RS UVS Oberösterreich 1996/07/11 VwSen-420110/16/Gf/Atz

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Veröffentlicht am 11.07.1996
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Rechtssatz

Nach Art.3 MRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Gemäß Art.10 Abs.1 MRK hat ua jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Nach Art.10 Abs.2 MRK kann diese jedoch - da die Ausübung solcher Freiheiten, Pflichten und Verantwortung mit sich bringt - bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind.

Zufolge Art.1 Abs.1 und 2 des B-VG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, ist in gleicher Weise das Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht schrankenlos gewährleistet, sondern einem Gesetzesvorbehalt unterstellt.

Soweit für den gegenständlichen Fall maßgeblich ordnet in Ausführung zu diesen Gesetzesvorbehalten zunächst § 81 Abs.1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991 (im folgenden: SPG), an, daß derjenige, der durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört, eine Verwaltungsübertretung begeht und mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen ist. Nach § 35 Z3 VStG dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Personen, die bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn diese trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharren oder sie zu wiederholen versuchen. Gemäß § 81 Abs.2 und 3 SPG ist jedoch von der Festnahme eines in der Begehung einer Ordnungsstörung Verharrenden abzusehen, wenn die Fortsetzung der Störung durch das gelindere Mittel der Wegweisung des Störers vom öffentlichen Ort oder durch die Sicherstellung von Sachen, die für die Wiederholung der Störung benötigt werden, verhindert werden kann. Daneben legt § 13 Abs.1 des Versammlungsgesetzes, BGBl. Nr. 98/1953, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 392/1968 (im folgenden: VersG), fest, daß eine Versammlung, die gegen die Vorschriften des VersG veranstaltet wird, von der Behörde zu untersagen und nach Umständen aufzulösen ist. Sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt wurde, sind nach § 14 Abs.1 VersG alle Anwesenden verpflichtet, den Versammlungsort zu verlassen und sogleich auseinanderzugehen. Gemäß § 14 Abs.2 VersG kann im Falle des Ungehorsams die Auflösung durch Anwendung von Zwangsmitteln in Vollzug gesetzt werden. Zufolge § 19 VersG sind Übertretungen dieses Gesetzes mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 5.000 S zu ahnden. Im vorliegenden Fall ist zunächst zu klären, ob die einschreitenden Organe ihr Vorgehen tatsächlich - wie die belangte Behörde meint - auf das SPG stützen konnten oder diese nicht vielmehr das VersG heranzuziehen gehabt hätten.

In diesem Zusammenhang ergibt sich schon aus Art.10 Abs.1 Z7 B-VG, daß das aufgrund des Einleitungsteiles dieses Kompetenztatbestandes ("Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit") basierende SPG zu jenen gesetzlichen Vorschriften über die sog. Verwaltungspolizei (darunter z.B. "Vereins- und Versammlungsrecht") im Verhältnis der Subsidiarität steht, also nach allgemein herrschender Auffassung stets nur dann zum Tragen kommen kann, wenn es nicht um die Besorgung einer besonderen verwaltungspolizeilichen Agende geht (vgl. zB L.K. Adamovich - B.C. Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3.A, Wien 1987, 161f). Ein aus ein und demselben Anlaß erfolgendes polizeiliches Einschreiten kann daher stets nicht zugleich sowohl auf das SPG und auf das VersG (oder ein sonstiges, eine besondere Verwaltungsmaterie ordnendes Gesetz), sondern richtigerweise nur entweder auf die eine oder die andere Vorschrift gestützt werden, und zwar so, daß jener die Verwaltungspolizei regelnde Vorschrift - sofern diese für den konkreten Sachverhalt überhaupt anwendbar ist; dann aber - gegenüber dem SPG stets der Vorrang zukommt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist unter einer Versammlung eine "Zusammenkunft mehrerer Menschen in der Absicht, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, zu verstehen, sodaß eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht. Eine Versammlung ist - m.a.W. ausgedrückt - das Zusammenkommen von Menschen (auch auf Straßen) zum gemeinsamen Zweck der Erörterung von Meinungen oder der Kundgabe von Meinungen an andere; keine Versammlung ist das bloß zufällige Zusammentreffen von Menschen" (vgl. zuletzt etwa VfSlg 12161/1989; siehe dazu näher auch H.

