RS UVS Oberösterreich 1996/12/16 VwSen-240182/2/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 16.12.1996
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Rechtssatz

Gemäß § 74 Abs.5 LMG 1975 begeht im Falle der Ziffer 2 eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 25.000,-- S zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 15 Abs.7 oder 8 lit.a oder b, 19 oder 31 Abs.1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Die verfahrensrelevante LMKV 1993 wurde nach ihrer Präambel auf Grund der §§ 7 Abs.2, 10 Abs.1 und 19 Abs.1 LMG 1975 erlassen. Sie hat demnach ihre Grundlage in gesetzlichen Vorschriften, die entweder unter die Blankettstrafnorm des § 74 Abs.4 Z1 oder unter die des § 74 Abs.5 Z2 LMG 1975 fallen. Im Hinblick auf zwei in Betracht kommende gesetzliche Strafbestimmungen mit verschiedenen Strafrahmen muß bei Heranziehung von Gebots- oder Verbotsnormen der LMKV 1993 genau differenziert werden, welche Bestimmung auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht.

Die Gebotsnormen der §§ 4 und 5 LMKV 1993 betreffen erkennbar die bloße Kennzeichnung von verpackten Waren, die für den Letztverbraucher bestimmt sind (vgl § 1 Abs.1 LMKV 1993). Sie haben ihre gesetzliche Grundlage im § 19 LMG 1975, der die Kennzeichnung von Lebensmitteln, Verzehrprodukten und Zusatzstoffen regelt und eine Verordnungsermächtigung enthält. Hingegen ermächtigt der § 10 LMG 1975 den Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz besondere Vorschriften für das Inverkehrbringen mit Verordnung zu erlassen, die zur Sicherung einer einwandfreien Nahrung oder zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung oder Täuschung geboten sind. Dabei geht es an sich nicht um bloße Kennzeichnungsvorschriften. Beim Schutz des Verbrauchers vor Täuschung bestehen aber fließende Übergänge zur Kennzeichnung. Die LMKV 1993 gibt demnach auch den § 10 LMG 1975 als gesetzliche Grundlage an. Die gegenständlich maßgeblichen §§ 4 und 5 LMKV 1993 regeln die Kennzeichnung iSd § 19 LMG 1975. Die belangte Behörde hatte daher die Strafnorm des § 74 Abs.5 Z2 LMG 1975 heranzuziehen. Nach dem § 4 LMKV 1993 haben verpackte Waren, sofern die §§ 5 bis 7 dieser Verordnung nichts anderes bestimmen, bestimmte Kennzeichnungselemente zu enthalten, die in mehreren Ziffern ausführlich beschrieben werden. § 4 Z2 LMKV 1993 2. Halbsatz verlangt die Kennzeichnung der verpackten Ware durch Angabe des Ursprungs- oder Herkunftsortes, falls ohne diese Angabe ein Irrtum des Verbrauchers über die tatsächliche Herkunft möglich wäre. Bei ausländischen - nicht aus einem EWR-Mitgliedstaat importierten Waren - ist jedenfalls das Ursprungsland anzugeben. Nach dem gegebenen Sachverhalt wurden die thailändischen Maiskölbchen von der Firma S in H in den EWR-Raum importiert. Die Firma E kaufte sie von der Firma E-H in I. Im übrigen kann entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht ohne weiteres angenommen werden, daß die "Maiskölbchen" als eine Ware im Sinne der LMKV 1993 anzusehen sind. Die Strafbehörde begründet diesen Standpunkt mit der vermuteten Konsumentenerwartung, die sich in erster Linie auf die Maiskölbchen und erst in zweiter Linie auf den Essigzusatz beziehe. Diese Annahme ist aber zweifelhaft. Ebensogut könnte man behaupten, daß diese Aspekte für den Konsumenten gleichermaßen oder im umgekehrten Verhältnis wichtig sind. Die Qualität der Maiskölbchen wird für den Verbraucher sicherlich von wesentlicher Bedeutung sein. Das heißt aber noch nicht, daß er eine Vorstellung von einem Ursprungsland hat. Woher die Maiskölbchen kommen, spielt für den Verbraucher idR keine Rolle. Über diesen Umstand wird sich der durchschnittliche Konsument kaum Gedanken machen, weil er ihm eher gleichgültig ist. Es ist daher schon die Annahme der belangten Behörde gewagt, daß ein Irrtum des Verbrauchers über die tatsächliche Herkunft ohne Angabe des Ursprungslandes möglich wäre. Formal betrachtet handelt es sich bei den thailändischen Maiskölbchen nur um eine Zutat des in Österreich veredelten Gemüseerzeugnisses der Firma E-H. Für die Wertungsfrage, ob dennoch ein ausländisches Produkt vorliegt, wird es daher in der Tat auf den Ort der maßgeblichen Wertschöpfung ankommen. Insofern hat der Bw unwidersprochen und glaubhaft vorgebracht, daß gegenständlich zwei Drittel der Wertschöpfung in Österreich erfolgen. Auch aus diesem Gesichtspunkt ist jedenfalls die Annahme berechtigt, daß ein inländisches Produkt vorliegt, bei dem eine Kennzeichnung des Herkunftslandes nicht vorgeschrieben ist. Anders wäre allenfalls zu entscheiden, wenn die LMKV 1993 die Kennzeichnung der Herkunft bestimmter Zutaten verlangte. Dies ist aber unbestrittenermaßen nicht der Fall. Mangels bestehender Pflicht zur Kennzeichnung scheidet daher für den Bw die angelastete Verwaltungsübertretung aus.

Schlagworte
Ursprungsland - inländische Ware
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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