RS UVS Oberösterreich 1996/09/25 VwSen-310041/14/Le/La

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 25.09.1996
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Rechtssatz

Nach der Übergangsbestimmung des § 45 Abs.7 AWG in der ursprünglichen Fassung BGBl. 325/1990, besteht eine Genehmigungspflicht für Anlagen gem. § 29 Abs.1 Z6 nur für solche nicht genehmigte Anlagen, mit deren Projektierung oder Bau nach dem 1.7.1990 begonnen wird, oder für solche Änderungen bestehender Anlagen, durch die nach dem 1.7.1990 weitere Flächen in Anspruch genommen werden sollen.

Daraus wird ersichtlich, daß eine Genehmigungspflicht der vorgenommenen Aufschüttung in der Schottergrube auf Grundstück Nr. der KG I nach den Bestimmungen des § 29 Abs.1 Z6 AWG nicht besteht, weil

a)

vor dem 1.7.1990 mit dem Bau begonnen wurde,

b)

mit einer Projektierung vor dem 1.7.1990 (und im übrigen auch nachher nie) begonnen wurde und

 c) keine Änderung einer bestehenden Anlage vorliegt, weil die Auffüllung nie bewilligt wurde, obwohl sie (zumindest nach wasserrechtlichen, o.ö. abfallrechtlichen und gewerberechtlichen Bestimmungen bewilligungspflichtig gewesen wäre) und daher im Rechtssinne keine Anlage bestand.

Daher kann zur Beurteilung der Bewilligungspflicht der vorgenommenen Aufschüttungen aus dem Blickwinkel des § 29 Abs.1 Z6 AWG erst der Zustand herangezogen werden, der sich am 1.7.1990, also dem Datum des Inkrafttretens des AWG, geboten hat. Für zuvor verwirklichte Sachverhalte, nämlich Aufschüttungen, kann das AWG - mangels ausdrücklicher Anordnung einer rückwirkenden Geltung - nicht angewendet werden.

Diese Auffassung wird bestärkt durch die Lehre vom zeitlichen Geltungsbereich von Bundesgesetzen (s. hiezu etwa Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7.A, S 177ff):

Nach der ausdrücklichen Anordnung in Art.49 Abs.1 B-VG beginnt die verbindende Kraft von Bundesgesetzen nach Ablauf des Tages, an dem das Stück des Bundesgesetzblattes, das die Kundmachung enthält, herausgegeben und versendet wird, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird.

Zufolge der ausdrücklichen Anordnung in Art.VIII Abs.1 AWG trat dieses Gesetz in seinen wesentlichen Bestimmungen mit 1.7.1990 in Kraft (einzelne Bestimmungen, die jedoch für den vorliegenden Fall keine Bedeutung haben, traten sogar später in Kraft). Ein rückwirkendes Inkrafttreten des AWG wurde nur für den Fall des § 35 Abs.6 angeordet, welche Bestimmung aber hier nicht relevant ist. Das bedeutet, daß Sachverhalte, die sich ab dem 1.7.1990 ereignet haben, in den zeitlichen Rechtsbedingungsbereich des AWG fallen und daher (wenn auch die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind) nach den Bestimmungen des AWG zu beurteilen sind; dagegen können Sachverhalte, die sich vor dem 1.7.1990 ereignet haben, in Ermangelung einer (einfachgesetzlichen) Anordnung der Rückwirkung des AWG, nicht nach dem AWG beurteilt werden.

Diese Rechtslage, insbesonders die eindeutige Anordnung in § 45 Abs.7 AWG, hat zur Folge, daß die Aufschüttungen in der gegenständlichen Schottergrube, die vor dem 1.7.1990 stattfanden, nicht zur Beurteilung des Gesamtvolumens der Aufschüttungen (Ablagerungen) iSd § 29 Abs.1 Z6 AWG herangezogen werden dürfen. Es ist im nachhinein, vor allem in Ermangelung entsprechender Aufzeichnungen des Bw über die abgelagerten Abfallmengen, nicht exakt möglich, einerseits die Menge der bis 30.6.1990 und andererseits die Menge der ab 1.7.1990 abgelagerten Abfälle zu eruieren. Wenn man aber davon ausgeht, daß der Bw (nach eigenen Angaben) ca. 1982 begonnen hat, diese Grube aufzufüllen und die Ablagerung spätestens am 18.4.1995 (= vorgeworfener Tattag) (nach Angaben des Bw gegen Ende 1994) geendet hat, so ergibt sich ein Zeitraum von etwa 13 Jahren, in dem Schüttungen vorgenommen wurden. Davon entfallen im Mittel auf die erste Periode (= bis 30.6.1990) acht Jahre und auf die zweite Periode (ab 1.7.1990) knapp fünf Jahre.