Hofer-Zeni, Die Versammlungsfreiheit, in: Machacek-Pahr-Stadler, Grund- und Menschenrechte in Österreich, Bd. II, Kehl 1992, 359 ff). Daß der Zweck der Anwesenheit der sich selbst explizit als "Umweltschützer" bezeichnenden Beschwerdeführer auf der Kraftwerksbaustelle Lambach darin bestand, dadurch sowie durch die Ausübung "bloß passiven Widerstandes" gegen die zu erwartende zwangsweise behördliche Räumung gemeinsam mit gleichgesinnten Personen ihren Unwillen gegen die Realisierung dieses Projektes zu manifestieren, wurde von ihnen nie in Abrede gestellt. Damit lag aber auch die offenkundige Absicht vor, die anwesenden Gleichgesinnten im Sinne der vorangeführten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu einem gemeinsamen Wirken - nämlich die Fortführung von Bauarbeiten dadurch zu verhindern, daß die Baustelle durch relativ, d.h. in bezug auf ein voraussichtlich ohnehin sehr maßvolles Vorgehen der Sicherheitsorgane möglichst schwer lösbare Verbindungen (gegenseitiges kraftvolles Einhaken mit den Armen) aneinandergeketteter Personen blockiert wird - zu bringen. Daran vermag auch die Tatsache, daß "bloß" passiver Widerstand geübt wurde, nichts zu ändern, weil auch und gerade dadurch der beabsichtigte Zweck der zeitlichen Verzögerung effektiv in gleicher Weise erreicht wurde.

Es lag somit im Ergebnis eine Versammlung vor und die einschreitenden Organe wären daher gehalten gewesen, i.S.d. VersG - und nicht, wie tatsächlich geschehen, unter Berufung auf das SPG - vorzugehen.

Für die Beschwerdeführer ist allein daraus letztlich jedoch nichts gewonnen, weil gerade insoweit, als es jene Akte betrifft, durch die sich die Beschwerdeführer vorliegendenfalls als in ihren Rechten verletzt erachten, auch ein auf das VersG gestütztes Einschreiten ohnehin in identischer Weise vorzunehmen gewesen wäre:

Den Beschwerdeführern wäre nämlich lediglich anstelle des Vorwurfes, in einer Verletzung des § 81 Abs.1 SPG zu verharren, richtigerweise bloß vorzuhalten gewesen, eine Übertretung des § 19 VersG zu begehen. Für die sich daran jeweils knüpfende Festnahme zum Zweck der Vorführung vor die Behörde selbst sowie hinsichtlich deren zwangsweiser Durchsetzung - und ausschließlich dagegen wenden sich im gegenständlichen Fall ja die Beschwerdeführer - wäre aber in beiden Fällen ohnehin und ausschließlich jeweils die Bestimmung des § 35 Z3 VStG als tragend heranzuziehen gewesen (vgl. hiezu auch VwSen-420105 vom heutigen Tag).

War die Zulässigkeit der Anwendung von Zwangsmitteln sohin grundsätzlich jedenfalls gerechtfertigt, so bleibt im Folgenden noch zu prüfen, ob stets auch deren konkreter Einsatz im jeweiligen Einzelfall der Rechtslage entsprochen hat.

