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25 Strafprozeß, StrafvollzugNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrages eines Strafgefangenen auf Aufhebung eines Erlasses des Justizministers vom 30.07.98 betreffend den Ausschluß der Insassen der Justizanstalt Garsten vom Paketempfang; Erwirkung eines im Instanzenzug bekämpfbaren Bescheides hinsichtlich einer Ausnahmebewilligung zumutbar; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als aussichtslosSpruch
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Der Individualantrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit Schriftsatz vom 10.8.1998 begehrt der anwaltlich nicht vertretene Einschreiter, der derzeit in der Justizanstalt Garsten eine Freiheitsstrafe verbüßt, die Aufhebung des Erlasses des Bundesministers für Justiz vom 30.7.1998, Z43401/2-V7/1998. Außerdem wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe für diese Rechtssache begehrt.
1.2. Begründend wird ausgeführt, daß der Anstaltsleiter gemäß §91 Abs3 StVG mit Genehmigung des Bundesministers für Justiz jeweils für einen bestimmten, sechs Monate nicht übersteigenden Zeitraum anordnen könne, daß sämtliche Strafgefangene der Anstalt oder eines Teiles der Anstalt vom Empfang von Sendungen nach §91 Abs2 StVG ausgeschlossen werden. In der Justizanstalt Garsten seien nunmehr schon das vierte Mal alle Insassen per Erlaß vom Paketempfang ausgeschlossen worden. Aus der Wendung "für einen bestimmten, sechs Monate nicht übersteigenden Zeitraum" des §91 Abs3 StVG ergebe sich, daß der Gesetzgeber die durch die belangte Behörde praktizierte Vorgangsweise, die für jeweils aufeinanderfolgende Zeiträume von sechs Monaten den Ausschluß der Häftlinge vom Paketempfang anordne, nicht dulden wollte. Die Vorgangsweise des Bundesministers für Justiz sei daher rechtswidrig.
Der Verfassungsgerichtshof wertet den Schriftsatz des Einschreiters als Individualantrag iSd Art139 Abs1 B-VG verbunden mit einem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.
2.1. Gemäß Art139 Abs1 dritter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist Voraussetzung für die Anfechtungsbefugnis, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift, wobei ein derartiger Eingriff jedenfalls nur dann anzunehmen ist, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (vgl. zB VfSlg. 10511/1985, 11726/1988).
2.2. Es kann nun sowohl dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem angefochtenen Erlaß tatsächlich um eine Verordnung handelt, als auch, ob dieser Erlaß tatsächlich sämtliche Strafgefangene der Anstalt vom Empfang von Sendungen nach §91 Abs2 StVG ausschließt oder ob mit diesem nur gemäß §91 Abs3 StVG dem Anstaltsleiter die Genehmigung zu einem solchen Ausschluß erteilt wird (vgl. VfGH 6.11.1997 V144/97). Dem Antragsteller steht es nämlich frei, den ihm durch §91 Abs3 letzter Satz StVG eröffneten Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu beschreiten: Er kann gestützt auf diese Vorschrift den Antrag stellen, daß hinsichtlich seiner Person vom Ausschluß sämtlicher Strafgefangener vom Bezug der Sendungen iSd §91 Abs2 StVG eine Ausnahme gemacht wird. Gegen eine diesen Antrag abweisende Entscheidung hat er die Möglichkeit der Beschreitung des ihm durch §121 StVG eröffneten Instanzenzuges in Form der Erhebung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung an das Bundesministerium für Justiz. Gegen einen Bescheid der letzten Instanz besteht sodann die Möglichkeit, gestützt auf Art144 B-VG eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben und in dieser allfällige Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides und damit auch gegen den angefochtenen Erlaß vorzubringen.
Es fehlt dem Einschreiter somit an der Antragslegitimation.
2.3. Gemäß §63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953 setzt die Bewilligung der Verfahrenshilfe ua. voraus, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Das ist jedoch hier - wie oben unter Punkt 2.2. dargetan wurde - der Fall. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war daher abzuweisen.
2.4. Unter einem war der Individualantrag wegen mangelnder Legitimation (siehe oben Punkt 2.2.) zurückzuweisen, ohne daß ein Verbesserungsauftrag zu erteilen war.
3. Diese Beschlüsse konnten gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG bzw. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Individualantrag, Strafvollzug, RechtsV, VerwaltungsVEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:V72.1998Dokumentnummer
JFT_10019071_98V00072_00