Selbst wenn man das vom Bw für ihn günstigste Schüttvolumen von 220 x 170 x 5 m = 187.000 m3 annimmt, so verbleiben an vorgenommener Aufschüttung für den Zeitraum zwischen 1.7.1990 und 18.4.1995 ein Volumen von etwa 70.000 m3. (Tatsächlich dürfte der Wert aber noch darunter liegen, weil aus der im Gemeindeamt Auerbach aufliegenden Luftaufnahme aus dem Jahre 1976 ersichtlich ist, daß nicht auf der gesamten Fläche Schotterabbau betrieben wurde, sondern dazwischen "grüne Inseln", also erhabene Stellen, bestanden, die sohin nicht oder zumindest nicht 5 m hoch überschüttet werden konnten; überdies wurde in der mündlichen Verhandlung bekannt, daß bereits vor der faktischen Übernahme der Schottergrube durch den Bw dort verschiedene Abfälle abgelagert worden waren).

Damit haben die vom Bw ab 1.7.1990 vorgenommenen Aufschüttungen nicht das in § 29 Abs.1 Z6 AWG genannte Volumen von mindestens 100.000 m3 erreicht, weshalb eine Bewilligungspflicht nach dieser Bestimmung ausscheidet.

Das hat zur Folge, daß auch eine Strafbarkeit des Bw nach § 39 Abs.1 lit.a Z4 AWG ausscheidet, weil das Tatbestandsmerkmal der nach § 29 erforderlichen Bewilligungspflicht nicht erfüllt ist. Es ist daher das O.ö. AWG zur Beurteilung der Strafbarkeit des vorgeworfenen Verhaltens anzuwenden.

Nach § 42 Abs.1 Z1 lit.c O.ö. AWG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen mit Geldstrafe bis 500.000 S, wer

 c) entgegen § 22 Abs.1 bewilligungspflichtige Abfallbehandlungsanlagen ohne abfallrechtliche Bewilligung errichtet, betreibt oder wesentlich ändert.

Was der Landesgesetzgeber unter einer "Abfallbehandlungsanlage" versteht, ist in § 20 Abs.1 definiert. Gemäß Z4 leg.cit. gehören dazu auch Ablagerungsplätze, insbesondere Reststoffdeponien. Es handelt sich bei einer "Abfallbehandlungsanlage" somit um einen mehrschichtigen Begriff: Allen Arten von Abfallbehandlungsanlagen ist jedoch gemeinsam, daß in diesen Anlagen mit Abfällen umgegangen wird und diese (in unterschiedlicher Intensität) behandelt werden. Unter einer solchen "Behandlung" ist gemäß § 2 Abs.3 Z2 lit.b O.ö. AWG auch die "Ablagerung" als "Deponierung auf Dauer, nicht jedoch die bloß vorübergehende Lagerung" zu verstehen.

Genau dies geschah jedoch in der ehemaligen Schottergrube auf Grundstück Nr. der KG I: Der Bw hat (zumindest) größere Mengen von natürlichem Bodenmaterial, wie Erde, Schotter und Steine, sohin sonstige Abfälle iSd § 2 Abs.7 Z3 O.ö. AWG, in der bezeichneten ehemaligen Schottergrube abgelagert mit dem Ziel, sich ihrer zu entledigen und diese dort zu belassen. Diese Belassungsabsicht ist auch dadurch erwiesen, daß der Bw selbst angegeben hat, diese Schottergrube auffüllen zu wollen.

Damit aber steht fest, daß es sich bei der durchgeführten Verwendung der Schottergrube um die Errichtung sowie den Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage in der Form eines Ablagerungsplatzes handelt.

Gemäß § 22 Abs.1 O.ö. AWG bedarf die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Abfallbehandlungsanlagen, unabhängig von Bewilligungen und Genehmigungen, die nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich sind, einer abfallrechtlichen Bewilligung.

