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L00159 Unabhängiger Verwaltungssenat Wien;Norm
AVG §67a Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Theodora Zelezny in Wien, vertreten durch Dr. Andreas Cwitkovits, Rechtsanwalt in Wien I, Reichsratsstraße 11, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 28. Jänner 2000, Zl. MA 62-III/72/99, betreffend Kosten gemäß § 12 der Wiener Reinhalteverordnung 1982, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 5. August 1999 kam es zu einer Intervention der Polizei bei (in) der Wohnung der Beschwerdeführerin, weil Letztere seit einigen Tagen nicht gesehen worden war und daher befürchtet wurde, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte, zumal aus ihrer Wohnung ein Ekel erregender Geruch drang. Die Beschwerdeführerin öffnete nach einiger Zeit (nach einer Viertelstunde) den intervenierenden Polizeibeamten die Wohnungstüre, wobei die Beamten einen sehr intensiven, "ekelerregenden, fast stechenden Geruch" wahrnahmen, von dem sie annahmen, dass es ein Verwesungsgeruch sei, welchen sie aber nicht zuordnen konnten. Da den einschreitenden Sicherheitswachebeamten im Hinblick auf die Intensität dieses Geruches ein Verweilen trotz Atemschutzmasken in der unmittelbaren Umgebung der Wohnung nicht möglich erschien, ersuchten sie die Feuerwehr um Unterstützung. Von der Feuerwehr wurde die Wohnung mit Atemschutzgerät begangen und es wurden die Fenster geöffnet. Nach längerer Durchlüftungsphase wurde die Wohnung von den intervenierenden Polizeibeamten begangen. In der Meldung heißt es diesbezüglich, in jedem Raum der Wohnung seien Lebensmittel deponiert gewesen. Der Großteil dieser Lebensmittel sei verdorben und verwest gewesen, ferner habe in Einmachgläsern zehn Zentimeter hoch Schimmelpilz festgestellt werden können. Auch sei eine 5 m2 große Biomülldeponie in der Wohnung festgestellt worden. Das Durchschreiten der Wohnung sei nur auf ca. 20 cm breiten Gängen "(durch den Müll gebahnt!)" auf einer ca. 40 cm hohen Müllschicht möglich gewesen. Es habe nicht einmal ein Schlafplatz ausgemacht werden können. Die Sanitäranlagen wie Bad und WC seien mit Müll und Lebensmittelkonserven "verbarrikadiert" gewesen, sodass diese auf keinen Fall benützbar gewesen seien. Es sei für die Beamten der Eindruck entstanden, dass die Beschwerdeführerin unter extrem unmenschlichen Bedingungen (sowohl sanitätspolizeilich als auch sanitär und nach Aussage der Feuerwehr auch feuerpolizeilich) wohne. Der vor Ort eingetroffene Journalarzt habe eine Entwesung sowie die Beseitigung des sanitären Übelstandes für den folgenden Tag angeordnet (eine sofortige Beseitigung des Übelstandes seit laut dem Journalarzt unzumutbar gewesen); die Beschwerdeführerin wurde von einem Arzt vorläufig im psychiatrischen Krankenhaus untergebracht (wurde näher dargelegt; festzuhalten ist, dass sie bei der am 6. und 9. August 1999 durchgeführten Räumung der Wohnung nicht zugegen war).
In der Niederschrift über die Räumung (Säuberung) der Wohnung am 6. und 9. August 1999 heißt es:
"Um 8.30 trifft die Amtsabordnung vor dem Haus (...) ein, worauf die gegenständliche Wohnung, nachdem die Polizei den Wohnungsschlüssel zur Verfügung stellt, in Augenschein genommen wird, dabei wird festgestellt, dass die Beschreibung des sanitären Übelstandes in der Meldung der Polizei voll zutrifft und daher Maßnahmen im Sinne der Reinhalte VO zu setzen sind.
Die Wohnungstür konnte nur ca. einen halben Meter geöffnet werden, wobei bereits vom Gang aus der beschriebene ekelerregende Geruch wahrgenommen werden konnte. Im weiteren ist vom Gang aus sichtbar, dass die Räumlichkeiten der Wohnung bis zu einer Höhe von ca. eineinhalb bis zwei Meter durchgehend angeräumt sind, sodass im derzeitigen Stadium das Ausmaß des sanitären Übelstandes noch gar nicht erkennbar ist. In diesem Zusammenhang wird nochmals auf das Polizeiprotokoll verwiesen.
