TE Vwgh Erkenntnis 2001/6/28 2001/11/0026

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Veröffentlicht am 28.06.2001
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E07204010;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Melderecht;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

31991L0439 Führerschein-RL Art6 Abs2;
31991L0439 Führerschein-RL Art6 Abs3;
31991L0439 Führerschein-RL Art8 Abs6;
B-VG Art6 Abs3;
EURallg;
FSG 1997 §1 Abs4;
FSG 1997 §15 Abs3;
FSG 1997 §23 Abs1;
FSG 1997 §23 Abs3 Z1;
FSG 1997 §23 Abs3 Z2;
FSG 1997 §23 Abs3 Z3;
FSG 1997 §23 Abs3 Z4;
FSG 1997 §23 Abs3 Z5;
FSG 1997 §23 Abs3;
FSG 1997 §3;
FSG 1997 §6;
FSG 1997 §8;
FSG-DV 1997 §9;
MeldeG 1991 §1 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. Klemens Dallinger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schulerstraße 18, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. November 2000, Zl. MA 65 - 8/422/2000, betreffend Erteilung einer Lenkberechtigung gemäß § 23 Abs. 3 FSG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die am 31. Oktober 1983 geborene Beschwerdeführerin beantragte mit Eingabe vom 13. April 2000 die "Führerscheinumschreibung gemäss § 23 Abs. 3 FSG" (betreffend ihren vom State of New Mexico am 5. Oktober 1999 ausgestellten Führerschein) mit dem Vorbringen, sie habe von August bis Dezember 1999 ihren ausschließlichen Wohnsitz in Santa Fe im US-Bundesstaat New Mexico, gehabt, wo sie eine High School besucht habe. Da es ihr nicht möglich gewesen sei, mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Schule zu gelangen, habe sie dort den Führerschein gemacht und sei sodann monatelang täglich mit dem Auto von und zur Schule gefahren. Im Dezember 1999 habe sie ihren Wohnsitz wieder nach Österreich verlegt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin "auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung für die Klasse B auf Grund Ihrer in den Vereinigten Staaten von Amerika/State of New Mexiko erteilten Lenkberechtigung (...) gemäß § 23 Abs. 3 FSG 1997 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Z. 1 FSG 1997 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 3 lit. b FSG 1997 abgewiesen". Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 2 FSG gelte zwar für die Erteilung einer vorgezogenen Lenkberechtigung für die Klasse B ein Mindestalter von 17 Jahren, doch sei die Erteilung einer solchen vorgezogenen Lenkberechtigung nur nach Durchführung einer besonderen Schulung unter Einhaltung bestimmter im Gesetz genannter Auflagen möglich. Da die Beschwerdeführerin eine "komplette" Umschreibung ihrer amerikanischen Lenkberechtigung begehre, habe die Erstbehörde zutreffend den Antrag in Ermangelung des erforderlichen Mindestalters gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 FSG abgewiesen. Der von der Beschwerdeführerin vertretenen Rechtsansicht, das im § 3 FSG vorgesehene Mindestalter sei bei Führerscheinumschreibungen nach § 23 FSG nicht zu beachten, könne nicht gefolgt werden. Eine solche Gesetzesauslegung wäre gleichheits- und verfassungswidrig. Dies ergebe sich aus einer systematischen Auslegung der maßgeblichen Vorschriften. Gemäß § 1 Abs. 4 FSG sei eine von einer zuständigen Behörde eines EWR-Staates ausgestellte Lenkberechtigung einer österreichischen Lenkberechtigung gleichgestellt. Es gelte somit das in § 6 Abs. 1 FSG vorgesehene Mindestalter von 18 Jahren für Personen mit einer EWR-Lenkberechtigung. Auch für Personen mit einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung gelte das Mindestalter von 18 Jahren gemäß § 23 Abs. 5 FSG, wenn kein Hauptwohnsitz in Österreich bestehe (selbst wenn im Ausland das Lenken bereits ab 16 bzw. 17 Jahren erlaubt sei). Es gebe keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass der Gesetzgeber lediglich in jenen Fällen, in denen der Besitzer einer Nicht-EWR-Lenkberechtigung seinen Hauptwohnsitz (wieder) nach Österreich verlegt, einen früheren Gebrauch der Lenkberechtigung als mit vollendetem 18. Lebensjahr vorgesehen haben wollte. Auch wäre die im § 23 Abs. 5 FSG normierte Altersgrenze unverständlich. Bei der Umschreibung von ausländischen Lenkberechtigungen seien vielmehr jene Kriterien anzulegen, die nunmehr allgemein innerhalb der EU für die Erteilung einer Lenkberechtigung (somit auch die Vorschriften über das entsprechende Mindestalter) gelten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf Erteilung einer Lenkberechtigung gem § 23 FSG" verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den Beschwerdefall ist das mit 1. November 1997 in Kraft getretene Führerscheingesetz - FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, anzuwenden (§ 43 Abs. 1 FSG). Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen dieses Gesetzes in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 94/1998 haben folgenden Wortlaut:

"Geltungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für das Lenken von Kraftfahrzeugen (...) entsprechend den Begriffsbestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr.

