RS UVS Oberösterreich 1996/07/24 VwSen-103553/11/Weg/Ri

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 24.07.1996
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Siehe dazu VfGH vom 10.10.1997, B 2859/96-9 Rechtssatz

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken ..., auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Aus dem Amtsblatt für das Eichwesen Nr.6/1990 wird die Zulassung des Alkomaten unter der Zahl 41483/90 abgehandelt. Unter Punkt g) auf Seite 440 ist festgehalten, daß eine Bestimmung der Atemalkoholkonzentration nur dann zulässig ist, wenn sichergestellt ist, daß die Testperson in einer Zeitspanne von mindestens 15 Minuten keine Flüssigkeiten, bzw. Nahrungs- oder Genußmittel, Medikamente oder dgl. zu sich genommen hat. Diese Verwendungsbestimmung stellt nach ihrem Rechtscharakter zumindest eine Auflage (wenn nicht sogar Bedingung) dar, unter der die Eichbehörde den begünstigenden Verwaltungsakt erließ und unter den, bei sonstigem Verstoß gegen das Maß- und Eichgesetz die meßtechnische Anwendung erfolgen darf. Die in Rede stehende Zulassungsurkunde des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen ist durch diverse Dienstanweisungen, die offenbar dem Inhalt dieser Zulassungsurkunde gerecht werden wollen, ausgeformt. So ist in diesen Dienstanweisungen (meist des Bundesministeriums für Inneres) festgehalten, daß mit der Messung erst begonnen werden darf, wenn zweifelsfrei gewährleistet ist, daß der Proband innerhalb der letzten 15 Minuten keine Handlungen gesetzt hat, die das Ergebnis beeinflussen könnten (zB Konsum von Speisen, Medikamenten, Alkohol oder sonstigen Getränken, Rauchen, Verwendung von Mundspray). Was die behauptete Konsumation des Alkohols in Form eines Schlußtrunkes betrifft, hätte der Berufungswerber bei der Amtshandlung auf diesen Umstand hinweisen müssen, was er aber nicht getan hat, im Gegenteil, er hat von einer Trinkzeit bis 2 Uhr gesprochen. Auch wenn diese Uhrzeit mit Ungenauigkeiten behaftet sein mag, so wäre doch bei der Befragung nach der Trinkzeit bei lebensnaher Betrachtungsweise ein Hinweis des Beschuldigten auf diesen Schlußtrunk mehr als angebracht gewesen, auch wenn er die Bedienungsanleitung nicht im Detail kennt. Der Berufungswerber hätte sich jedenfalls der Testung unterziehen müssen und hätte in einem allenfalls eingeleiteten Strafverfahren nach § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 zu seiner Verteidigung den Schlußtrunk vorbringen können. Nach dem oben geschilderten Sachverhalt ist davon auszugehen, daß das Straßenaufsichtsorgan mit der Testung der Atemluft noch 15 Minuten - gerechnet ab Rauchende - zugewartet hätte, ohne dies dem Beschuldigten allerdings mitgeteilt zu haben. Es ist zu prüfen, ob unter der ausgesprochenen Verweigerung ('unter diesen Umständen nicht') ein schuldhaftes und tatbildmäßiges Verhalten zu erblicken ist. Auch wenn der Beschuldigte in Kenntnis gesetzt worden war, daß durch das stattgehabte Rauchen das Alkomatergebnis verfälscht sein würde, stellt sein Verlangen nach einer möglicherweise die Nikotin- oder Teerreste neutralisierenden Mundspülung und die Äußerung 'unter diesen Umständen nicht' objektiv eine Verweigerung des Alkotests dar. Das Gendarmerieorgan war nicht verpflichtet, den Berufungswerber hinsichtlich der Bedienungsanleitung und hinsichtlich der ohnehin noch zuzuwartenden 15 Minuten aufzuklären. Bei der rechtlichen Würdigung des Gesamtszenarios und des als Verweigerung gewerteten Verhaltens des Berufungswerbers zumindest auf eine vorwerfbare Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs.1 VStG ist auf die Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt, daß ein tatbildmäßiger Sachverhalt verwirklicht werden könne, abzustellen. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen, daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig handelt der Täter folglich dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Der hier zu beurteilende Verkehrskreis ist jener der eine Lenkerprüfung absolviert habenden KFZ-Lenker. In der Prüfungsvorbereitung werden auch die Bestimmungen des § 5 StVO 1960 behandelt und wird in den Fahrschulen mitgeteilt, daß die Verweigerung des Alkotests strafbar ist. Der Berufungswerber hat sich somit nicht so verhalten, wie dies ein einsichtiger und besonnener KFZ-Lenker getan hätte, weshalb sein Verhalten zumindest fahrlässig ist.

Auch auf eine im Sinne des § 5 Abs.2 VStG entschuldigend wirkende Unkenntnis der Verwaltungsvorschriften kann sich der Beschuldigte aus obigen Gründen nicht berufen, auch nicht hinsichtlich der Bedienungsvorschriften, weil diesfalls bei jedem Alkotest vom Straßenaufsichtsorgan detailliert aufzuklären wäre, was in diesen nicht allgemein zugänglichen und somit nicht als bekannt voraussetzbaren Bedienungsvorschriften enthalten ist. Der Berufungswerber hat sohin sowohl objektiv als auch subjektiv das Tatbild des § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 verwirklicht und hat somit eine Verwaltungsübertretung nach diesen Gesetzesbestimmungen begangen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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