RS UVS Oberösterreich 1996/07/12 VwSen-221340/3/Ki/Shn

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Veröffentlicht am 12.07.1996
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Rechtssatz

Laut ständiger Judikatur des VwGH kann unter Notstand iSd § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht (vgl VwGH vom 27.5.1987, 87/03/0112 ua). Allerdings wird der Begriff des Notstandes im verwaltungsstrafrechtlichen Sinne einer äußerst restriktiven Betrachtungsweise zu unterziehen sein. So betrachtet der VwGH einen Notstand nicht als gegeben, wenn damit nur eine wirtschaftliche Not oder die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung abgewendet werden soll (vgl VwGH 10.11.1988, 88/08/0056 ua). Wirtschaftliche Nachteile können sohin nur dann Notstand begründen, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedrohen (VwGH 26.5.1987, 86/17/0016).

Konkret hat jedoch der VwGH im Zusammenhang mit einem wasserpolizeilichen Auftrag akzeptiert, daß es, wenn etwa der vom Einstellungsauftrag betroffene Zustand offensichtlich schon einige Jahre währt, nach den Umständen des konkreten Falles in Abwägung der berührten Interessen vertretbar ist, diesen Zustand ungeachtet seiner Unerquicklichkeit auch für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens noch weiter bestehen zu lassen (VwGH 11.5.1992, AW 92/07/0013).

Im vorliegenden Fall war der konsenslose Zustand bereits seit Februar 1990 bekannt und es wurde gegen den Berufungswerber diesbezüglich ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt und auch rechtskräftig abgeschlossen. Offensichtlich zufolge dieses Strafverfahrens hat der Berufungswerber einen Antrag um gewerbebehördliche Genehmigung gestellt, dieses Verfahren ist zur Zeit noch nicht abgeschlossen.

Schon aus diesem Grunde erscheint es, obgleich der Berufungswerber die von ihm geschaffene Situation natürlich selbst zu vertreten hat, iSd obzitierten Erkenntnisses des VwGH vom 11. Mai 1992 unbillig, den Berufungswerber während des laufenden Administrativverfahrens hinsichtlich Genehmigung der Betriebsanlage nochmals zu bestrafen, obgleich zugestanden wird, daß dieser Umstand für sich noch keinen Notstand iSd § 6 VStG begründen würde. Dazu kommt jedoch, daß, von der Erstbehörde offensichtlich zur Kenntnis genommen, dem Berufungswerber keine Möglichkeit bekannt ist, wohin er seine in A abgestellten Lastkraftwagen und Anhänger bringen könnte und auch der BH R als Vollstreckungsbehörde selbst keine ausreichende Abstellfläche bekannt ist, wo die Fahrzeuge längerfristig abgestellt werden könnten.

Wenn auch im angesprochenen Erkenntnis des VwGH vom 11. Mai 1992 lediglich ein Administrativverfahren (wasserpolizeilicher Auftrag) angesprochen ist, so ist doch daraus abzuleiten, daß, wenn schon ein möglicherweise rechtswidriger Zustand für die Dauer des Verfahrens akzeptiert wird, dieser Umstand sich auch in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht auswirken muß, nämlich daß für die Zeit der akzeptierten Belassung dieses Zustandes auch die verwaltungsstrafrechtlichen Folgen ausgeschlossen sind, dh, daß letztlich eine Notstandssituation gegeben ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt daher die Auffassung, daß unter den dargelegten Umständen es für den Berufungswerber bis zum Abschluß des gewerbebehördlichen Verfahrens über seinen Antrag um Genehmigung der Betriebsanlage nicht zumutbar wäre, den Intentionen der Gewerbebehörde entsprechend den Kfz-Abstellplatz unter den vorliegenden Bedingungen aufzugeben. Demnach liegen Umstände vor, die die Strafbarkeit des Berufungswerbers ausschließen und es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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