(...)

(3) Das Lenken eines Kraftfahrzeuges (...) ist, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt. (...).

(4) Eine von einer zuständigen Behörde eines EWR-Staates ausgestellte Lenkberechtigung ist einer Lenkberechtigung gemäß Abs. 3 gleichgestellt. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung ist nur im Rahmen der Bestimmungen des § 23 zulässig.

(...)

Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

1. das für die angestrebte Klasse erforderliche Mindestalter erreicht haben (§ 6),

2.

verkehrszuverlässig sind (§ 7),

3.

gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

              4.              fachlich zum Lenken eines Kraftfahrzeuges befähigt sind (§§ 10 und 11) und

              5.              den Nachweis erbracht haben, in lebensrettenden Sofortmaßnahmen bei einem Verkehrsunfall oder, für die Lenkberechtigung für die Klasse D, in Erster Hilfe unterwiesen worden zu sein.

(...)

2. Abschnitt

Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

Mindestalter

§ 6. (1) Für die Erteilung einer Lenkberechtigung gelten folgende Anforderungen an das Mindestalter:

(...)

2. 17 Jahre:

vorgezogene Klasse B (§ 19).

3. 18 Jahre:

( ...)

b) Klassen B und B+E;

(...)

(2) Bewerber um eine Lenkberechtigung dürfen unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 5 und des § 19 Abs. 1 frühestens sechs Monate vor Vollendung des für die angestrebte Lenkberechtigung erforderlichen Mindestalters mit der theoretischen und praktischen Ausbildung in Fahrschulen beginnen.

(...)

(4) Die praktische Fahrprüfung (§ 11 Abs. 4) darf unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 5 Z 3 frühestens zwei Wochen vor Erreichen des für die angestrebte Lenkberechtigung erforderlichen Mindestalters abgelegt werden.

(...)

Ausländische Lenkberechtigung

§ 23. (1) Das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen von Anhängern auf Grund einer von einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung durch Personen mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet ist zulässig, wenn seit dessen Begründung nicht mehr als sechs Monate verstrichen sind. Die Behörde hat auf Antrag diese Frist um weitere sechs Monate zu verlängern, wenn (...).

(3) Dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung ist auf Antrag eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, wenn:

1. falls er nicht die Staatbürgerschaft des Ausstellungsstaates des Führerscheines besitzt, der Antragsteller nachweist, dass er sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufhielt oder dort seinen Hauptwohnsitz hatte,

2. der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz nach Österreich verlegt hat oder während seines Auslandsaufenthaltes behalten hat,

3. keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestehen sowie die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 nachgewiesen ist und

4. entweder die fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung gemäß § 11 Abs. 4 nachgewiesen wird, oder

5. angenommen werden kann, dass die Erteilung seiner Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt ist, unter denen sie in Österreich erteilt wird. Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hat mit Verordnung festzulegen, in welchen Staaten für welche Lenkberechtigungen eine derartige Gleichartigkeit besteht.

(4) In einem gemäß Abs. 3 ausgestellten Führerschein ist einzutragen, auf Grund welcher Lenkberechtigung die Umschreibung des Führerscheines erfolgt. (...).

(5) Das Lenken von Kraftfahrzeugen und das Ziehen von Anhängern auf Straßen mit öffentlichem Verkehr durch Personen ohne Hauptwohnsitz im Bundesgebiet ist auf Grund einer von einer Vertragspartei des Genfer Abkommens über Straßenverkehr, BGBl. Nr. 222/1955, oder des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 289/1982, erteilten Lenkberechtigung bis zu einer Dauer von zwölf Monaten ab Eintritt in das Bundesgebiet unbeschadet gewerberechtlicher und arbeitsrechtlicher Vorschriften zulässig, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung das 18. Lebensjahr vollendet hat.

(6) Als Nachweis für die Lenkberechtigung (Abs. 1) muss der entsprechende nationale Führerschein vorliegen. (...)."