Da auf Grund der Beschreibung der Polizei und der Geruchsentwicklung durch die verdorbenen Lebensmittel mit dem Vorkommen krankheitsfähiger Keime und auch Ungezieferbefall zu erwarten ist, wird als Erstmaßnahme eine Entwesung durch das Fachunternehmen (...) veranlasst.
Auf Grund der festgestellten Situation gibt der Vertreter des BGA 18 folgende Stellungnahme ab: einerseits stellt der vorhandene ekelerregende Geruch eine unzumutbare Belästigung für die Nachbarschaft dar, andererseits sind durch die verdorbenen Speisereste und Exkremente krankheitsfähige Keime vorhanden, deren Existenz und Vermehrung zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung der Mieterin und auch der Nachbarschaft führen kann. Darüber hinaus ist auch das Auftreten von Ungeziefer und auch die Verbreitung von Keimen in die Nachbarschaft anzunehmen. Folgende Sofortmaßnahmen scheinen erforderlich:
1)
Desinfektion der genannten Wohnung
2)
Abtransport der kontaminierten Gegenstände
3)
Grundreinigung der Wohnung
Um 9.10 Uhr erscheint der angeforderte Mitarbeiter des Schädlingsbekämpfungsunternehmens und nimmt die Desinfektion vor. Nach seinen Angaben befinden sich in der Wohnung verdorbene, von Ungeziefer befallene Lebensmittel und Exkremente, deren Entfernung dringend geboten erscheint. Im Zuge seines Einsatzes kommt es zu einem Glasbruch der Verbindungstüre zwischen Vorzimmer und Küche. Sollten hier Forderungen gestellt werden, wäre an seine Firma heranzutreten, die die Abwicklung des Schadens durch die vorhandene Versicherung veranlassen wird.
Um 10.00 Uhr beginnt das Transportunternehmen (...) mit der Räumung des Vorzimmers, um den Zugang zu den weiteren Räumen überhaupt zu ermöglichen.
Im Zuge der Aufräumarbeiten konnte eine weitere Zunahme der Geruchsbelästigung festgestellt werden.
Die Amtshandlung wurde um 16.00 Uhr unterbrochen. Am 9.8.1999 8.00 Uhr wird die Verhandlung fortgesetzt
(...)
Die Räumung der Wohnung wird fortgesetzt. Kontaminiertes Gerümpel (Altpapier, Kleiderbügel, Lebensmittel mit abgelaufenen Haltbarkeitsdatum, etc.) werden in Säcke gefüllt und entsorgt. Es werden Dutzende von Müllsäcken, gefüllt mit Bekleidung oder Stoffresten vorgefunden. Bekleidung in sauberem Zustand wird zurückgelassen, die von Motten befallenen Säcke werden entsorgt. In Bad und WC befinden sich Kübel mit Fäkalien sowie ein Kübel mit Rohkompost. Die Wohnung ist nicht mit elektrischem Strom versorgt, der Inhalt von Kühlschrank und Tiefkühler muss entfernt werden, die Geräte werden anschließend gesäubert. Noch brauchbare Gegenstände, Bücher, CD's, Nähzeug, etc. werden im Wohnzimmer gestapelt, ebenso die Korrespondenz, Kuverts und die aufgefundene Geburtsurkunde. Im Laufe des Vormittages wird in dem zur Wohnung gehörigen Keller Nachschau gehalten, das Kellerabteil ist vollgeräumt, es werden jedoch keine Anzeichen für einen sanitären Übelstand vorgefunden, diesbezüglich ist eine Sofortmaßnahme nicht nötig.
Bei Entfernung der obersten Lagen an Gerümpel werden immer wieder Essensreste bzw. verdorbene Lebensmittel vorgefunden, teilweise von Maden befallen.
Bad und WC sind unbetretbar und bis in ca. 1.5 Meter vollgeräumt, das mit einer klebrigen Schicht überzogene Gerümpel bestehend aus leeren Plastikgebinden sowie großen Mengen aus Speiseöl und Medikamenten mit abgelaufenen Haltbarkeitsdatum muss zur Gänze entfernt werden. Im Laufe des Nachmittages wird mit dem Sozialen Stützpunkt, Sr. (...), Kontakt aufgenommen. Sie wird ersucht nach Entlassung der Wohnungsmieterin mit ihr Kontakt aufzunehmen und auf sie einzuwirken, die großen Mengen an Gewand, die scheinbar zur Übergabe an die Caritas bereitgestellt sind, tatsächlich entfernen zu lassen.
