RS UVS Oberösterreich 1996/10/03 VwSen-300047/2/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 03.10.1996
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Rechtssatz

Gemäß § 16 Abs.1 Z1 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 16 Abs.2 leg.cit. mit Geldstrafe bis S 100.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen, wer eine verbotene Veranstaltung durchführt (§ 14) oder in seiner Betriebsstätte bzw. mit seinen Betriebseinrichtungen duldet.

Nach § 14 Z4 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 ist die Durchführung von bewilligungspflichtigen Veranstaltungen ohne Bewilligung (§ 2 Abs.1) oder entgegen einer behördlichen Untersagung der Ausübung der Bewilligung oder trotz einer Entziehung der Bewilligung (§ 11 Abs.2) verboten.

Nach § 14 Z5 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 ist die Durchführung von anzeigepflichtigen Veranstaltungen ohne rechtzeitige Anzeige oder entgegen einer behördlichen Untersagung (§ 2 Abs.2) verboten. Gemäß § 2 Abs.1 erster Satz O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 ist zur erwerbsmäßigen Durchführung von Veranstaltungen eine Bewilligung der Behörde erforderlich.

Nach § 2 Abs.2 erster Halbsatz leg.cit. bedürfen Veranstaltungen,

1.

denen keine Erwerbsabsicht des Veranstalters zugrundeliegt, oder

2.

mit denen auschließlich kulturelle oder sportliche Zwecke oder Zwecke der allgemeinen Jugend- oder Erwachsenenbildung verfolgt werden,

keiner Bewilligung. Solche Veranstaltungen sind nach dem nächsten Halbsatz der Behörde so rechtzeitig anzuzeigen, daß noch vor ihrer Durchführung festgestellt werden kann, ob die Veranstaltung im überwiegenden Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit oder des Umweltschutzes Beschränkungen zu unterwerfen oder überhaupt zu untersagen ist.

Der Bericht des Ausschusses für allgemeine innere Angelegenheiten zur Novelle LGBl. Nr. 30/1995 (vgl Blg 553/1995 O.ö.LT 26. GP, 6) führt zu § 2 Abs.2 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 aus, daß jene Veranstaltungen, für die Eintrittsgeld eingehoben wird oder sonstige vermögensrechtliche Leistungen von Besuchern zu erbringen sind, als erwerbsmäßig gelten würden. Die Erwerbsabsicht des Veranstalters wäre in der bisherigen Rechtsauslegung bei drei Gruppen von Veranstaltungen verneint worden. In der Folge werden sinngemäß Volksbildungsveranstaltungen, Veranstaltungen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften und Sportveranstaltungen angeführt. Es stünde außer Zweifel, daß Jugend-, Erwachsenenbildungs-, Kultur- und Sportveranstaltungen der Gebietskörperschaften, der juristischen Personen öffentlichen Rechts, der Kulturvereinigungen, der Sportvereine usw., deren Zweck ausschließlich in der Pflege und Förderung volksbildnerischen und kulturellen Gedankengutes liegt, sowie jene Veranstaltungen, die der Austragung von sportlichen Wettkämpfen dienen, in aller Regel nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet seien und die Einhebung von Eintrittsgeldern, Regiekostenbeiträgen, Nenngeldern und dgl., nur zur (teilweisen) Deckung der Veranstaltungskosten vorgenommen werde. Diese Veranstaltungen ohne Erwerbsabsicht wären schon bisher nur anzeigepflichtig gewesen, weshalb die Neufassung des § 2 Abs.2 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 nur der Klarstellung diente. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage der Erwerbsmäßigkeit betont (vgl VwGH 29.9.1993, 93/02/0094), daß das

O.ö. Veranstaltungsgesetz nicht bloß auf die Entgeltlichkeit der Teilnahme an einer Veranstaltung abstellt. Daraus kann auf eine Erwerbsabsicht des Veranstalters noch nicht geschlossen werden. Die Intentionen des Veranstalters können nämlich auf die (teilweise) Deckung der Aufwendungen durch die eingehobenen Eintrittsgelder (Kostenbeiträge) und nicht auf die Erzielung eines Ertrages oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteils gerichtet sein. Kostenbeiträge sollen dann nur die Minderung des Vereinsvermögens in Grenzen halten. Zur Gewinnabsicht im Gewerberecht vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur die gleiche Ansicht (vgl Judikaturnachweise bei Kobzina/Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994,

