TE Vwgh Erkenntnis 2001/7/4 2001/17/0076

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Veröffentlicht am 04.07.2001
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Index

L16503 Gemeindeverband Wasserleitungsverband Niederösterreich ;
L34003 Abgabenordnung Niederösterreich;
L37293 Wasserabgabe Niederösterreich;
L69303 Wasserversorgung Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG;
B-VG Art119a Abs5;
GdWasserleitungsverband Triestingtal- und Südbahngemeinden NÖ 1978 §21 Abs2;
GdWasserleitungsverband Triestingtal- und Südbahngemeinden NÖ 1978 §21 Abs3;
GdWasserleitungsverband Triestingtal- und Südbahngemeinden NÖ 1978 §30 Abs1 idF 1652-1;
GdWasserleitungsverband Triestingtal- und Südbahngemeinden NÖ 1978 §32 idF 1652-1;
LAO NÖ 1977 §3 Abs1;
LAO NÖ 1977;
WassergebührenO Triestingtal 1990 §1;
WasserleitungsanschlußG NÖ 1978 §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der MB in B, vertreten durch Dkfm. Dr. Heinrich Jandl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landesgerichtsstraße 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. Mai 1996, Zl. II/1- BE-619-1/11-96, betreffend Vorstellung i.A. Vorschreibung einer Wasseranschlussgebühr (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides) und Zurückweisung eines Feststellungsantrages (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) (mitbeteiligte Partei: Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden, Badnerstraße 88, 2540 Bad Vöslau), zu Recht erkannt:

Spruch

Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides hingegen wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 19. September 1991 meldete die Beschwerdeführerin bei der mitbeteiligten Partei den Wasserbezug aus dem Netz des Verbandes für ein Wohngebäude mit einer Wohnung an.

Mit Abgabenbescheid des Obmannes der mitbeteiligten Partei vom 4. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführerin eine Wasseranschlussgebühr im Gesamtbetrag von S 27.956,50 gemäß § 21 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden und § 1 der Wassergebührenordnung 1990 des Gemeindewasserleitungsverbandes für eine näher bezeichnete Liegenschaft vorgeschrieben.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung vom 8. Jänner 1992 wurde im Wesentlichen damit begründet, dass mit Wasseranschlussgebühr die Herstellung des Anschlusses bis zur Grundgrenze einschließlich Wassermesser gemeint sei. Im gegenständlichen Fall betrage die Leitungslänge knapp über einen Meter, sodass die vorgeschriebene Gebühr um vieles überhöht sei, da eine Baufirma dies zum Preis von S 5.000,-- bewerkstellige. Die Höhe der Anschlussgebühr widerspreche weiters den Bestimmungen des NÖ Wasserleitungsanschlussgesetzes 1978, wonach die Leistungen ohne Gewinn, also nur kostendeckend verrechnet werden dürften. Die Vorschreibung eines Anschlusses von 20 mm Leitungsdurchmesser entspreche nicht dem zu erwartenden Wasserbedarf.

Mit einem formlosen Schreiben vom 1. September 1992 teilte der Obmann der mitbeteiligten Partei der Beschwerdeführerin mit, dass die Vollversammlung der mitbeteiligten Partei die Berufung "abgelehnt" habe.

Eine dagegen erhobene Vorstellung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 17. Dezember 1992 mangels Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung zurück.

Mit Bescheid vom 12. Jänner 1993 wies die Vollversammlung der mitbeteiligten Partei die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung an die belangte Behörde. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. April 1993 wurde der Vorstellung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Partei verwiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der angefochtene Abgabenbescheid zwar auf die jeweiligen Gesetzesstellen hingewiesen habe, es aber für den Abgabepflichtigen nicht nachvollziehbar gewesen sei, wie sich die Anschlussgebühr durch Berechnung ergebe.

Mit Bescheid der Vollversammlung der mitbeteiligten Partei vom 19. Dezember 1995 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin vom 8. Jänner 1992 gegen den Bescheid des Obmannes der mitbeteiligten Partei "vom 12. Jänner 1993" (richtig wohl: vom 4. Dezember 1991) "teilweise Folge" gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, dass er wie folgt zu lauten habe:

"Gemäß § 21 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden, LGBl. 1652 und § 1 der Wassergebührenordnung 1990 des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden wird Ihnen aufgetragen, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides für den auf Ihrer Liegenschaft herzustellenden Wasserleitungsanschluss mit 20 mm Durchmesser eine Wasseranschlussgebühr

in der Höhe von

S

25.415,--

+ 10 % Umsatzsteuer

S

2.541,50

Summe

S

27.956,50

zu entrichten.