Das O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990 ist am 1.1.1991 in Kraft getreten. In den Übergangsbestimmungen (§ 45 Abs.8 bis Abs.10) ist die Weitergeltung von Bewilligungen für Abfallbehandlungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle, die nach den Bestimmungen des O.ö. Abfallgesetzes bzw. der Gewerbeordnung erteilt worden waren, vorgesehen.

Aus dem vom unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführten Ermittlungsverfahren geht hervor, daß der Bw für die von ihm betriebene Abfallbehandlungsanlage weder eine Bewilligung nach dem O.ö. Abfallgesetz 1975 noch eine solche nach der Gewerbeordnung 1973 (noch eine solche nach dem Wasserrechtsgesetz 1959) hatte. Er wäre daher verhalten gewesen, entweder um die erforderliche abfallrechtliche Bewilligung iSd § 22 Abs.1 O.ö. AWG anzusuchen, oder den Betrieb der Anlage einzustellen.

Es steht aber unbestrittenermaßen fest, daß der Bw weder um die abfallrechtliche Bewilligung angesucht noch den Betrieb eingestellt hat; vielmehr hat er - wie er auch selbst ohne weiteres einräumt - die Ablagerungen fortgesetzt.

Hatte er schon bisher keine der erforderlichen Bewilligungen, so betrieb er ab dem Inkrafttreten des O.ö.AWG eine nach diesem Gesetz bewilligungspflichtige Abfallbehandlungsanlage, wobei diese aus abfallwirtschaftsrechtlicher Sicht als solche erst ab dem 1.1.1991 (mit den nachfolgenden Ablagerungen) anzusehen war. Damit aber hat der Bw alle objektiven Tatbestandsmerkmale der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

Der Bw stellte in seiner schriftlichen Berufung die Behauptung auf, daß er nicht als Betreiber dieser Anlage anzusehen sei, weil er lediglich gelegentlich eine Lkw-Fuhre Aushubmaterial auf dieses Grundstück gefahren habe.

Diese Behauptung steht im offenen Widerspruch zur Darstellung des Bw anläßlich der mündlichen Verhandlung, in der er ausdrücklich angegeben hatte, daß er in der Schottergrube das Abraummaterial aus seiner Schottergrube in Wagenham sowie das Aushubmaterial von seinen Baustellen (Künettenbau) abgelagert hat. Auf Seite 4 der Verhandlungsschrift ist die Aussage des Bw wiedergegeben, wonach pro Woche 50 bis 60 Lkw-Fuhren a 10 m3 eingebracht und in Summe sicherlich 100.000 bis 150.000 m3 abgelagert worden seien. Daraus und aus dem Umstand, daß der Bw sich mit Einverständnis des Grundeigentümers um die Ablagerung der Abfälle und um deren Anplanierung kümmerte und andere Personen von der Ablagerung ihrer Abfälle in dieser Grube nach Kräften ausschloß, kann wohl nicht ernstlich behauptet werden, daß der Bw nicht als Betreiber der Anlage anzusehen wäre.

Der Bw hat in seiner Berufung weiters vorgebracht, daß er bei der Zufahrt eine Tafel mit dem Hinweis, daß jede Ablagerung verboten sei, angebracht habe. Auch dies ist ein Indiz dafür, daß er als Betreiber der Anlage aufgetreten ist.

Wenn der Bw in diesem Zusammenhang angibt, daß Bauern mit Anhängern auf das Grundstück gefahren wären und dort Schutt abgelagert hätten und daran die Bemerkung anschließt, daß diese äußerst geringen Mengen jederzeit abtransportiert werden könnten, so muß ihm entgegengehalten werden, daß ein Abtransport derartiger Abfälle wohl nicht mehr möglich ist, weil diese Ablagerungen längst durch die von ihm vorgenommenen Ablagerungen und Einplanierungen nicht mehr auffindbar wären.

