Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des S in M, vertreten durch Dr. Werner Borns, Rechtsanwalt in 2230 Gänserndorf, Dr. Wilhelm Exner-Platz 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 17. April 2001, Zl. 729.538/13-2.7/01, betreffend 1.) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und 2.) Zurückweisung einer Berufung, jeweils in einer Angelegenheit nach dem Wehrgesetz 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 17. April 2001 wies der Bundesminister für Landesverteidigung den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist hinsichtlich des Bescheides des Militärkommandos Wien vom 17. Jänner 2001 ab. Unter einem wurde die gegen den Bescheid des Militärkommandos Niederösterreich vom 17. Jänner 2001 eingebrachte Berufung wegen Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen.
In der Begründung führte der Bundesminister für Landesverteidigung aus, mit Bescheid des Militärkommandos Niederösterreich vom 17. Jänner 2001 sei der Antrag des Beschwerdeführers vom 23. Oktober 2000 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes abgewiesen worden. Diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer am 24. Jänner 2001 eigenhändig übernommen. In der Rechtsmittelbelehrung sei er darauf hingewiesen worden, dass gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich eine Berufung eingebracht werden könne. Die Rechtsmittelfrist habe am 7. Februar 2001 geendet. Erst am 13. Februar 2001 sei eine mit selben Tag datierte Berufung zur Post gegeben worden. Diese verspätete Berufung sei zurückzuweisen gewesen.
Gleichzeitig mit der Berufung habe der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Er hätte unmittelbar nach der Zustellung dieses Bescheides seine Mutter, die in seinem Unternehmen gewissenhaft und zuverlässig die Buchhaltung führe und die Koordination der Termine wahrnehme, ersucht, zur Vorbereitung der Ausführung einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid einen Gesprächstermin mit seinem Rechtsvertreter zu vereinbaren. Seine Mutter hätte es jedoch entgegen ihrer sonstigen Verlässlichkeit verabsäumt, diesen Gesprächstermin mit dem Rechtsvertreter zu vereinbaren. Dieses im Widerspruch zum sonstigen Verhalten der Mutter stehende Versäumnis wäre vom Beschwerdeführer, bedingt durch einen mehrtägigen Messebesuch in Deutschland, erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am 9. Februar 2001 bemerkt worden. Er wäre sohin ohne sein Verschulden verhindert gewesen, rechtzeitig gegen den erstinstanzlichen Bescheid Berufung zu erheben. Dieser Wiedereinsetzungsantrag sei mit Bescheid des Militärkommandos Niederösterreich vom 19. Februar 2001 abgewiesen worden. Dagegen habe der Beschwerdeführer, im Wesentlichen unter Wiederholung seines Wiedereinsetzungsvorbringens, Berufung erhoben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei zunächst zu prüfen gewesen, ob zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter durch sein Ersuchen, den von ihm übernommenen abweisenden erstinstanzlichen Bescheid an seinen Rechtsvertreter zu übermitteln und zwecks Vorbereitung und Ausführung einer Berufung einen Gesprächstermin zu vereinbaren, ein Bevollmächtigungsvertrag im Sinne des § 1002 ABGB zu Stande gekommen sei, sodass sich diese zur Vornahme einer Rechtshandlung und nicht bloß zur Übernahme einer Erklärung an den Rechtsanwalt verpflichtet habe. Für den erstgenannten Fall wäre seine Mutter als seine Vertreterin anzusehen, im anderen Fall als seine Botin. Im Falle der Bevollmächtigung seiner Mutter wäre allein entscheidend, ob diese ohne eigenes Verschulden oder nur auf Grund eines minderen Grades des Versehens durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die zweiwöchige Berufungsfrist einzuhalten. Im Wiedereinsetzungsantrag werde als Grund für die Fristversäumnis ins Treffen geführt, die Mutter habe es entgegen ihrer sonstigen Verlässlichkeit verabsäumt, den Bescheid an den Rechtsvertreter zu übermitteln und einen Termin zu vereinbaren. Ein derartiges Versäumnis einer Bescheidübermittlung bzw. Terminvereinbarung stelle jedoch kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar und vermöge für sich allein keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund zu bilden. Dem Vorbringen sei auch nicht zu entnehmen, dass die Mutter des Beschwerdeführers ohne ihr Verschulden oder bloß auf Grund eines minderen Grades des Versehens an der Übermittlung des angefochtenen Bescheides bzw. an der Wahrnehmung einer Terminvereinbarung mit dem Rechtsvertreter gehindert gewesen wäre. Daran vermöge auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte sonstige Verlässlichkeit seiner Mutter nichts zu ändern. Qualifiziere man hingegen die Mutter als bloße Botin, wäre es am Beschwerdeführer gelegen nachzufragen, ob seine Mutter den angefochtenen Bescheid rechtzeitig an den Rechtsvertreter übermittelt und bei diesem einen Termin vereinbart hätte. In seiner Berufung führe der Beschwerdeführer aus, dass er auf Grund des Ausfalles eines Mitarbeiters in seinem Betrieb kurzfristig einen mehrtägigen Messebesuch in Deutschland hätte wahrnehmen müssen und dies für ihn ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dargestellt habe. Dass er durch diesen Messebesuch infolge zeitlicher Auslastung keine Möglichkeit gehabt hätte, mit seinem Rechtsanwalt hinsichtlich der Bescheidübermittlung und einer Terminvereinbarung zumindest fernmündlich in Kontakt zu treten, könne seitens der Berufungsbehörde nicht nachvollzogen werden, es werde vom Beschwerdeführer auch nicht explizit behauptet. Auch sein Vorbringen, man könne ihm infolge des Umstandes, dass er im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit täglich eine Vielzahl an Entscheidungen zu treffen hätte, seine versäumte Nachfrage bloß als minderen Grad des Versehens anlasten, könne nicht geteilt werden. Die Berufungsbehörde sei der Auffassung, dass speziell im Fall des Beschwerdeführers als Unternehmer ein strenger Maßstab anzulegen sei, da er im Rahmen seiner Tätigkeit täglich eine Vielzahl an Entscheidungen zu treffen habe und ihn sohin ein erhöhtes Maß an Verantwortung treffe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des AVG lauten (auszugsweise):
"§ 63.
...
(5) Die Berufung ist von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. ... .
...
§ 66.
...
(4) Außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. ... .
...
§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist ... ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein
unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die
Frist einzuhalten ... und sie kein Verschulden oder nur ein
minderer Grad des Versehens trifft, oder
...
(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen
nach dem Wegfall des Hindernisses ... gestellt werden.
(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.
(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war ... .
..."
2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen der belangten Behörde über die Zustellung des Bescheides des Militärkommandos Niederösterreich vom 17. Jänner 2001 (eigenhändige Übernahme des Bescheides am 24. Jänner 2001). Er bestreitet weiters nicht die Feststellungen der belangten Behörde zum Inhalt seines Wiedereinsetzungsantrages und bringt auch nicht vor, dass sein Wiedereinsetzungsantrag nicht vollständig wiedergegeben worden wäre. Vor dem Hintergrund dieser unbestrittenen Feststellungen erweist sich die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde aus folgenden Gründen im Ergebnis nicht als rechtswidrig:
Wie die belangte Behörde richtig erkannte, war dem oben dargestellten Wiedereinsetzungsvorbringen des Beschwerdeführers nicht eindeutig zu entnehmen, ob zwischen ihm und seiner Mutter ein Bevollmächtigungsvertrag im Sinne des § 1002 ABGB dergestalt zu Stande gekommen ist, dass sich letztere zur Vornahme einer Rechtshandlung und nicht bloß zur Überbringung einer Erklärung an den Rechtsanwalt verpflichtete. Für den erstgenannten Fall wäre die Mutter des Beschwerdeführers als Vertreterin anzusehen, im anderen Fall als dessen Botin (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1998, Zl. 96/19/2067).
Diese Frage kann im vorliegenden Fall jedoch dahingestellt bleiben. Wäre die Mutter des Beschwerdeführers seine Bevollmächtigte, so wäre allein entscheidend, ob diese ohne eigenes Verschulden oder nur auf Grund eines minderen Grades des Versehens durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Im Wiedereinsetzungsantrag wird als Grund für die Fristversäumnis seitens der Mutter des Beschwerdeführers nur ins Treffen geführt, dass diese es verabsäumt habe, den Gesprächstermin mit dem Rechtsvertreter zu vereinbaren. Dieses bloße Verabsäumen seitens der Mutter des Beschwerdeführers stellt für sich kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar und vermag für sich allein keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund zu bilden. Dem Wiedereinsetzungsvorbringen ist auch nicht zu entnehmen, dass die Mutter des Beschwerdeführers ohne ihr Verschulden oder bloß auf Grund eines minderen Grades des Versehens von der Vereinbarung eines Termins mit dem Rechtsvertreter gehindert gewesen wäre.