Berechnung der Anschlussgebühren:

Durchschn. der Anschl.
leitung

Betrag
des Tarifposten

Faktor laut Gesetz

Anteil an Straßenleitg.kosten

Anteil Erd-arbeiten

Anteil Install.
arbeiten

Wasser-anschluss-gebühr

20 mm

15.350,--

x 0,9 =

13.815,--

4.800,--

6.800,--

= 25.415,-- "

In der Begründung dieses Bescheides wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Höhe der Wasseranschlussgebühr in der Wassergebührenordnung 1990 des Wasserleitungsverbandes festgelegt sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin neuerlich Vorstellung und beantragte, den bekämpften Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Darüber hinaus stellte sie den Antrag, "feststellend auszusprechen", dass die am 5. Mai 1992 eingemahnte und in der Folge am 29. Mai 1992 zwangsweise erhaltene Anschlussgebühr von S 27.956,50 ohne Rechtsgrundlage einbehalten worden sei.

In der Begründung ihrer Vorstellung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass der bekämpfte Berufungsbescheid der bescheidmäßigen Handlungsanweisung der Aufsichtsbehörde vom 22. April 1993 nicht nachgekommen sei. Die Berufungsbehörde habe nicht grundsätzlich neu entschieden, sondern den Bescheid lediglich in Teilen des Spruches unter Beibehaltung wesentlicher Rechtswidrigkeiten abgeändert. Weiters sei der bekämpfte Bescheid ohne Ermittlungsverfahren erlassen worden, sodass es nicht möglich gewesen sei, spruchentscheidende Beweismittel, z.B. unnötig teuer verrechnete Anschlussarbeiten vorzulegen. Erdarbeiten und Teile der Installationsarbeiten wären wesentlich kostengünstiger durchzuführen gewesen. Mangels genauer Angaben im Berufungsbescheid sei es auch nicht möglich gewesen, die anzuwendende Wassergebührenordnung 1990 auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die im bekämpften Bescheid ausgewiesenen Anteile für Erdarbeiten und Installationsarbeiten seien ebenfalls nicht nachvollziehbar. Sollte es sich um einen Pauschalbetrag handeln, werde eingewendet, dass es keinen sachlich gerechtfertigten Grund gebe, den tatsächlich je Anschluss anfallenden Betrag nicht zu verrechnen. Weiters wurde angeführt, dass eine Reihe von Bedingungen nicht im Spruch, sondern in der Bescheidbegründung enthalten seien und so einem Rechtsmittel entzogen seien.

Weiters sei auch ein kleinerer Anschlussdurchmesser als der tatsächlich verwendete geeignet gewesen, die tägliche Wasserversorgung sicherzustellen. Die nach dem Anschlussleitungsdurchmesser berechnete Anschlussgebühr widerspreche auch § 9 des Niederösterreichischen Wasserleitungsgesetzes, sodass die angewendete Wassergebührenordnung 1990 sowohl gesetz- als auch gleichheitswidrig sei.

In der Begründung des Feststellungsantrages verwies die Beschwerdeführerin auf die Ausführungen der belangten Behörde in ihrer zurückweisenden Vorstellungsentscheidung vom 17. Dezember 1992, aus welcher nach Auffassung der Beschwerdeführerin hervorgehe, "dass überhaupt kein Gebührenbescheid erlassen worden sei". Sie habe daher ein rechtliches Interesse an der bescheidmäßigen Feststellung, dass die 1992 erfolgte zwangsweise Eintreibung dieser Gebühr ohne entsprechende Rechtsgrundlage vorgenommen worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Mai 1996 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihr Feststellungsantrag "als unzulässig" zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Berufungsbescheid entspreche der im Vorstellungsbescheid vom 22. April 1993 zum Ausdruck gebrachten Handlungsanweisung der belangten Behörde.

Die Rüge der Verletzung des Parteiengehörs gehe ins Leere, weil die Abgabenbehörden ihrer Vorschreibung ohnedies den kleinstmöglichen Durchmesser der Anschlussleitung, nämlich 20 mm, zu Grunde gelegt hätten.

Die Gebühr sei nach den Tarifsätzen der "Wassergebührenordnung 1992" vorgeschrieben worden. Diese sei mit einem Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 1994 auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüft worden. Die Verordnung sei vom 14. März bis 29. März 1994 an der Amtstafel des Verbandes angeschlagen gewesen. Sie sei daher auch verbindlich. Eine inhaltliche Überprüfung der Verordnung sei der belangten Behörde verwehrt. Durch nicht in den Spruch aufgenommene weitere Bedingungen könne die Beschwerdeführerin nicht in Rechten verletzt sein. Aus diesen Gründen sei die Vorstellung als unbegründet abzuweisen gewesen.