Kein Erfolg konnte dem Argument beschieden sein, daß die Verwaltungsstrafbehörde ihrer Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung zugrundezulegen hätte und seit Juni 1995 von ihm nichts mehr dort abgelagert werde. Es steht außer Zweifel, daß der Bw zumindest am vorgeworfenen Tattag 18.4.1995 die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage betrieben hat und daß am 4.9.1995 das O.ö. AWG in den maßgeblichen Bestimmungen unverändert in Kraft stand (und im übrigen auch jetzt noch in Kraft steht). Es ist ein unvermeidbares Wesensmerkmal des Strafrechtes, daß Straferkenntnisse zeitlich erst nach der Straftat erlassen werden. Aus diesem Grunde ist auch nur gefordert, daß die Tat sowohl zum Zeitpunkt ihrer Begehung als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses mit Strafe bedroht ist, wobei durch Lehre und Judikatur klargestellt ist, daß zwischenzeitig eingetretene Änderungen der Rechtslage nie zu Lasten des Beschuldigten gehen dürfen. Dieses Problem stellt sich im vorliegenden Verfahren jedoch ohnedies nicht.

Zur Verwirklichung der subjektiven Tatseite hat der Bw vorgebracht, daß ihn an der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe, weil er ohnedies im Jahre 1982 den damals zuständigen Naturschutzbeauftragten ROFR. Dipl.-Ing. G vor Beginn der Ablagerungen gefragt hätte. Dieser hätte ihm bekundet, daß er froh wäre, wenn diese Grube aufgefüllt würde. Für ihn sei diese Aussage von einem kompetenten Behördenorgan gekommen und - da ihn dieser zu einer Antragstellung um eine behördliche Bewilligung nicht aufgefordert hätte - so gut wie eine Bewilligung gewesen. Der vom Verwaltungssenat als Zeuge vernommene Dipl.-Ing. G bestätigte diese Aussage und verwies darauf, daß eine Auffüllung dieser Schottergrube, die sich in einem sehr ungeordneten Zustand befand und eine "Hypothek aus den 20er bis 30er-Jahren" darstellte, für ihn als Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz dringend geboten war. Es wäre ihm klar gewesen, daß eine Auffüllung mit Abraummaterial den Interessen des Landschaftsbildes förderlich war und keine Interessen verletzt wurden. Auf seinen Dienstreisen hätte er gelegentlich den Auffüllungsfortschritt beobachtet und dabei immer nur "braune Auffüllungen" gesehen, "keine weißen Plastikfetzen oder roten Bleche". Es wären auch nie Anrainerbeschwerden an ihn herangetragen worden. Der ehemalige Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz führte als Zeuge weiters aus, daß die Abfallgesetze damals (gemeint: 1982) noch nicht so streng waren und vor allem darauf geachtet wurde, daß offene Landschaftswunden beseitigt werden. Nachdem ihm der Bw anläßlich einer bergrechtlichen Verhandlung Ende 1995 mitgeteilt hätte, daß die Grube aufgefüllt sei, wäre er zur Grube hingefahren und hätte den Stand der Auffüllung für in Ordnung befunden. Den Auffüllungsfortschritt hätte er laufend kontrolliert, wobei er in den Jahren 1982 bis 1993 etwa 10 bis 20 mal an dieser Grube vorbeigefahren sei und diese von der Straße aus besichtigt hätte. Der Bw vermeint daher, auf Grund der positiven Stellungnahme des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz hätte er mit gutem Grund annehmen dürfen, daß damit keine weitere Bewilligung erforderlich wäre, sodaß ihn kein Verschulden an der angelasteten Verwaltungsübertretung treffen würde.

Diese Argumentation ist zwar aus der Sicht des Bw verständlich, sie entspricht jedoch nicht der geltenden Rechtslage:

Es ist unbestritten, daß der Bw das auf seinen Baustellen anfallende Aushubmaterial in dieser Schottergrube ablagern wollte. Er hat dabei wie ein Deponiebetreiber agiert, indem er die Zustimmung des Grundeigentümers einholte, sich vor der Ablagerung bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft (allerdings lediglich beim Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz) über die Zulässigkeit der Ablagerung informierte, und schließlich durch Ablagern der eigenen Abfälle und Einplanieren derselben diese Deponie betrieben hat. Dies geschah erwiesenermaßen auch am vorgeworfenen Tattag, wobei dies auch zu einem Zeitpunkt geschah, in dem ein Amtssachverständiger für Abfallwirtschaft auf dieser Fläche einen Lokalaugenschein vornahm. Der Bw hat auch nicht in Abrede gestellt, Ablagerungen von Abfällen durch andere Personen zu verhindern, indem er eine Tafel mit einem entsprechenden Hinweis auf ein Ablagerungsverbot aufgestellt hatte und mehrmals auch einen Wall rund um die Grube gezogen hätte. Es ist daher offensichtlich, daß der Bw diese Deponie in voller Absicht betrieben hat, sodaß ihm Verschulden in Form von (zumindest bedingtem) Vorsatz anzulasten ist.