 3. A (1994), 50, E 6 ff zu § 1 Abs.2).

Andererseits ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl Kobzina/Hrdlicka, aaO 49, E 3 zu § 1 Abs.2) für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit die Erzielung eines unmittelbaren Ertrages kein essentielles Erfordernis. Ertragserzielungsabsicht liegt auch vor, wenn eine Tätigkeit der Erreichung des mit dem Gewerbebetrieb verbundenen geschäftlichen Zieles dient. Es genügt daher bereits die Absicht, einen bloß mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen (vgl VwGH 22.4.1994, 94/02/0098). § 1 Abs.6 GewO 1994 bestimmt außerdem für ideelle Vereine nach dem Vereinsgesetz 1951, daß die Ertragserzielungsabsicht auch dann vorliegt, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebs aufweist und auf mittelbare oder unmittelbare Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist. Auch wenn der Verein den erwirtschafteten Gewinn der Verwirklichung des ideellen Zweckes widmet, bedarf er einer Gewerbeberechtigung, weil es gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 auf diese Zweckwidmung nicht ankommt.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sind diese Grundsätze nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates auch für die Auslegung des Begriffs der Erwerbsabsicht nach dem O.ö. Veranstaltungsgesetz maßgeblich. Den Materialien zur Urfassung des O.ö. Veranstaltungsgesetzes (LGBl. Nr. 7/1955) sind keine Hinweise für eine besondere Auslegung der erwerbsmäßigen Durchführung von Veranstaltungen zu entnehmen. Im Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses betreffend das Gesetz über das Veranstaltungswesen ist nur die Rede von der Beurteilung in zweifacher Hinsicht, nämlich in wirtschaftlicher und polizeilicher. Veranstaltungen in Erwerbsabsicht müßten sowohl in der einen als auch in der anderen Hinsicht beurteilt werden, weshalb eine Bewilligungspflicht (Genehmigungsprinzip) vorgesehen wurde. Da bei nichterwerbsmäßigen Veranstaltungen eine bedeutend geringere Wahrscheinlichkeit bestünde, daß polizeiliches Einschreiten erforderlich ist, sah der Landesgesetzgeber insofern im § 2 Abs.2 O.ö. Veranstaltungsgesetz lediglich ein modifiziertes Untersagungsprinzip vor (vgl AB Blg 442/1954 O.ö. LT 17 GP).

Im vorliegenden Fall ist dem Bw zwar zuzubilligen, daß die belangte Behörde allein aus der Entgeltlichkeit der Teilnahme am Rockkonzert noch nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht schließen durfte. Allerdings folgt entgegen der Darstellung der Berufung aus den niederschriftlichen Angaben des Bw vom 15.9.1995 am Gendarmerieposten S die Erwerbsabsicht für die gegenständlich inkriminierte Veranstaltung. Der Bw hat selbst erklärt: "Auch wollten wir, daß diesmal etwas übrigbleibt, damit wir defizitäre Veranstaltungen ausgleichen konnten." Die Statuten nennen im Punkt

 3) als Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes neben Mitgliedsbeiträgen und Spenden auch Erträge aus Veranstaltungen. Im Sinne der oben dargelegten Begriffsbildung zur erwerbsmäßigen Durchführung einer Veranstaltung war die Erwerbsabsicht auch dann anzunehmen, wenn der Ertrag dem Vereinszweck dienen und nur zum Ausgleich von Verlusten aus anderen Veranstaltungen verwendet werden sollte. Daß der Bw oder andere Vereinsmitglieder keinen persönlichen Gewinn erzielten, war kein maßgebliches Kriterium. Dennoch ist die Berufung im Ergebnis berechtigt. Der unabhängige Verwaltungssenat ist nämlich der Ansicht, daß durch die geänderte Fassung des § 2 Abs 2 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 entgegen der Darstellung im Ausschußbericht zur Veranstaltungsgesetznovelle LGBl. Nr. 30/1995 nicht bloß eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage vorgenommen wurde, wonach Bildungs-, Kultur- und Sportveranstaltungen in aller Regel nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet seien. Vielmehr kennt der novellierte Gesetzestext im § 2 Abs.2 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 nunmehr zum Unterschied von der früheren Fassung zweierlei Ausnahmen von der Bewilligungspflicht. Der Ausnahme für Veranstaltungen ohne Erwerbsabsicht stellt das Gesetz als weitere Ausnahmen alternativ solche Veranstaltungen, mit denen auschließlich kulturelle oder sportliche Zwecke oder Zwecke der Jugend- oder Erwachsenenfortbildung verfolgt werden, gegenüber. Daß dieses Ergebnis schon aus der Auslegung des Begriffs der Erwerbsabsicht folge - wie der Ausschußbericht und auch die Regierungsvorlage (vgl Blg 474/1994 O.ö. LT 26. GP, 5f) meinen - kann der O.ö. Verwaltungssenat nicht erkennen. Weder im allgemeinen noch aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann abgeleitet werden, daß Veranstaltungen, die gemeinnützigen oder kulturellen Zwecken dienen, nicht dennoch in Erwerbsabsicht durchgeführt werden können. Seit der Gewerberechtsnovelle 1988 besteht im § 1 Abs.6 GewO sogar eine gesetzliche Vermutung für Idealvereine betreffend die Frage der Ertragserzielungsabsicht.