Aus dem Schlafzimmer, das ursprünglich unbetretbar und bis
1.5 Meter vollgeräumt war mussten ca. 10 m3 Gewand und Bettzeug entfernt werden, da sie von Gewandmotten befallen waren. Weiters wurden Broschüren, Bücher im geringem Umfang und Altpapier entfernt, da sie von kleinen, braunen, nicht identifizierbaren Käfern befallen waren. Bücher und noch brauchbare Gegenstände wie zB. Kassettenrecorder, Originalverpacktes, nicht kontaminiertes Bettzeug und ebensolche Decken wurden in der Wohnung belassen.
Insgesamt wurden am heutigen Tage ca. 20m3 kontaminierte Gegenstände entfernt, diese werden am Dienstag in die Müllverbrennungsanlage Nußdorf abgeführt. Nach Abschluss der Arbeiten werden Küche, Bad und WC sowie alle Böden gesäubert. Eine relativ große Menge an Büchern und nicht verschmutzten oder von Motten befallener Kleidungsstücke sowie die restlich oben genannten Gegenstände verbleiben in der Wohnung. Die Fenster werden gekippt, die Wohnung wird mit dem von der Polizei überlassenen Schlüsseln versperrt, der Vertreter der MA 6 stellt die Wohnungsschlüssel anschließend wieder an das Koat Martinstraße zurück.
Schluss der Verhandlung 16.00 Uhr."
Aus dem weiteren Gang des Verfahrens ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 1. September 1999 die Behörde um eine "Kopie" ersuchte, "was alles aus meiner Wohnung entfernt" worden sei. Mit Erledigung vom 6. September 1999 wurde ihr geantwortet, da "ausschließlich Unrat in Form von stark verschmutzten Kleidungsstücken, verdorbenen Lebensmitteln, Altpapier und dergleichen entfernt" worden sei, sei eine listenmäßige Aufstellung nicht möglich. Die Auswahl des zu entfernenden Unrates sei durch Organe des Magistratischen Bezirksamtes für den 18. Bezirk erfolgt, welche auch für die Durchführung der Amtshandlung verantwortlich gewesen seien.
Mit Erledigung vom 1. Oktober 1999 wurden der Beschwerdeführerin in Beantwortung einer weiteren Eingabe vom 15. September 1999 verschiedene Aktenteile in Kopie übersendet.
Dem Konvolut an Rechnungen hinsichtlich der vorgenommenen Räumung und Entsorgung ist zu entnehmen, dass Gegenstände auch noch am 10. August 1999 entsorgt wurden.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 7. September 1999 wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, die im Zuge der am 6.,
9. und 10. August 1999 "im Rahmen einer Sofortmaßnahme gemäß § 12 Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Reinhaltung von Grundstücken und Räumlichkeiten (Reinhalteverordnung 1982)" getätigten Leistungen (Entfernung, Abtransport und Entsorgung "sämtlicher unbrauchbarer und verdorbener Gegenstände bzw. Lebensmittel aus, sowie die Entrümpelung und Säuberung" der Wohnung der Beschwerdeführerin sowie die Ungezieferbekämpfung und Geruchsbeseitigung) entstandenen Barauslagen in der Höhe von insgesamt S 112.217,20 binnen einer Woche nach Rechtskraft des Bescheides an die Stadt Wien zu entrichten.
Begründend heißt es nach Hinweis auf die §§ 12, 9 und 10 der Reinhalteverordnung 1982 und nach zusammengefasster Darstellung des Zustandes der Wohnung und des Ganges der Amtshandlung, dass den Rechnungen der (näher genannten) befassten Unternehmungen zufolge ein Aufwand von S 112.217,20 entstanden sei.
Auf Grund des Gutachtens der Amtsabordnung (Bezirksgesundheitsamt für den 18. Bezirk, Magistratisches Bezirksamt für den 18. Bezirk) stehe fest, dass dieser Aufwand zur Beseitigung einer drohenden Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft und der Mieterin (= Beschwerdeführerin) selbst notwendig gewesen sei. Somit sei eine Sofortmaßnahme gemäß § 12 der Reinhalteverordnung notwendig gewesen. Da die Verunreinigung der Wohnung von der Mieterin, nämlich der Beschwerdeführerin, verursacht worden sei, sei diese auch zur Beseitigung des Übelstandes verpflichtet gewesen. Es seien daher die Maßnahmen auf ihre Kosten durchzuführen und die Kosten ihr vorzuschreiben gewesen.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie unter anderem das Fehlen zahlreicher Gegenstände geltend machte.
In einem Amtsvermerk vom 28. November 1999 ist (zum Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin) unter anderem festgehalten, eine "Protokollierung" aller entsorgten Gegenstände wäre bei der festgestellten Menge nicht möglich gewesen. Die Fotos, die den Zustand vor und nach der Räumung zeigten, bewiesen, dass unter größtmöglicher Schonung des Privateigentums der Beschwerdeführerin vorgegangen worden sei (Anmerkung: im Akt befinden sich einige entsprechende Lichtbilder).
