RS UVS Oberösterreich 1996/06/26 VwSen-420102/8/Kl/Rd

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Veröffentlicht am 26.06.1996
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Rechtssatz

Anders als der VfGH, welcher nach seiner ständigen Rechtsprechung die Abschiebung als bloße Maßnahme zur Vollstreckung vorausgegangener Bescheide qualifiziert hat und diese "Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt" (so ausdrücklich nunmehr § 40 FrG) in der Form einer bestimmten Maßnahme tatsächlicher Art, also um eine der Vollstreckung vorangegangener Bescheide dienende Maßnahme, nicht als selbständig bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd Art.129a Abs.1 Z2 B-VG gewertet hat (vgl. Erk. vom 1.10.1994, B 75/94-6), hat der VwGH klargestellt, daß die Rechtswidrigkeit der Abschiebung trotz Vorliegens durchsetzbarer Bescheide betreffend Aufenthaltsverbot oder Ausweisung mit Maßnahmenbeschwerde nach Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67c AVG geltend gemacht werden kann (vgl. VwGH vom 24.2.1995, 94/02/0410; 23.9.1994, 94/02/0139). In seinem Erkenntnis vom 1.10.1994, B 75/94-6, hält der VfGH an dieser Auffassung auch im Hinblick auf das FrG fest, nämlich daß die Abschiebung eine der Vollstreckung vorangegangener Bescheide dienende Maßnahme darstellt. "Dient allerdings die Anwendung von Befehls- und Zwangsgewalt zwecks Abschiebung iSd § 40 FrG nicht bloß der Vollstreckung vorangegangener Bescheide, ist diese als - selbständig bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd Art.129a Abs.1 Z2 B-VG zu werten". Aufgrund dieser Rechtsprechung ist daher die Beschwerde gegen die Abschiebung des Bf - weil sie der Vollstreckung eines vorausgegangenen Ausweisungsbescheides diente - wie noch näher auszuführen ist - zwar entsprechend dem VfGH nicht zulässig, nach der weiteren Judikatur des VwGH aber zulässig. Weil aber nach der weiteren ständigen Judikatur beider Gerichtshöfe ein Bf durch eine Abweisung anstelle einer Zurückweisung in seinen Rechten nicht verletzt wird, wurde eine meritorische Entscheidung gefällt.

Weil der VwGH weiters jenen Verwaltungssenat für örtlich zuständig zur Entscheidung über die Abschiebung hält, in dessen Sprengel die Abschiebung beginnt, ist der O.ö. Verwaltungssenat auch örtlich zuständig (vgl. VwGH vom 23.9.1994, 94/02/0139). Weiters ist die Beschwerde auch rechtzeitig.

Aufgrund des aktenkundigen und festgestellten Sachverhaltes gab zunächst der Bf unter Hinweis auf den von ihm mitgeführten türkischen Personalausweis der belangten Behörde an, FO, geb. am 8.9.1964 in M, ledig, türkischer Staatsangehöriger und Kurde zu sein. Gegen den Bf als der nach diesen Personalia konkretisierten Person ist ein am 19.2.1996 durch persönliche Zustellung wirksamer Ausweisungsbescheid ergangen, wobei die Ausweisung sich auf § 17 Abs.2 Z6 FrG stützt und daher gemäß § 17 Abs.3 FrG in der zum Zeitpunkt der Erlassung und der Abschiebung geltenden Fassung sofort durchsetzbar war. Der Bescheid wurde im übrigen im Rechtsmittelweg nicht angefochten.

Weiters wurde ein negativer Asylbescheid wegen der mittlerweile "geänderten" Identität des Bf mit Bescheid des BMfI vom 15.3.1996 als nicht wirksam festgestellt und gleichzeitig klargestellt, daß erstmals mit der Berufung ein gültiger Asylantrag gestellt wurde, bei welchem jedoch die Wochenfrist nicht gewahrt wurde. Dies hat zur Folge, daß dem Bf jedenfalls keine Aufenthaltsberechtigung zum Zeitpunkt der Abschiebung zukam, weil einerseits mit der Zurückweisung der Berufung gegen den negativen Asylbescheid gegen F O gemäß § 7 Abs.3 Asylgesetz 1991 das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde und andererseits der Asylantrag des S O gemäß § 7 Abs.1 Asylgesetz verspätet eingebracht wurde und der Bf im übrigen nicht gemäß § 6 Abs.1 Asylgesetz eingereist ist. Es war daher gemäß § 9 Abs.1 Asylgesetz 1991 idF BGBl. Nr. 838/1992 das Fremdengesetz auf den Bf anzuwenden.