Da seitens der Sicherheitsorgane Dienstwaffen i.S.d. § 3 WaffGebG nicht zum Einsatz gebracht wurden, scheidet eine unmittelbare Heranziehung dieses Gesetzes zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Vorgangsweise von vornherein aus. Auch eine direkte Anwendbarkeit des § 50 SPG scheitert, und zwar schon deshalb, weil im gegenständlichen Fall - wie bereits dargetan - tatsächlich nicht eine sicherheits"polizei"liche i.S.d. § 3 SPG (wozu gemäß der Legaldefinition lediglich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht zählt; vgl. auch die Überschrift zum 3. Teil des SPG: "Befugnisse der Sicherheitsbehörden und der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen der Sicherheitspolizei"), sondern eine Agende der Sicherheits"verwaltung" gemäß § 2 Abs.2 SPG (hieher gehören ausdrücklich auch die Versammlungsangelegenheiten) zu besorgen war. Abgesehen davon ist aber ohnehin weder in diesen beiden noch auch in anderen gesetzlichen Vorschriften der Einsatz von Körperkraft im Zuge eines sicherheitsbehördlichen Einschreitens, insbesondere bei einer Festnahme, gesetzlich geregelt.

Man gelangt sohin letztlich zu dem Ergebnis, daß gesetzlich zwar explizit das "DASS" der Maßnahmensetzung normiert ist, daß § 35 VStG es aber darüber hinaus in gleicher Weise wie § 50 SPG oder § 14 Abs.2 VersG offen läßt, "WIE" hiebei im einzelnen konkret vorzugehen ist.