Entsprechend dem Grundsatz, daß einer gesetzlichen Regelung im Zweifel eine normative Bedeutung beigemessen werden muß, versteht der unabhängige Verwaltungssenat daher die Neuregelung des § 2 Abs.2 erster Halbsatz O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 in der Weise, daß es für die Bewilligungsfreiheit nach der Z2, die im Gegensatz zu der nach der Z1 gerade nicht auf das Erfordernis der fehlenden Erwerbsabsicht abstellt, nur auf die privilegierte Zweckwidmung der Veranstaltung ankommt. Dementsprechend erscheinen Veranstaltungen, mit denen ausschließlich volksbildende, kulturelle oder sportliche Zwecke verfolgt werden, ohne Rücksicht auf eine allfällige Erwerbsabsicht bei Durchführung einer einzelnen Veranstaltung als begünstigt. Bei dieser Auslegung schadet es nicht, wenn bei einzelnen im ideelen Vereinsinteresse durchgeführten Veranstaltungen ein Ertrag angestrebt und erzielt wird, um Verluste aus anderen solchen Veranstaltungen auszugleichen oder um für künftige Veranstaltungen, die ausschließlich begünstigten Zwecken dienen sollen, finanzielle Reserven (Rücklagen) aufzubauen. Dieser realitätsnahe Ansatz, der auf einer scharfen begrifflichen Unterscheidung der gesetzlichen Ausnahmen beruht, vermeidet die unnötige und fragwürdige "Überinterpretation" der Erwerbsabsicht in den Materialien und hat auch den Gesetzeswortlaut für sich. Bei dieser gesetzlichen Ausgangslage war das vom gegenständlichen Verein "D" Musik und Kulturinitiative St. M., einem Idealverein zur Förderung und Verbreitung von zeitgenössischer Kunst, insbesondere anspruchsvoller Musik (vgl Punkt 2 der Statuten), veranstaltete Rockkonzert zwar eine anzeigepflichtige, aber keine bewilligungspflichtige Veranstaltung. Das Rockkonzert diente nämlich ausschließlich dem ideellen Vereinszweck zur Verbreitung zeitgenössischer Musik und damit einem begünstigten kulturellen Zweck iSd § 2 Abs.2 Z2 O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992. Auch der dabei allenfalls erzielte Ertrag sollte ausschließlich dem Vereinszweck zugute kommen und nicht etwa unter den Vereinsmitgliedern als Profit aufgeteilt werden. Damit wurde nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates dem objektiv erkennbaren Zweck der Ausnahmeregelung des § 2 Abs.2 Z2 leg.cit. vollinhaltlich entsprochen. Auf eine fehlende Ertragsabsicht bei Durchführung der zweckbegünstigten Veranstaltung kam es jedenfalls aus veranstaltungsrechtlicher Sicht nicht mehr an.

Der O.ö. Verwaltungssenat teilt daher im Ergebnis die Ansicht des Bürgermeisters der Marktgemeinde S , wonach für die gegenständliche Kulturveranstaltung des Idealvereines "D" Musik- und Kulturinitiative St. M keine Veranstaltungsbewilligung erforderlich war. Eine rechtzeitige Anzeige an die Gemeinde als Veranstaltungsbehörde war erfolgt (vgl Schreiben des Bürgermeisters vom 15.11.1995). Demnach wurde keine verbotene Veranstaltung iSd § 14 Z4 oder Z5 O.ö. Veranstaltungsgesetz durchgeführt, weshalb an eine Übertretung nach § 16 Abs.1 Z1 leg.cit. nicht zu denken war. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Strafverfahren mangels begangener Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß selbst für den Fall der Annahme einer bewilligungspflichtigen Veranstaltung eine Strafbarkeit des Bw nicht in Betracht käme, weil im Hinblick auf das Verhalten der Veranstaltungsbehörde (Bürgermeister der Gemeinde S) geradezu ein Musterbeispiel für einen unverschuldeten Rechtsirrtum nach dem § 5 Abs.2 VStG vorläge.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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