Wollte man aber, wie dies erstmals auch die Beschwerde andeutet, die Mutter des Beschwerdeführers bloß als Botin qualifzieren, so wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, nachzufragen, ob der Rechtsanwalt, dem der Bescheid durch den Boten übermittelt werden sollte, die Beschwerde auch einbringen werde (vgl. auch hiezu das oben erwähnte hg. Erkenntnis vom 11. September 1998). Dass der Beschwerdeführer an einer solchen Nachfrage gehindert gewesen wäre, wurde im Wiedereinsetzungsantrag, anders als später in der Berufung und nunmehr in der Beschwerde, nicht dargetan. Da nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, das an der Einhaltung der Frist gehindert hat, bereits im Wiedereinsetzungsantrag konkret zu beschreiben ist, dieses aber im vorliegenden Fall nicht erfolgt ist, erweist sich die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages durch die belangte Behörde schon aus diesem Grund als nicht rechtswidrig (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) E 298 und 299 zu § 71 AVG angegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Im Übrigen wäre auch das in der Berufung und deutlicher in der Beschwerde erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers für die Stattgebung seines Wiedereinsetzungsantrages nicht ausreichend. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, es sei ihm nicht möglich gewesen, die Durchführung der von ihm seiner Mutter gegenüber erteilten Anordnung zur Veranlassung der Festlegung eines Gesprächstermins mit dem Rechtsanwalt unverzüglich, unmittelbar und laufend zu kontrollieren, da er durch den Ausfall eines Mitarbeiters bedingt kurzfristig selbst den für den weiteren wirtschaftlichen Erfolg seines Unternehmens außerordentlich wichtigen Messebesuch in Deutschland habe wahrnehmen müssen. Im Rahmen dieses Messebesuches sei es dem Beschwerdeführer wegen der Notwendigkeit, eine Vielzahl von wichtigen Gesprächen mit verschiedenen Geschäftspartnern zur Sicherung der weiteren gedeihlichen Entwicklung seines Unternehmens führen zu müssen, nicht möglich gewesen, laufend die Übermittlung der Informationen durch seine Mutter zu kontrollieren. Dieser kurzfristig vom Beschwerdeführer persönlich wahrzunehmende Messebesuch sei schon deshalb für ihn ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gewesen, weil er weder verhindern habe können, diese Reise selbst zu absolvieren, noch diese überraschende Situation auch habe erwarten können.
Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer zunächst, dass es keineswegs erforderlich gewesen wäre, unverzüglich, unmittelbar und laufend seine Mutter zu kontrollieren, eine solche Kontrolle wäre ausreichend gewesen, wenn sie rechtzeitig, also vor Fristende, erfolgt wäre. Welches Ereignis den Beschwerdeführer konkret daran gehindert haben sollte, auch bei einer Auslandsgeschäftsreise telefonisch mit seiner Mutter wenigstens einmal vor Fristende Kontakt aufzunehmen, wird vom Beschwerdeführer auch in seinem Beschwerdevorbringen nicht einmal angedeutet. Sollte er der Meinung anhängen, dass bereits seine durch die Wahrnehmung der Auslandsgeschäftsreise bewirkte Überlastung ein wiedereinsetzungstaugliches Hindernis darstelle, so verkennt er, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behauptung beruflicher Überlastung gerade nicht hinreicht, einen Wiedereinsetzungsantrag zu begründen (vgl. die bei Walter/Thienel, aaO, E 161 bis E 163 zu § 71 AVG angegebene hg. Rechtsprechung).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich auch die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers als unbegründet, weil die belangte Behörde bei einer Einvernahme seiner Mutter, wie von ihm im Verwaltungsverfahren angeboten, auch dann, wenn diese ihre Eigenschaft als Botin des Beschwerdeführers bestätigt hätte, zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können.
3. Im Hinblick auf die unbestrittenen Bescheidfeststellungen zur Zustellung des Bescheides des Militärkommandos Niederösterreich vom 17. Jänner 2001 hatte die belangte Behörde die unbestritten erst am 13. Februar 2001 zur Post gegebene Berufung des Beschwerdeführers als verspätet anzusehen, weshalb die Zurückweisung dieser Berufung nicht als rechtswidrig erkannt werden kann.
4. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in den von ihm angeführten Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 28. Juni 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001110175.X00Im RIS seit
10.09.2001