Der Vorstellungsbehörde sei es darüber hinaus verwehrt, über bestehende Rechte oder Rechtsverhältnisse Feststellungsbescheide zu erlassen. Der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin sei daher zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof lehnte mit Beschluss vom 10. Dezember 1997, B 1920/96-6, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In ihrer Beschwerdeergänzung erachtet sich die Beschwerdeführerin erkennbar in ihrem subjektiven Recht verletzt, eine Wasseranschlussgebühr nur in jener Höhe entrichten zu müssen, welche die Rechtsordnung vorschreibt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem (hinsichtlich des Anfechtungsumfanges uneingeschränkten) Antrag geltend, den Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Mit Note vom 27. November 1998 forderte der Verwaltungsgerichtshof die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf, sich dahingehend zu äußern, wann das auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin errichtete Gebäude mit Aufenthaltsräumen im Sinne des § 1 Abs. 1 des Niederösterreichischen Wasserleitungsanschlussgesetzes 1978, LGBl. 6951-1, fertig gestellt worden und ob in diesem Zeitpunkt die in Rede stehende Wasserversorgungsanlage im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin bereits fertig gestellt gewesen sei.

Zu diesem Vorhalt äußerte sich die Beschwerdeführerin dahingehend, dass für die Parzelle Anschlusszwang bestanden habe, sowie dass am 19. September 1991 benützbare Aufenthaltsräume im Ausmaß einer Wohnung bereits fertig gestellt worden seien. Sämtliche Parteien brachten übereinstimmend vor, dass bis dato noch kein Benützungsbewilligungsbescheid erlassen worden sei, und dass im September 1991 die Wasserversorgungsanlage bereits hergestellt gewesen sei.

Mit Beschluss vom 22. März 1999, Zl. A 26/99-1, stellte der Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof folgenden Antrag:

"1.

festzustellen,

 

a)

dass in § 1 der Verordnung der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden vom 18. Dezember 1989 (Wassergebührenordnung 1990) die Wortfolge:

'für Anschluss 20 mm Durchmesser: 13.815,-- 11.600,-- 25.415,-- '

gesetzwidrig war,

in eventu

 

 

bb)

dass § 1 dieser Verordnung zur Gänze gesetzwidrig war,

in eventu

2.

 

 

 

a)

die unter Punkt 1.a) genannte Wortfolge als gesetzwidrig aufzuheben,

 

in eventu

 

b)

die unter Punkt 1.b) genannte Verordnungsbestimmung als gesetzwidrig aufzuheben."

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. März 2001, Zl. V 28/99-6, hob der Verfassungsgerichtshof die Betragsangaben "11.600,--" und "25.415,--" in § 1 der Verordnung der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden vom 18. Dezember 1989 (Wassergebührenordnung 1990), kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel des Wasserleitungsverbandes vom 19. Dezember 1989 bis zum 3. Jänner 1990, als gesetzwidrig auf. Im Übrigen wies er den vorgenannten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Rechtslage:

§ 1, § 18, § 20, § 21, § 28, § 30 und § 32 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden, LGBl. 1652-0 in der Fassung der am 1. Jänner 1990 in Kraft getretenen Novelle LGBl. 1652-1, lauten:

"§ 1

Der Wasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden - im Folgenden kurz als 'Verband' bezeichnet - besteht im Sinne des Art. 116a Abs. 1 und 2 B-VG aus den Gemeinden

... Breitenfurt bei Wien, ... und hat die Aufgaben der Errichtung

und des Betriebes einer gemeinsamen öffentlichen Wasserversorgung. Der Verband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat seinen Sitz in Bad Vöslau.

...

§ 18

Freiwilliger Anschluss an die Verbandswasserleitung

(1) Der Verband kann Eigentümern von Liegenschaften im Versorgungsbereich, die dem Anschlusszwang nach dem NÖ Wasserleitungsanschlussgesetz 1978, LGBl. 6951, nicht unterliegen, auf Grund eines schriftlichen Antrages den Anschluss an die Verbandswasserleitung gestatten, sofern dadurch die Leistungsfähigkeit der Verbandswasserleitung unter Berücksichtigung der Versorgungspflichten nicht beeinträchtigt wird. ...

...