In § 9 Abs. 1 Z. 2 Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung (FSG-DV) wird zur Gleichwertigkeit von Nicht-EWR-Führerscheinen u. a. angeordnet, dass die Lenkberechtigung der Vereinigten Staaten von Amerika gemäß § 23 Abs. 3 Z 6 (nunmehr Z 5) FSG für die Klasse B als unter den gleichen Voraussetzungen wie in Österreich erteilt gilt.

Die Beschwerdeführerin erblickt ihren Ausführungen in der Beschwerde zufolge eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass die Behörden für die Erteilung der Lenkberechtigung nach § 23 Abs. 3 FSG auch das Vorliegen des im § 3 Abs. Z. 1 in Verbindung mit § 6 FSG genannten Mindestalters des Antragstellers als notwendige Voraussetzung ansehen.

§ 1 Abs. 3 FSG macht - von den im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen des Abs. 5 dieses Paragraphen abgesehen - das Lenken eines Kraftfahrzeuges von einer gültigen Lenkberechtigung abhängig und stellt im Abs. 4 erster Satz FSG klar, dass alle im EWR gültig erteilten Lenkberechtigungen den österreichischen gleichgestellt sind. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung hingegen ist nur im Rahmen der Bestimmungen des § 23 FSG zulässig (§ 1 Abs. 4 zweiter Satz FSG).

§ 3 Abs. 1 FSG normiert die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung, zu welchen u.a. das für die angestrebte Klasse erforderliche, im § 6 leg. cit. näher geregelte Mindestalter gehört. Für die Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung hingegen kann gemäß § 23 Abs. 3 FSG auf Antrag eine (österreichische) Lenkberechtigung unter den dort genannten Voraussetzungen erteilt werden. In diesem Fall müssen die im § 23 Abs. 3 FSG genannten und nicht die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung gemäß § 3 Abs. 1 FSG vorliegen.

Im § 23 Abs. 3 FSG ist abschließend geregelt, unter welchen Voraussetzungen anstelle der Nicht-EWR-Lenkberechtigung eine österreichische Lenkberechtigung erteilt werden kann. Die in den Z. 1 bis 4 dieser Gesetzesstelle (teilweise alternativ) aufgezählten Tatbestandsvoraussetzungen (arg. "und" nach Z. 3) müssen kumulativ vorliegen, wobei aber anstelle der in Z. 4 genannten Voraussetzung ("fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung gemäß § 11 Abs. 4") die in Z. 5 erster Satz genannte treten kann (Annahme, "dass die Erteilung seiner Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt ist, unter denen sie in Österreich erteilt wird"). Die in Z. 5 des § 23 Abs. 3 erster Satz FSG erwähnten "Voraussetzungen" sind nicht mit den im § 3 FSG genannten "Allgemeinen Vorraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung" bzw. im 2. Abschnitt des FSG (§§ 6 bis 12) aufgezählten und umschriebenen "Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung" gleichzusetzen, vielmehr bezieht sich diese Bedingung für die Erteilung der Lenkberechtigung - wie sich aus ihrer Anordnung als Alternative zu Z. 4 ergibt - nur darauf, ob in dem betreffenden Staat eine den österreichischen Kriterien entsprechende Ausbildung und Fahrprüfung vorgesehen ist und durchgeführt wird. In der nach dem zweiten Satz der Z. 5 des § 23 Abs. 3 FSG erlassenen Verordnung (siehe § 9 FSG-DV) werden daher jene Staaten angeführt, deren Fahrprüfungen dem österreichischen (EU-)Standard entsprechen (siehe die bei Grundtner, Das österreichische Führerscheingesetz nach der 2. Novelle, Seite 123 wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, und Bric/Frank, Führerscheingesetz, Seite 335). Auch aus § 23 Abs. 3 Z. 3 FSG folgt, dass nicht die (alle) im § 3 FSG bzw. im 2. Abschnitt des FSG in den §§ 6-12 aufgezählten allgemeinen "Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung" vorliegen müssen, vielmehr wird (nur) gefordert, dass "keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestehen sowie die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 nachgewiesen ist". (Dies entspricht den in den §§ 7 und 8 FSG normierten Voraussetzungen für die Erteilung einer (österreichischen) Lenkberechtigung).