Die belangte Behörde ergänzte (durch die Behörde I. Instanz) das Ermittlungsverfahren, wobei der Beschwerdeführerin niederschriftlich Parteiengehör gewährt wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.
Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, wurde begründend ausgeführt, die Beschwerdeführerin wende unter anderem ein, dass der Geruch von den Nachbarn bzw. der Polizei erst wahrgenommen hätte werden können, als sich diese Personen unmittelbar vor der Wohnungstür befunden hätten bzw. diese bereits geöffnet worden wäre, wobei es auch nicht stimme, dass lediglich Mist und Verdorbenes entfernt worden wäre, sondern es seien auch durchaus Wertgegenstände, neue Gegenstände und auch brauchbare Gegenstände weggenommen worden.
Der Niederschrift vom 6. August 1999 sei zu entnehmen, dass vom Vertreter des zuständigen Bezirksgesundheitsamtes die Stellungnahme abgegeben worden sei, dass der vorhandene Ekel erregende Geruch eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft darstelle, wobei auch durch die verdorbenen Speisereste und Exkremente krankheitsfähige Keime vorhanden seien, deren Existenz und Vermehrung zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin und auch der Nachbarschaft führen könne. Weiters sei dieser Niederschrift auch zu entnehmen, dass die Räume der Wohnung der Beschwerdeführerin bis zu einer Höhe von ca. 1 1/2 bis 2 m durchgehend angeräumt gewesen seien. Die "Ablagerungen" seien auch auf den im Akt erliegenden Lichtbildern ersichtlich. Gemäß der Stellungnahme der ersten Instanz (im Berufungsverfahren) sei die Geruchsentwicklung durch die teilweise in Kübeln und teilweise frei herumliegenden Fäkalien verursacht worden. Die sich zersetzenden Substanzen der verfaulenden Lebensmittel- und Speisereste hätten diese Situation verstärkt.
Nach Aufzählung der verschiedenen Rechnungen heißt es weiter, die Angemessenheit der verrechneten Preise und die ordnungsgemäße und richtige Erbringung der in den Rechnungen angeführten Leistungen sei von einem Erhebungsorgan der MA 6 bestätigt worden.
Zum Einwand der Beschwerdeführerin, dass auch brauchbare Gegenstände im Rahmen "der Ersatzvornahme" entfernt worden seien, sei festzuhalten, dass gemäß einem Aktenvermerk vom 28. Oktober "1998" (richtig: 1999) ausschließlich mit Fäkalien oder organischen keimhältigen Substanzen kontaminierte Gegenstände entfernt worden seien.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 21. Juni 2000, B 759/00-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom 13. Mai 1982, betreffend die Reinhaltung von Grundstücken und Baulichkeiten (Reinhalteverordnung 1982), kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 21/Seite 28, vom 27. Mai 1982, anzuwenden. Paragraphenzitate ohne näheren Zusatz beziehen sich auf diese Verordnung.
Nach § 4 muss das Innere von im Privateigentum stehenden Gebäuden, dessen Benützung auf Grund eines Privatrechtes bestimmten Personen vorbehalten bleibt und das anderen Hausbewohnern oder hausfremden Personen nicht frei zugänglich ist (insbesondere Wohnungen, dazugehörige sanitäre Anlagen und Kellerabteile) so rein gehalten werden, dass durch die Art und das Ausmaß der Benützung weder ein die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen gefährdender Missstand noch eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft (z.B. durch üblen Geruch oder Ausbreitung von Ungeziefer) entsteht.
Nach § 9 hat, wenn der Verpflichtung zur Beseitigung eines Übelstandes im Sinne unter anderem des § 4 nicht entsprochen wird, der Magistrat aus öffentlichen Rücksichten, unbeschadet zivilrechtlicher Ersatzansprüche und der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, dem Eigentümer (Miteigentümer) des Gebäudes oder der Grundfläche mit Bescheid die Beseitigung des Übelstandes aufzutragen. Im Falle einer Verpachtung, Vermietung oder sonstigen Überlassung von Gebäuden, Gebäudeteilen oder Grundflächen zur Nutzung ist dieser Auftrag auch dem Pächter, Mieter oder Nutzungsberechtigten zu erteilen.
