RS UVS Oberösterreich 1996/11/26 VwSen-103524/14/Gu/Mm

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Veröffentlicht am 26.11.1996
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Rechtssatz

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren. Gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, z.B. beim Überholen, als Wartepflichtiger oder im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt, insbesonders Fußgänger, die Schutzwege vorschriftsmäßig benützen, gefährdet oder behindert. Gemäß § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine in Abs.2, 3 oder 4 bezeichnete Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Gemäß § 89 StGB ist, wer in den in § 81 Z1 u. 2 bezeichneten Fällen, wenn auch nur fahrlässig, eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeiführt, mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.

Gemäß § 81 Z1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren zu bestrafen, wer fahrlässig den Tod eines anderen unter besonders gefährlichen Verhältnissen herbeiführt.

Bei dem vom Gericht zu ahndenden Delikt der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 muß es sich um eine konkrete Gefährdung handeln. Dies ergibt schon die Wortfolge aus ihrem Zusammenhang .... wer eine Gefahr für .... eines anderen herbeiführt ....

Da sowohl die gerichtlich strafbare Handlung als auch die Verwaltungsübertretung die Begehungsform "unter besonders gefährlichen Verhältnissen" nennt, die Verwaltungsübertretung bei Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Handlung subsidiär ist, muß es also bei der Verwaltungsübertretung um eine andere Art der Gefährdung als beim gerichtlich strafbaren Tatbestand handeln, soll der Gesetzgeber, was ihm nicht unterlegt werden darf, nicht als unvernünftig angesehen werden.

In diese Richtung weist auch das Erkenntnis des VwGH vom 20.12.1971, Zl.304/71. Demnach sind Dunkelheit, nasse Fahrbahn und überhöhte Geschwindigkeit besonders gefährliche Verhältnisse. In Abgrenzung zum Gerichtsdelikt wird sohin die Auffassung vertreten, daß besonders gefährliche Verhältnisse im Sinne der StVO 1960 nicht erst dann vorliegen, wenn eine Person konkret gefährdet wurde oder wenn deren Tod oder Verletzung der körperlichen Integrität nur durch Zufall unterblieben ist, sondern wenn der Lenker des Fahrzeuges unter den gegebenen Verhältnissen z.B. so fährt, daß auf ein vor ihm auftauchendes Hindernis, wie z.B. ein anderer Verkehrsteilnehmer, nicht mehr ausreichend reagiert werden kann und schwerste Folgen im Zusammenhang mit seiner Fahrweise zu befürchten sind, wobei er andererseits nicht darauf vertrauen durfte, daß keine solche rechtmäßige Dazwischenkunft eines Hindernisses eintreten werde.

Dies war gegenständlich der Fall, indem der Beschuldigte eine Geschwindigkeit von 175 km/h fuhr, starke Dämmerung herrschte, die Fahrbahn noch vom Regen naß war und die Einsehbarkeit auf bestehende, ungleichrangige Kreuzungen und Grundstücksausfahrten, die von den Bewohnern der Ortschaften H. und W. regelmäßig benützt werden - und somit auf einen möglichen Querverkehr - durch Büsche, Bäume und Planken zum Teil gänzlich genommen und zum Teil wesentlich erschwert war. Beim Auftauchen eines Querverkehrs wäre der Beschuldigte, wie der Anhalteversuch des an sich für ihn weit sichtbaren Gendarmen zeigte, nicht mehr rechtzeitig zum Stehen gekommen und hätte der Beschuldigte mit schweren und schwersten Folgen der Übertretung rechnen müssen.

In der Zusammenschau der Umstände kommt daher der O.ö. Verwaltungssenat zur Ansicht, daß der Beschuldigte die Geschwindigkeitsübertretung unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen hat.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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