt 2.) erfolgen kann, andererseits aber auch erst später; man muss nämlich berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer bei Vertragsabschluss ja keineswegs beurteilen konnte, ob sich nicht die Notwendigkeit einer erst im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzenden Räumung ergeben wird. Aus der Natur und dem aus den getroffenen Formulierungen klar ersichtlichen Zweck der Vereinbarung, wie sie hier geschlossen wurde, folgt, dass es unsinnig wäre, die vertraglich festgelegte Zahlungsverpflichtung mit dem im Punkt 1. des Vergleiches genannten Räumungstermin zu begrenzen und für den Fall einer Überschreitung dieses Termins die Parteien zu zwingen, betreffend die Zeit der Verzögerung eine neue (z.B. bereicherungsrechtliche) Rechtsgrundlage für eine Zahlungspflicht zu schaffen.
Aus diesen Gründen erweist sich auch die erhobene Verfahrensrüge als verfehlt, weil die belangte Behörde angesichts des vorliegenden Textes des Punktes 3. des Vergleiches ("bis zur Räumung") von den zum Vergleichstext beantragten Vernehmungen Abstand nehmen konnte (vgl. dazu insbesondere das bei Tschugguel/Pötscher aaO unter E 36 zu § 18 GGG referierte hg. Erkenntnis vom 30. März 1998, Zl. 98/16/0107).
Da schließlich auch das Beschwerdeargument, der Vergleichsgegner dürfe nicht für den Fall des Verstoßes gegen den vereinbarten Räumungstermin mit einem verminderten Zins belohnt werden, nicht verständlich ist, weil der verminderte Betrag (warum auch immer) ja bereits mit Wirkung ab November 1999 vereinbart wurde, ergibt sich schon aus dem Beschwerdeinhalt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet.
Die Beschwerde war daher ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 28. Juni 2001
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001160345.X00Im RIS seit
03.12.2001