RS UVS Oberösterreich 1996/08/06 VwSen-320017/2/Kl/Rd

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Veröffentlicht am 06.08.1996
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Rechtssatz

Vorauszuschicken ist, daß gemäß § 1 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Der darin enthaltene Grundsatz "nullum crimen sine lege" bringt zum Ausdruck, daß maßgebliche Rechtslage jene im Zeitpunkt der Begehung der Tat ist. Dieser Grundsatz erfährt nur dann keine Anwendung, wenn zwischen Tatbegehung und Bestrafung eine Änderung der Rechtslage für den Täter günstiger ist, dh eine nach Art oder Maß mildere Strafdrohung vorsieht.

Es war daher die Rechtslage vor der Wiederverlautbarung des O.ö. NSchG 1982, welche am 1.6.1995 in Kraft getreten ist, somit das O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz - O.ö. NSchG 1982 idF O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 1994, LGBl. Nr. 2/1995, welche am 1.2.1995 in Kraft getreten ist, anzuwenden. Mit Bescheid der BH V vom 17.9.1992, Zl., wurde Herrn und Frau J und P H die naturschutzrechtliche Bewilligung für den Schotterabbau auf dem Grst.Nr.2654/1, KG P, Gemeinde O, nach Maßgabe des vorgelegten und als solches gekennzeichneten Projektes bei Einhaltung der in der Niederschrift vom 10.9.1992 unter Punkt 1 bis 7 angeführten Auflagen erteilt. Auflagepunkt 1 lautet:

"1. Der Schotterabbau hat projektgemäß zu erfolgen und hat sich ausdrücklich auf die im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Grundflächen zu beschränken".

Tatsache und auch vom Bw unbestritten ist jedoch, daß außerhalb des genehmigten Schotterabbaugebietes, nämlich auf einem 10 bis 15 m breiten Grundstreifen zwischen der Schottergrube und dem Güterweg S Schotter abgebaut wurde. In diesem Bereich wurde auch ein Teil des Gehölzstreifens gerodet. Diese Tätigkeiten bezogen sich auf das Grst.Nr. 2653 , KG P, und war somit nicht vom oa naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheid umfaßt, sodaß diese Tätigkeiten ohne naturschutzbehördliche Bewilligung durchgeführt wurden.

Bewilligungen sind Erlaubniserteilungen, von denen Gebrauch gemacht werden kann, aber nicht muß. In den Bescheiden aufgenommene Auflagen sind daher "bedingte Polizeibefehle", die erst dann wirksam werden, wenn der Bewilligungswerber von der eben erteilten Bewilligung Gebrauch macht (VwGH vom 21.11.1966, Slg. 7028A). Das Wesen von Auflagen besteht darin, daß die Verwaltungsbehörde in einem dem Hauptinhalt nach begünstigenden Bescheid belastende Gebote oder Verbote als Nebenbestimmungen aufnimmt, mit denen der Inhaber des Rechtes für den Fall der Gebrauchnahme zu einem bestimmten, im Wege der Vollstreckung erzwingbaren Tun oder Unterlassen verpflichtet wird (VwGH vom 20.3.1981, Zl. 04/0938/80). Aus der Zitierung dieser Judikatur ist abzuleiten, daß eine Auflage nur dann rechtens ist, wenn sie sich auf eine Bewilligung bezieht. Diese Bewilligung, durch welche eine Partei begünstigt wird, wird durch die Erteilung von Auflagen ihrem Inhalt nach eingeschränkt. Die dem Bw vorgeworfene Verwaltungsübertretung gründet sich auf der Übertretung des Auflagenpunktes 1. des oben genannten Bewilligungsbescheides. Diese so formulierte Auflage entspricht jedoch den oben angeführten Anforderungen einer gesetzmäßigen Auflage nicht: Durch den Auflagenpunkt 1. wird die dem Bw erteilte Bewilligung nicht eingeschränkt, wiederholt diese ja nur jenen Bescheidinhalt, der durch die Bewilligung selbst dem Bw zugesprochen wird. Bereits durch den naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheid ist klargestellt, daß das Schotterabbauprojekt gemäß dessen Spruch zu erfolgen hat. Bereits aus dem Spruch dieses Genehmigungsbescheides ist auch das Ausmaß des Schotterabbaues normiert. Die Nichteinhaltung einer gesetzwidrig ergangenen Bescheidauflage kann aber keine Strafbarkeit begründen, sodaß mit Aufhebung vorzugehen war. Eine Übertretung des Auflagenpunktes 1. kann sich nach seiner Formulierung nicht auf die oben angeführte naturschutzrechtliche Bewilligung beziehen, sondern stellt gerade darauf ab, daß entgegen, dh außerhalb der Bewilligung Arbeiten durchgeführt werden. Wenn aber der Schotterabbau nicht projektgemäß erfolgt und sich nicht auf die im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Grundflächen beschränkt, erfolgt dieser Schotterabbau auf Grundflächen, die von gegenständlicher Bewilligung nicht erfaßt sind, und somit ohne Bewilligung. Demgemäß wäre richtigerweise als Tat vorzuwerfen gewesen, daß der Bw Schotterabbaumaßnahmen auf dem Grundstück Nr. ohne naturschutzrechtliche Bewilligung getätigt hat, sodaß nach dem gegenständlichen Sachverhalt der Bw die Rechtsvorschrift des § 37 Abs.2 Z1 1. Halbsatz O.ö. NSchG 1982 verletzt hat. Diese Tat wurde dem Bw aber im gesamten Verfahren nicht vorgeworfen. Da somit im gesamten Verfahren eine entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt wurde, war es demnach auch dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, entsprechende Richtigstellungen zu treffen.

Zusätzlich ist anzuführen, daß im gesamten Verfahren der Tatzeitraum nicht in einem dem § 44a VStG entsprechenden Maß konkretisiert worden ist. Diesbezüglich wird dem Bw in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7.6.1995 vorgeworfen, daß er einen außerhalb des genehmigten Schotterabbaugebietes getätigten Schotterabbau "zumindest seit 23.5.1995" durchgeführt habe. Im angefochtenen Straferkenntnis ist demgegenüber als Tatzeitraum "im Mai 1995" angeführt. Der Bw selbst bringt in seiner Berufung vor, daß er nach Erhalt des Schreibens der BH V vom 23.5.1995, Zl., den Schotterabbau im Bereich des Gehölzstreifens nicht mehr weitergeführt habe.

Bei der rechtswidrigen Schotterabbautätigkeit des Bw handelt es sich zweifellos um ein fortgesetztes Delikt. Gerade im Hinblick auf die Verjährungsfristen wäre es in diesem Zusammenhang notwendig gewesen, eine exakte Konkretisierung des Tatzeitraums durchzuführen. Dementsprechend ist nach der ständigen Judikatur des VwGH der Tatzeitraum durch Angabe von Beginn und Ende zu konkretisieren. Schon aufgrund der Widersprüche im Verfahrensakt aber war eine eindeutige Konkretisierung (Einschränkung) nicht möglich.

Da im Ergebnis der Bw die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war iSd § 45 Abs.1 Z2 VStG von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, zumal eine weitere rechtswirksame Verfolgungshandlung in die obenaufgezeigte Richtung innerhalb der in § 31 Abs.2 VStG normierten Frist von sechs Monaten nicht erfolgte.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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