Die Argumentation des Bw geht dahin, daß er einem entschuldbaren Rechtsirrtum unterlegen wäre, weil der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz für ihn rechtmäßiger Behördenvertreter gewesen sei und er daher davon hätte ausgehen können, daß die Ablagerungen bewilligt wären.

Damit wird der sogenannte Rechtsirrtum angesprochen, der in § 5 Abs.2 VStG gesetzlich geregelt ist. Demnach entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Es ist unbestritten, daß im Jahr 1982 das O.ö. AWG noch nicht in Geltung stand. Bewilligungspflichten, die sich damals nach anderen Gesetzen ergeben haben, stehen im vorliegenden Fall nicht zur Debatte, da die Erstbehörde als Tatzeit lediglich "zumindest" den 18.4.1995 fixiert hat. An diesem Tag galt das O.ö. AWG ohne jegliche Einschränkung, und zwar bereits seit beinahe viereinhalb Jahren.

Die Argumente des Bw bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungssenat bezogen sich im wesentlichen auf die Zeit des Beginns der Auffüllung der Grube im Jahr 1982. Aber nicht einmal für diese Zeit hätten die Argumente ausgereicht, weil schon damals eindeutig feststand, daß nach verschiedenen Gesetzen (zB Gewerbeordnung 1973, Wasserrechtsgesetz 1959 ua) Bewilligungen erforderlich waren. Allen diesen Bewilligungen ist gemeinsam, daß sie nur schriftlich erteilt werden konnten (und können); mündliche Bewilligungen galten (und gelten) nicht. Dies mußte dem Bw als Gewerbetreibenden klar sein, weil er als solcher verpflichtet war (und ist), sich über die ihn treffenden gesetzlichen Vorschriften ausreichende Kenntnisse zu verschaffen (siehe hiezu etwa Hauer-Laukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

 4. A, S 727 und die dort zitierte Judikatur; siehe auch VwGH vom 23.5.1990, 90/17/0004).

Es hätte daher dem Bw als Gewerbetreibenden und Bauunternehmer schon damals klar sein müssen, daß die Aussage des Bezirksbeauftragten für Naturschutz, daß dieser froh wäre, wenn dieser Schandfleck beseitigt würde, keine behördliche Bewilligung sein konnte bzw. eine solche nicht ersetzen konnte. Als Gewerbetreibender hätte er aus anderen behördlichen Verfahren wissen müssen, daß um eine Bewilligung bei der Behörde schriftlich unter Vorlage eines Projektes angesucht werden muß, daß daraufhin eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird und ein schriftlicher Bescheid erlassen wird.

Keinesfalls konnte der Bw davon ausgehen, daß diese mündliche Erklärung des Naturschutzbeauftragten eine für alle Zukunft geltende Bewilligung einer in Betrieb befindlichen Deponie wäre. Der Bw hat nicht bestritten, seit 1982 in der fraglichen Schottergrube seine Abfälle in Form von Aushubmaterial abzulagern. Dies tat er auch noch nach dem 1.7.1990, als das Abfallwirtschaftsgesetz (des Bundes) in Kraft trat und auch noch nach dem Inkrafttreten des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 am 1.1.1991. Gerade diese beiden Gesetze brachten eine deutliche Verschärfung der Umweltgesetzgebung, worüber auch in den Medien, insbesondere in Zeitungen und auch in den Kammernachrichten, ausführlich berichtet wurde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte dem Bw klar werden müssen, daß er für die von ihm vorgenommenen Ablagerungen in dieser ehemaligen Schottergrube keine Bewilligung hat und daß eine solche nach dem geltenden Abfallwirtschaftsrecht nunmehr erforderlich ist.

