Index
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Claudia Stetic in Wien, vertreten durch Dr. Wenzel Drögsler, Rechsanwalt in Wien I, Wollzeile 34/3, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 18. Oktober 2000, Zl. MD-VfR - B XXII - 24/2000, betreffend einen Bauauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 18. Oktober 20000 wurde der "Eigentümerin der Baulichkeit auf der Liegenschaft in Wien 22, Klg. Im Gestockert, Los Nr. 66, Gst. Nr. 303/66 in EZ 1173 der Kat.-Gem. Eßling," gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) nachstehender Auftrag erteilt:
"Der ohne baubehördliche Bewilligung errichtete ca. 7,40 m x 1,50 m große ebenerdige Zubau ist zu beseitigen.
Die Maßnahme ist binnen 3 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides durchzuführen."
In der Begründung hiezu wurde ausgeführt, die Baubehörde erster Instanz habe im Zuge einer "Ortsverhandlung" am 5. Juni 2000 festgestellt, dass auf der im Spruch näher bezeichneten Liegenschaft der Beschwerdeführerin "ein ca. 7,40 m x 1,50 m großer Zubau in Massivbauweise ohne die hiefür erforderliche baubehördliche Bewilligung errichtet" worden sei. Die Beschwerdeführerin habe nicht bestritten, dass sie Eigentümerin der vom Auftrag betroffenen Baulichkeit sei und dass die im Spruch angeführten "baulichen Herstellungen, die als Zubau zum bestehenden Kleingartenhaus anzusehen sind, ohne die vorherige Erwirkung der gemäß § 8 Abs. 1 Wiener Kleingartengesetz 1996 erforderlichen Baubewilligung errichtet wurden".
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf gesetzmäßige Durchführung eines Verfahrens zur Erteilung eines Bauauftrages verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten.
Gemäß § 129b Abs. 1 leg. cit. kommt Bewilligungen und Bescheiden nach diesem Gesetz dingliche Wirkung zu. Die Verpflichtung zur Beseitigung eines vorschriftswidrigen Baues trifft daher den jeweiligen (Mit-)Eigentümer der Liegenschaft oder der Baulichkeit (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/05/0020 m. w. N.), dies unabhängig davon, ob er oder seine Rechtsvorgänger den konsenswidrigen Zustand durch ein schuldhaftes Verhalten herbeigeführt haben. Hat ein Grundeigentümer der Baubehörde einen (allenfalls) von ihm verschiedenen Eigentümer der Baulichkeit auf seinem Grund nicht bekannt gegeben, ist der Bauauftrag an ihn zu richten (siehe hiezu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 3. Auflage, Seite 606, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Ausgehend von dieser Rechtslage ist der Bescheidadressat eines Bauauftrages nach § 129 Abs. 10 BO hinreichend individualisiert, wenn der Auftrag an den "Eigentümer" der betroffenen Baulichkeit bzw. des Grundstückes, auf dem diese Baulichkeit errichtet ist, gerichtet ist und (nur) in der Zustellverfügung die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides als (Mit-)Eigentümer festgestellte Person genannt ist (siehe hiezu auch Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, Rz. 411/1, Seite 176).
Die Beschwerdeführerin vermag auch in der Beschwerde keine baubehördliche Bewilligung des vom Auftrag betroffenen Baues nachzuweisen. Wie den - insoweit nicht bekämpften - Feststellungen im angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist, liegt das Grundstück der Beschwerdeführerin in einem Gebiet mit der Flächenwidmung, für welche das Gesetz über Kleingärten, LGBl. Nr. 57/1996 (Wiener Kleingartengesetz 1996), anzuwenden ist. Dieses Gesetz ist eine Bauvorschrift im Sinne des § 129 Abs. 10 BO, auf welches die Bauordnung für Wien anzuwenden ist (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 2000/05/0011). Gemäß § 8 Abs. 1 Wiener Kleingartengesetz 1996 bedürfen Neu-, Zu- und Umbauten von Kleingartenhäusern und Kleingartenwohnhäusern einer Baubewilligung nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Zubauten sind gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von Dachgauben. Ein (einzelnes) Gebäude wiederum ist definitionsgemäß nach der BO eine raumbildende bauliche Anlage, die in ihrer Bausubstanz eine körperliche Einheit bildet und nicht durch Grenzen eines Bauplatzes oder Bauloses oder durch Eigentumsgrenzen geteilt ist, ausgenommen die zulässige Bebauung von Teilen des öffentlichen Gutes. Weder im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden noch vor dem Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdeführerin konkret dargelegt, warum sie die Annahme der belangten Behörde, bei der vom Auftrag erfassten Baulichkeit handle es sich um einen Zubau im Sinne der BO, für rechtswidrig hält, die Berufungsausführungen gegen den erstinstanzlichen Bescheid bestätigen vielmehr die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Qualifikation dieser Baulichkeit als Zubau. Die Beschwerdeführerin bestätigt nämlich in ihren Berufungsausführungen, dass der in Massivbauweise errichtete Bau zum Schutze des bereits (zulässigerweise) errichteten Kleingartenhauses überdacht und raumbildend gestaltet worden ist.
Gemäß § 70 Abs. 2 BO hat die Behörde durch schriftlichen Bescheid über ein Ansuchen um Baubewilligung zu entscheiden. Ein Bewilligungsbescheid für das bewilligungspflichtige Bauvorhaben liegt aber nicht vor. Eine Baubewilligung kann - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - durch eine Art konkludentes Verhalten der Baubehörde nicht begründet werden; mündliche Zusagen können die Baubewilligung ebenfalls nicht ersetzen (siehe hiezu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 3. Auflage, Seite 382, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Das Vorliegen eines "vermuteten Konsens" wird in der Beschwerde nicht behauptet; Anhaltspunkte dafür sind auch den vorliegenden Beweisergebnissen nicht zu entnehmen.
Der vom Bauauftrag erfasste Bau ist auch hinreichend konkretisiert. Der Bauauftrag bezieht sich auf den nicht bewilligten Teil des auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin errichteten Gebäudes und ist im Spruch des angefochtenen Bauauftrages in seiner Ausdehnung und Lage ausreichend beschrieben; der Bauauftrag ist somit einer Vollstreckung zugänglich.
Die Beschwerde erwies sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Da die anstehenden Rechtsfragen durch die Vorjudikatur vollständig geklärt waren, konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 417/1994. Wien, am 3. Juli 2001
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1 Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Person des Bescheidadressaten dingliche WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000050262.X00Im RIS seit
21.11.2001