Ob die im § 6 FSG festgelegten Altersgrenzen vorliegen, ist daher bei Erteilung der Lenkberechtigung gemäß § 23 Abs. 3 FSG nicht zu prüfen. Dies entspricht auch den aus der Regierungsvorlage zum FSG hervorleuchtenden Intentionen des Gesetzgebers. Für die "Umschreibungen" von ausländischen Lenkberechtigungen sollen jene Kriterien angelegt werden, die nunmehr allgemein innerhalb der EU für die Erteilung einer Lenkberechtigung gelten (siehe bei Grundtner, a. a.O., Seite 124), wobei für die Anordnung des Mindestalters den Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität eingeräumt ist. Die hier zu beurteilende Rechtslage entspricht der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (siehe insbes. Art 6 Abs. 2 und 3 und Art 8 Abs. 6 dieser Richtlinie).

Bestätigt wird diese Rechtsansicht auch durch die im § 15 Abs. 3 FSG geschaffene Möglichkeit des "Umtausches" eines "EU-Führerscheines" in einen österreichischen Führerschein (siehe EB RV zu § 15, 714 Blg. XX. GP). Nach dieser Gesetzesstelle kann der Besitzer einer in einem EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung die Ausstellung eines neuen Führerscheines beantragen, wenn er seinen Hauptwohnsitz (§ 5 Abs. 2) nach Österreich verlegt hat. Demnach gelten auch in diesem Fall nicht die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung nach § 3 FSG, vielmehr hat die Behörde nach der Anordnung des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle bei den dort genannten Staaten nur anzufragen, ob Gründe gegen die Ausstellung vorliegen, und allenfalls auf Grund der erteilten Auskunft die Ausstellung zu verweigern, insbesondere dann, wenn keine gültige Lenkberechtigung vorliegt. Ob der Antragsteller die im § 6 FSG genannten Anforderungen an das Mindestalter erfüllt, ist nicht zu prüfen. In einem solchen Fall kann somit auch - wie bereits oben ausgeführt - die im § 6 FSG genannte Altersgrenze unterschritten werden (siehe Art. 6 Abs. 2 und 3 der obgenannten Richtlinie im Zusammenhang mit § 1 Abs. 4 erster Satz FSG). Es trifft daher nicht zu, dass nur bei Besitzern einer Nicht-EWR-Lenkberechtigung von dem im § 6 FSG genannten Mindestalter abgesehen werden darf.

Die belangte Behörde belastete daher den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weil sie den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Lenkberechtigung gemäß § 23 Abs. 3 FSG mit der Begründung abgewiesen hat, dass die Beschwerdeführerin noch nicht das im § 6 Abs. 1 Z. 3 FSG für die angestrebte Klasse B geforderte Mindestalter von 18 Jahren erreicht hat. Die Berufung der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die im Abs. 5 des § 23 FSG enthaltene Regelung über das Mindestalter kann für die Voraussetzungen der Erteilung einer Lenkberechtigung nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle nicht herangezogen werden. § 23 Abs. 5 FSG bezieht sich nämlich nur auf das "Lenken von Kraftfahrzeugen und das Ziehen von Anhängern auf Straßen mit öffentlichem Verkehr durch Personen ohne Hauptwohnsitz im Bundesgebiet" auf Grund einer dort näher angeführten Lenkberechtigung. Das Lenken von Kraftfahrzeugen und das Ziehen von Anhängern auf Grund einer von einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung durch Personen mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet ist unter den im § 23 Abs. 1 FSG genannten Voraussetzungen aber auch für Besitzer der Lenkberechtigung, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, (zeitlich begrenzt) erlaubt.

Die belangte Behörde hat es ausgehend von ihrer als rechtsirrig erkannten Ansicht, für die Erteilung einer Lenkberechtigung nach § 23 Abs. 3 FSG seien auch die im § 6 leg. cit. normierten Anforderungen an das Mindestalter zu erfüllen, unterlassen, die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 23 Abs. 3 FSG zu prüfen. Der Beschwerdeführerin, die österreichische Staatsbürgerin ist und sich weniger als sechs Monate - so die Beschwerdebehauptungen - in den USA zwecks Schulbesuch aufgehalten hat, darf - abgesehen von den Voraussetzungen der Z. 3 bis 5 des § 23 Abs. 3 FSG - die beantragte Lenkberechtigung nur dann erteilt werden, wenn sie ihren Hauptwohnsitz (siehe Art. 6 Abs. 3 B-VG und § 1 Abs. 7 MeldeG) in dem betreffenden Staat hatte und nach ihrer Rückkehr diesen (wieder) nach Österreich verlegt hat. Sollte die Beschwerdeführerin ihren Hauptwohnsitz während ihres Auslandsaufenthaltes jedoch behalten haben, so darf ihr die beantragte Lenkberechtigung deshalb nicht erteilt werden, weil sie sich nur weniger als sechs Monate in den USA aufgehalten hat.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juni 2001

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001110026.X00

Im RIS seit

19.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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