Weil aber der Bf nicht im Besitz von gültigen Reisedokumenten und der notwendigen Barmitteln ist und auch über keinen Wohnsitz und keine geordnete Unterkunft im Bundesgebiet verfügt, war daher die Überwachung der Ausreise sowohl aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit - zumal eine rechtmäßige Ausreise gar nicht möglich war - als auch aus dem Grund, daß zu befürchten war, daß der Bf seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde, erforderlich (§ 36 Abs.1 Z1 und Z3 FrG).

Abschiebungshindernisse wurden von der belangten Behörde geprüft und nicht vorgefunden; auch war die Abschiebung nicht unmöglich, weil bereits ein Heimreisezertifikat erlangt wurde. Es war daher die Abschiebung rechtmäßig.

Den Beschwerdeausführungen, daß der Ausweisungsbescheid vom 19.2.1996 nicht rechtswirksam und daher nicht durchsetzbar sei, schließt sich hingegen der O.ö. Verwaltungssenat nicht an. Wie nämlich schon der unabhängige Verwaltungssenat Burgenland in seinem Erkenntnis vom 7.5.1996 betreffend die Schubhaft ausführlich und schlüssig darlegte, hat sich der Bf seine "falschen" Angaben zu seiner Person, untermauert durch den von ihm vorgewiesenen Personalausweis mit seinem Foto, sich selbst zuzuschreiben. Es war zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung sowohl hinsichtlich des Schubhaftbescheides als auch hinsichtlich des Ausweisungsbescheides eindeutig und unmißverständlich konkretisiert, gegen welche Person sich dieser Bescheid richtet. Dieser Person, von dem der Bf selbst angab, daß er es sei, wurde dann der Bescheid auch persönlich übergeben und dies auch durch seine Unterschrift bestätigt. Weiters vertritt auch der O.ö. Verwaltungssenat die Auffassung, daß bis dato noch nicht geklärt ist, ob der Bf wirklich S O ist, oder ob er nicht doch F O ist. Da es sich aber unbeschadet des Vornamens immer um ein und dieselbe Person, letztlich ja auch im nunmehrigen Beschwerdeverfahren handelt, ist diese Person sowohl Adressat als auch Empfänger der behördlichen Verwaltungsakte und schließlich auch Partei und Empfänger im nunmehrigen Beschwerdeverfahren. Diese Rechtsauffassung hat im übrigen auch bereits der VwGH in seinem Erkenntnis vom 29.3.1996, 95/02/0274, unter Hinweis auf ein Erkenntnis vom selben Tag zu Zl. 95/02/0287, im Rahmen eines Schubhaftbeschwerdeverfahrens vertreten und darin ausgeführt, "daß sich im Beschwerdefall aufgrund der von der Bf selbst zu verantwortenden falschen Angaben betreffend ihre Person im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides der Bescheid nur auf die (behauptete) falsche Identität der Bf lauten konnte. Es war jedoch unzweifelhaft, daß sich das behördliche Handeln ausschließlich auf die Bf selbst, die zu diesem Zeitpunkt bereits festgenommen war, bezogen hat. Der Schubhaftbescheid der Behörde erster Instanz war daher gegenüber der unter falscher Identität aufgetretenen Bf rechtswirksam und die Schubhaft durch diesen Bescheid gedeckt. Auch ein nachträglich eingetretener "Wechsel" in der "Identität" des Bf vermag darin nichts zu ändern." Zum VwGH-Beschluß vom 15.3.1995 führte er dann im selben Erkenntnis aus, daß Vergleichbarkeit nicht bestehe, "weil es in jenem Fall um einen anders gelagerten Sachverhalt in einem Verfahren nach dem Asylgesetz ging."

Nach Auffassung des O.ö. Verwaltungssenates sind diese Ausführungen auch für das Ausweisungsverfahren gültig, zumal der Bf ebenfalls bereits in Haft war und für alle Beteiligten klar war, gegen wen sich das Fremdenverfahren richtet. Eine Vergleichbarkeit mit dem Asylverfahren findet der O.ö. Verwaltungssenat deshalb nicht, weil es im Asylverfahren um die individuelle Verfolgung und allfällige individuelle Mißhandlungen und Folter geht, die ganz persönlich nachzuweisen sind.

Es war daher die Beschwerde abzuweisen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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