Er hätte daher als gewissenhafter Unternehmer und Gewerbetreibender bei der zuständigen Behörde Erkundigungen einholen müssen, ob die von ihm seit Jahren vorgenommenen und auch für die Zukunft beabsichtigten Ablagerungen einer Bewilligungspflicht nach dem Abfallwirtschaftsrecht unterliegen. Solche Erkundigungen hat der Bw jedoch nach eigenen Aussagen weder bei der Behörde noch beim Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz, Herrn Dipl.-Ing. G, eingeholt.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß sich der Bw als Gewerbetreibender wohl nicht einmal im Jahr 1982 auf "entschuldbaren Rechtsirrtum" berufen hätte können, weil einer mündlichen Aussage des Bezirksbeauftragten für Naturschutz keine Bescheidqualität hinsichtlich der Errichtung einer Abfallbehandlungsanlage zuerkannt werden kann und diese Einsicht einem Unternehmer wohl zuzumuten ist.

Mit Sicherheit ist jedoch ein entschuldbarer Rechtsirrtum für die vorgeworfene Tatzeit "zumindest am 18.4.1995" auszuschließen, weil in diesem Zeitpunkt das O.ö. AWG bereits seit mehr als 4 Jahren in Kraft stand und der Bw als Gewerbetreibender verpflichtet war, sich über die ihn treffenden gesetzlichen Verpflichtungen zu informieren. Daß er das dennoch nicht getan hat, kann ihn jedoch nicht entschuldigen.

Völlig haltlos erweist sich die Ansicht des Bw, daß die im Jahre 1982 erteilte mündliche Auskunft eines Naturschutzbeauftragten für die gesamte Dauer des Betriebes einer Abfallbehandlungsanlage als Bewilligung gelten sollte: Gerade im Umweltrechtsbereich ist es üblich, daß jede Änderung der Rechtslage auch in bestehende Bewilligungen eingreift, um die Möglichkeit zu eröffnen, die Anlage dem Stand der Technik anzupassen.

Gemäß § 62 Abs.4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen ... beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde das verfahrensgegenständliche Grundstück zu unrecht mit der Nr. 28 bezeichnet. Es ist jedoch unbestritten und auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9.8.1995 richtig vorgeworfen, daß das Grundstück Nr. 820 in Wahrheit gemeint war. Dies ergibt sich auch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses. Es handelte sich somit offensichtlich um einen Hörfehler beim Diktat und somit um einen Schreibfehler, der von Amts wegen zu berichtigen war.

Das O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz sieht für Verwaltungsübertretungen der gegenständlichen Art eine Höchststrafe von 500.000 S vor; eine Mindeststrafe ist nicht bestimmt.

Daraus ist ersichtlich, daß der Landesgesetzgeber Verwaltungsübertretungen der gegenständlichen Art einen sehr hohen Unrechtsgehalt beimißt. Dies ist daraus erklärbar, daß durch konsenslose und ungeordnete Ablagerungen von Abfällen in der Vergangenheit zahlreiche Altlasten entstanden sind, die gegenwärtig und künftighin die Umwelt beeinträchtigen bzw. gefährden und deren Sicherung und Sanierung Unsummen von zumeist öffentlichen Geldern verschlingt bzw. verschlingen wird. Um solche Verunreinigungen künftig hintanhalten zu können, hat der Landesgesetzgeber eine Bewilligung in schriftlicher Bescheidform (§ 26 Abs.1 O.ö. AWG) für die Errichtung und den Betrieb von Abfallbehandlungsanlagen vorgesehen, in der unter anderem die Betriebsweise und die erforderlichen Anlagenteile festgelegt werden; darüber hinaus sind die Pflichten der Anlagenbetreiber festgelegt worden, wobei unter anderem von diesen Aufzeichnungen über Art, Menge, Herkunft, Weitergabe oder Behandlung der Abfälle in Form eines Betriebstagebuches zu führen sind. Überdies unterliegt der Betrieb von Abfallbehandlungsanlagen der ständigen Aufsicht durch die Landesregierung und durch die Bewilligungsbehörde.

Diesen Anforderungen und Kontrollen ist der Bw ausgewichen, indem er die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage ohne Bewilligung betrieben hat.