Nach § 10 hat der Magistrat, wenn in Wohnungen oder sonstigen Unterkünften durch mangelnde Reinhaltung ein Missstand im Sinne des § 4 besteht und die zu seiner Beseitigung Verpflichteten einem gemäß § 9 erteilten Auftrag nicht innerhalb der festgesetzten Leistungsfrist nachkommen, aus öffentlichen Rücksichten die weitere Benützung der Unterkünfte im erforderlichen Umfang zu untersagen und nötigenfalls die Räumung zu verfügen. Dies gilt sinngemäß auch für Einrichtungen zur Tierhaltung.
Nach § 12 kann der Magistrat, wenn infolge eines Übelstandes im Sinne unter anderem des § 4 eine die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen unmittelbar bedrohende Gefahr besteht oder ein Übelstand zu einer so unzumutbaren Belästigung der Nachbarschaft führt, dass sie infolge ihrer Intensität aus hygienischen Gründen sofortiger Abhilfe bedarf, die in den §§ 9 und 10 vorgesehenen Maßnahmen auch ohne vorangegangenes Verfahren auf Kosten jener Personen anordnen und durchführen, die nach den §§ 9 und 10 als Bescheidadressaten in Betracht gekommen wären. Kosten, die nicht sogleich bezahlt werden, sind mit Bescheid vorzuschreiben.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren lässt sich dahin zusammenfassen, dass die in der Reinhalteverordnung 1982 vorgesehenen Voraussetzungen für eine solche Maßnahme überhaupt nicht gegeben, jedenfalls die Maßnahmen überschießend und unverhältnismäßig gewesen seien, weil ohne jegliche Notwendigkeit zahlreiche, auch neuwertige Gegenstände entsorgt worden seien. Es wäre erforderlich gewesen, die weggebrachten und entsorgten Gegenstände vollständig zu erfassen und deren Verbleib genau und nachvollziehbar zu dokumentieren. Ein wesentlicher Teil der weggebrachten Sachen hätte zumindest näher untersucht oder in vorläufige Verwahrung genommen werden müssen, um über die Notwendigkeit einer Vernichtung entscheiden zu können. Infolge dieser Unterlassungen könne der Aufwand, welchen die Beschwerdeführerin rechtens zu tragen hätte, nicht ermittelt werden.
Dem ist Folgendes zu entgegnen: Die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen, um deren Kosten es hier geht, waren, worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift der Sache nach zutreffend verweist, solche, die rechtlich als Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen sind. Ob daher die in der Reinhalteverordnung 1982 umschriebenen Voraussetzungen für diese Maßnahmen vorlagen und die von der Behörde den ausführenden Unternehmen in Auftrag gegebenen Arbeiten demnach notwendig und zweckmäßig waren, kann im Verfahren über die Kosten dieser Maßnahmen nicht mehr überprüft werden. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden nämlich die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes (siehe hiezu auch § 2 Z. 2 des Gesetzes vom 26. Juni 1999 über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, LGBl. für Wien Nr. 53/1990).
Unterlässt die von einem Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt betroffene Partei die Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Akt beim unabhängigen Verwaltungssenat, dann ist rechtlich davon auszugehen, dass ein solcher Verwaltungsakt gegenüber einem zur Maßnahmenbeschwerde Befugten nicht in dessen subjektivöffentlichen Rechte rechtswidrig eingegriffen hat. Wurden daher die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen nicht vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bekämpft, dann kann die Frage ihrer Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit im Kostenersatzverfahren nicht mehr aufgerollt werden, weil insoweit eine Bindung der Behörde an die mangels Bekämpfung geltende Rechtmäßigkeit der notstandspolizeilichen Maßnahmen besteht, die auch deren Erforderlichkeit im Sinne des Gesetzes umfasst (siehe das zur Wr. Reinhalteverordnung 1982 ergangene hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 2000/05/0100, oder auch das von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift genannte hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2000, Zl. 96/05/0191, wie auch das hg. Erkenntnis vom 24. November 1998, Zl. 98/05/0131, mwN). Diese Rechtsauffassung wird auch für die Neufassung der §§ 67a und c AVG (BGBl. I Nr. 158/1998) ausdrücklich aufrecht erhalten.
Zusammenfassend wäre daher die Frage der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der gegenständlichen Maßnahmen in einem Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat aufzurollen gewesen; im gegenständlichen Beschwerdeverfahren kann darauf nicht Bedacht genommen werden. Muss aber davon ausgegangen werden, dass die gegenständlichen Maßnahmen nicht rechtswidrig in subjektivöffentliche Rechte der Beschwerdeführerin eingegriffen haben, fehlt es an einer Grundlage für die von der Beschwerdeführerin angestrebte Aufteilung der (unbestritten) angefallenen Kosten.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 3. Juli 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000050141.X00Im RIS seit
12.10.2001