Obschon es sich hiebei grundsätzlich um eine - mit rechtsstaatlichen Maßstäben besehen - gravierende Lücke im Regelungssystem handelt (das Vorgehen der Exekutivbeamten beim Einsatz von Körperkraft - wie etwa der "Transportgriff", der "Festnahmegriff", o.ä. - ist lediglich durch einen internen Erlaß des Bundesministers für Inneres, damit aber nicht im Wege einer außenwirksamen, auch dem einzelnen Bürger zugänglichen Rechtssatzform geregelt; infolge des Nichtbestehens eines Weisungszusammenhanges vermag dieser auch keine Entscheidungsgrundlage für den unabhängigen Verwaltungssenat darzustellen), hat der Verfassungsgerichtshof letzlich mit seiner Entscheidung VfSlg 12501/1990 klargelegt, daß bzw. wie in Fällen kollidierender Grundrechtsansprüche (hier: Grundrecht der Meinungsäußerungs-, der Versammlungs-, der persönlichen Freiheit und jenes auf körperliche Integrität der Grundstücksbesetzer contra Grundrecht der Eigentumsfreiheit des Grundstücksbesitzers) ohne gleichzeitige eindeutige einfachgesetzliche Abgrenzungsnorm ein im Hinblick auf das Rechtsstaatsgebot des Art.18 Abs.1 B-VG verfassungswidriges Ergebnis zu vermeiden ist: In Konstellationen wie der vorliegenden ist bei verfassungskonform-teleologischer Interpretation eine - da die direkte Anwendbarkeit, wie zuvor dargetan, eben gehindert ist - analoge Heranziehung der tragenden Prinzipien des WaffGebG und des SPG geboten. Danach resultiert insbesondere aus den §§ 4 bis 6 WaffGebG, aber auch aus § 29 SPG der tragende Grundsatz, daß auch ein Einsatz von Körperkraft - wie er etwa zur Durchsetzung der Festnahme bei aktivem oder auch passivem Widerstand geboten ist - rechtlich zulässig ist, dieser dabei aber stets dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen muß; erlaubt ist in concreto die "jeweils gelindeste noch zum Ziel führende polizeiliche Maßnahme" (vgl. VfSlg 12501/1990, S 310). Alle Beschwerdeführer wenden sich ausschließlich dagegen, in gesetzwidriger Weise - im Sinne vorstehender Ausführungen in erster Linie gemeint: durch unverhältnismäßigen Einsatz von Körperkraft seitens der Sicherheitsorgane - festgenommen worden zu sein. Es ist allgemein unbestritten, ja geradezu denknotwendig, daß der Einsatz von Körperkraft - dieser war unerläßlich geworden, weil sich gelindere Mittel (wie insbesondere die mehrfache Aufforderung, freiwillig das Baustellengelände zu verlassen) für jedermann klar erkennbar letztlich als völlig ineffektiv erwiesen hatten; die Beschwerdeführer legten (und legen) es nach dem Gesamteindruck des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vielmehr offensichtlich darauf an, gewaltsam durch Sicherheitskräfte vom Vorfallsort entfernt werden zu müssen, und zwar einerseits (wie die von ihnen vorsorglich und ausschließlich zu Beweissicherungszwecken mitgeführten Fotoapparate belegen) in der (angesichts der diffizilen Rechtslage jedenfalls nicht von vornherein unbegründeten) Hoffnung, daß sich hiebei zumindest im Detailbereich Rechtswidrigkeiten ereignen, und andererseits zu dem Zweck, um in der Öffentlichkeit entsprechendes Aufsehen zu erregen - bei einer solcherart betroffenen Person in irgendeiner Form körperliche Schmerzen verursacht und diese dabei offenkundig umso intensiver erscheinen müssen, je größer der entgegengesetzte Widerstand und damit auch der zu seiner Überwindung erforderliche Kraftaufwand ist. Erweist sich daher seitens der staatlichen Organe der Einsatz von Körperkraft zum Zweck der zwangsweisen Durchsetzung der Festnahme - wie zuvor dargetan - grundsätzlich als rechtlich zulässig, so ist damit aber auch ein dadurch beim Festgenommenen verursachter körperlicher Schmerz solange nicht rechtswidrig, als dieser im eben beschriebenen Sinne adäquat ist, also bloß aus dem zur Überwindung des Widerstandes unbedingt erforderlichen Kraftaufwand resultiert. Wie das Verfahren ergeben hat, waren die sog. Festhalte- und Transportgriffe samt den diese vorbereitenden Handlungen (verschiedentliches Eindrücken der Daumen in den Hals und Anlegen der Hände auf Stirn und Kinn, um auf diese Weise den Kopf aus der Verschränkung mit den Knien lösen sowie diesen sodann nach hinten drücken zu können und damit schließlich den Hals zum Anlegen des Unterarmes freizubekommen) unerläßlich, um die konsequent in einer Verwaltungsübertretung verharrenden und sich jeglicher sonstigen Entfernungsaufforderung oder -handlung verweigernden Beschwerdeführer effektiv vom Baustellenort zu verbringen. Der O.ö. Verwaltungssenat kann daher nicht finden, daß diese Maßnahmen, im besonderen die durch sie allenfalls verursachten körperlichen Schmerzen (Druckschmerzen im Nacken-, Schulter- und Oberarmbereich; Hämatome; siehe hiezu etwa die Atteste des praktischen Arztes Dr. W. G. vom 1.4. 1996 betreffend die Beschwerdeführerinnen D. M. und M. P.) in rechtswidriger, d.h. dem Verhältnismäßigkeitsprinzip widersprechender Weise gesetzt wurden bzw. gar - dem Beschwerdevorbringen zufolge - eine erniedrigende oder unmenschliche Behandlung i.S.d. Art.3 MRK darstellten. Auch das Anlegen der Handfesseln bei den Beschwerdeführern F. S. und H. G., die zuerst aus der Menschenkette herausgelöst wurden, war aus gleichermaßen präventiven sowie demonstrativen Gründen erforderlich und zeigte schließlich auch tatsächlich insofern einen unmittelbaren Erfolg, als die restlichen Beschwerdeführer hierauf bereits ohne derartige Maßnahme zu den Dienstfahrzeugen geleitet werden konnten. Eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprechende bzw. dem Beschwerdevorbringen zufolge erniedrigende oder unmenschliche Behandlung i.S.d. Art.3 MRK ist darin somit gleichfalls nicht zu erkennen.

Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer H. G. - wie aus der Videodokumentation des LGK für OÖ zu ersehen ist - auch mehrfach an seinen Haaren gezerrt, und zwar zunächst zu dem Zweck, um seinem Kopf in den Nacken zu drücken bzw. ziehen und so den Hals zum Anlegen des Festhaltegriffes freizubekommen und schließlich deshalb, um ihm am Boden liegend beim Anlegen der Handfesseln den Kopf zu fixieren. Diese Maßnahme - nämlich schon allein das Zerren bei den Haaren (darüber zu befinden, ob bzw. in welchem Ausmaß ihm hiedurch auch Haare ausgerissen wurden und so schuldhaft eine Körperverletzung entstanden ist, fällt hingegen von vornherein nicht in den Kompetenzbereich des O.ö. Verwaltungssenates) - läßt sich im Ergebnis nicht rechtfertigen: Denn zum einen zeigte sich - ohne daß insoweit im Verhalten des H. G. ein auffälliger Unterschied erkennbar gewesen wäre, der bei ihm eine gleichartige Vorgangsweise verunmöglicht hätte - bei den anderen Beschwerdeführern, daß bereits durch ein Drücken mit den Daumen in den Hals bzw. Anlegen der Hände auf Stirn und Kinn, also im Wege gelinderer Mittel, ein Freibekommen des Halses und damit die Ausführung des Festnahmegriffes zu erreichen ist und auf der anderen Seite wäre die Fixierung des Kopfes beim Anlegen der Handfesseln an dem bereits am Boden liegenden und bereits von zwei anderen Gendarmeriebeamten festgehaltenen Beschwerdeführer überhaupt entbehrlich gewesen.

Insoweit wurde daher das Verhältnismäßigkeitsprinzip offenkundig verletzt bzw. lag im Sinne der Beschwerdeausführungen tatsächlich eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung gemäß Art.3 MRK vor. Hinsichtlich des Beschwerdeführers M. P. ergibt sich aus der vom LGK für OÖ angefertigten Videodokumentation, daß er offenkundig deshalb zusätzlich an seiner Jacke in die Höhe gezogen werden mußte, weil er sich mehrfach - sobald die beiden ihn mit einem Griff unter jede Achselhöhle hochzuziehen versuchenden Beamten diesen in der Meinung, er werde nunmehr selbständig stehenbleiben, lockerten - wieder zusammensacken ließ, bis ihm auf diese Weise schließlich doch die Arme auf den Rücken gedreht und er so mittels Transportgriff zu den Dienstfahrzeugen gebracht werden konnte. Unter solchen Umständen und in Ermangelung gelinderer, aber in gleicher Weise probater Mittel kann der O.ö. Verwaltungssenat daher nicht finden, daß der Beschwerdeführer insoweit unmenschlich oder erniedrigend behandelt wurde.

Daß bzw. zu beurteilen, inwieweit hiedurch über das adäquate Ausmaß hinaus auch eine Körperverletzung schuldhaft verursacht wurde, fällt hingegen - wie bereits dargetan - nicht in den Zuständigkeitsbereich des O.ö. Verwaltungssenates.

Aus allen diesen vorangeführten Gründen erweisen sich daher die Festnahmen der Beschwerdeführer - mit Ausnahme des hiebei vorgenommenen Zerrens des Beschwerdeführers H. G. an seinen Haaren - im Ergebnis in allen Fällen sowohl dem Grunde als auch der Vorgangsweise nach als rechtmäßig.

Der Oö. Verwaltungssenat hatte sohin der Beschwerde des H. G. gemäß § 67c Abs. 4 AVG insofern stattzugeben, als das Zerren an seinen Haaren im Zuge der Festnahme als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig festzustellen war; ansonsten waren diese und die übrigen Beschwerden hingegen als unbegründet abzuweisen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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