Es ist daher das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung der Interessen einer geordneten Abfallentsorgung nicht konkretisierbar: Einerseits haben sowohl der Zeuge Dipl.-Ing. G als auch der Amtssachverständige für Abfallwirtschaft ausgesagt bzw. festgestellt, daß außer sehr geringen Mengen von Bauschutt nur Erde und Schotter abgelagert worden sei, andererseits ist aus dem Schreiben des Grundeigentümers Haagn vom 6.6.1990, verfaßt auf Grund von Anrainerbeschwerden, entnehmbar, daß auch "Müll und sonstiger Abfall" abgelagert wurde. Der Bw hat schließlich selbst angegeben, daß vor Beginn der Schüttung durch ihn bereits ca. 1/3 der Grube als "wilde Deponie" verwendet worden sei und daß auch später von Bauern Bauschutt abgelagert worden sei. Ob er diese fremden Abfälle entfernt oder einfach überschüttet hat, hat der Bw nicht dargetan.

Selbst wenn der Bw selbst keine anderen Abfälle als Erde und Schotter abgelagert hat, was ihm auch gar nicht unterstellt werden soll, so stellt doch der konsenslose Betrieb einer Deponie ohne entsprechender Eingangskontrolle und Überwachung eine potentielle Gefährdung der Umwelt dar, zumal nach allgemeiner Lebenserfahrung derartige Flächen häufig für illegale "Entsorgungen" verwendet werden.

Unter diesem Gesichtspunkt wäre daher die verhängte Strafe durchaus der Höhe nach als angemessen zu bezeichnen.

Dazu kommt, daß der Bw über Jahre weg praktisch keine Entsorgungkosten hatte und sich auch die Kosten für die Einrichtung einer geordneten Deponie erspart hat.

Schließlich wirkt die vorsätzliche Begehung als straferschwerend. Dagegen ist als strafmildernd zu berücksichtigen, daß der Bw aktenkundig unbescholten ist.

Einen weiteren Grund für eine angemessene Herabsetzung der verhängten Strafe sieht der O.ö. Verwaltungssenat darin, daß die Erstbehörde den Tatzeitraum sehr kurz angesetzt hat. Obwohl bereits im erstinstanzlichen Verfahren hervorgekommen ist, daß der Bw die verfahrensgegenständliche Abfallbehandlungsanlage seit Jahren betreibt, wurde ihm lediglich vorgeworfen, die Abfallbehandlungsanlage "zumindest am 18.4.1995" betrieben zu haben. Damit wurde dem Bw streng genommen nur ein Tag, höchstens einige wenige Tage, an Tatzeit vorgeworfen. In dieser kurzen Zeit ist der - zwar grundsätzlich sehr hohe - Unrechtsgehalt des konsenslosen Betreibens einer Abfallbehandlungsanlage aber nicht in dem Ausmaß verwirklicht, daß die Verhängung von bereits 10 % der vorgesehenen Höchststrafe gerechtfertigt wäre. Dazu kommt, daß die Deponie nach der Darstellung des Zeugen Dipl.-Ing. G, dem Befund des Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft und auch nach den eigenen Feststellungen des O.ö. Verwaltungssenates an Ort und Stelle einen geordneten Eindruck hinterließ.

Der Bw hat seine Berufung gegen die Strafbemessung auch damit begründet, daß er vor einem Jahr eine Schotterwaschanlage um rund 10 Millionen Schilling gekauft hätte und sich der Schuldendienst für den dazu aufgenommenen Kredit auf monatlich gut 100.000 S belaufe. Er verwende jeden verbleibenden Gewinn für die Schuldentilgung und erschöpfe sich sein Einkommen in geringen Privatentnahmen von monatlich rund 6.000 S, welche allein der Deckung der Lebenserhaltungskosten dienen.

Mit diesem Hinweis auf die geringen Privatentnahmen vermag der Bw jedoch keine schlechte Einkommenssituation darzulegen, zumal er nicht bekannt gab, wieviel er tatsächlich entnehmen könnte. Der Schätzung der Erstbehörde (monatliches Nettoeinkommen von ca. 30.000 S) ist daher nicht wirksam entgegengetreten worden. Überdies hat der Bw der Annahme der Erstbehörde hinsichtlich seiner Vermögensverhältnisse (Vermögen von 1 Million Schilling) sowie seinen Sorgepflichten (keine Sorgepflichten) nicht widersprochen. Es ist daher davon auszugehen, daß diese Annahmen der Erstbehörde richtig sind.

In Ansehung der Strafzumessungsgründe und des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit konnte daher mit einer der Höhe nach reduzierten Strafe das Auslangen gefunden werden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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