§ 20

Wassergebühren

(1) Die Eigentümer der an die Verbandswasserleitung angeschlossenen Liegenschaften und die sonstigen in § 30 Abs. 5 bis 7 genannten Personen haben für die Benützung der Verbandswasserleitung folgende Gebühren zu leisten:

1. Wasseranschlussgebühren und Ergänzungsgebühren,

...

Die Höhe der einzelnen Gebühren ist vom Verband nach den folgenden Bestimmungen in einer Wassergebührenordnung festzusetzen. Die Gebührenerträge dürfen insgesamt jene Kosten, die dem Verband bei einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Führung seiner Aufgaben erwachsen, nicht übersteigen und sind alle drei Jahre in dieser Richtung zu überprüfen.

...

§ 21

Wasseranschlussgebühr

(1) Die Wasseranschlussgebühr ist für den Anschluss an die Verbandswasserleitung zu entrichten und stellt einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsleitung und der Anschlussleitung dar.

(2) Die Wasseranschlussgebühr ist grundsätzlich an Hand einer Tarifpost der Wassergebührenordnung, die nach Abs. 3 festzulegen ist, jedoch bei Anschlüssen ab 80 mm Durchmesser nach dem maximalen Stundenbedarf (Abs. 4) und bei Wohnhausanlagen nach der Anzahl der Wohnungen (Abs. 5) zu bemessen.

(3) Die Tarifposten für die Bemessung der Wasseranschlussgebühr sind zu berechnen wie folgt:

Die Summe der Kosten der Herstellung der Verbandswasserleitungen - einschließlich der Herstellung der Anschlussleitungen und der Installation der Wassermesser - in den neuerschlossenen Siedlungsgebieten aller Mitgliedsgemeinden ist

durch die Anzahl der möglichen Hausanschlüsse zu teilen. ... Der

so ermittelte Betrag ist für jeden in Betracht kommenden Durchmesser der Anschlussleitung mit dem in der folgenden Tabelle festgelegten Faktor zu vervielfachen:

Durchmesser der
Anschlussleitung

Faktor

20 mm

0,9

25 mm

1,8

32 mm

3,4

40 mm

6,7

50 mm

12,0

80 mm

43,1

Die so errechneten Endbeträge sind in der Wassergebührenordnung als Tarifposten festzusetzen.

...

§ 28

Wassergebührenordnung

(1) Die Wassergebührenordnung bedarf der Genehmigung durch die Landesregierung. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Verordnung einer Bestimmung dieses Gesetzes widerspricht.

(2) Die Wassergebührenordnung ist nach der Erteilung der Genehmigung durch öffentlichen Anschlag an der Amtstafel des Verbandes durch zwei Wochen kundzumachen. Sie tritt am Monatsersten, der der zweiwöchigen Kundmachungsfrist folgt, in Kraft, soferne nicht in der Wassergebührenordnung ein späterer Zeitpunkt festgesetzt wird. Je eine Kopie dieser Kundmachung ist an den Amtstafeln der Verbandsgemeinden durch zwei Wochen anzuschlagen.

...

§ 30

Entstehen des Gebührenanspruches, Gebührenschuldner

(1) Der Anspruch auf die Wasseranschlussgebühr und die Sonderanschlussgebühr entsteht mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Bewilligung des Anschlusses oder in dem Zeitpunkt, in dem der Anschlusszwang feststeht.

...

§ 32

Verfahrensvorschriften

(1) In Verfahren zur Bemessung, Vorschreibung und Einhebung der Gebühren sind die Bestimmungen der NÖ Abgabenordnung 1977, LGBl. 3400, mit der Maßgabe anzuwenden, dass in I. Instanz der Obmann und in II. Instanz die Vollversammlung entscheidet.

(2) Verfahren zur Erlassung anderer Bescheide sind nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen zu führen."

§ 1 Abs. 1 des Niederösterreichischen Wasserleitungsanschlussgesetzes 1978 in der Fassung der Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. 6951-0 lautete:

"§ 1

Anschlusszwang

(1) Der Wasserbedarf in Gebäuden, Betrieben und sonstigen Anlagen ist im Versorgungsbereich (§ 8 Abs. 2 Z. 1) eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens nach Maßgabe folgender Bestimmungen ausschließlich aus dessen Wasserversorgungsanlage zu decken (Anschlusszwang) ..."

Durch die am 26. Mai 1994 ausgegebene Novelle LGBl. 6951-1 erhielt § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes folgende Fassung:

"§ 1

Anschlusszwang

(1) Der Wasserbedarf in Gebäuden mit Aufenthaltsräumen ist im Versorgungsbereich (§ 8 Abs. 2 Z. 1) eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens nach Maßgabe folgender Bestimmungen ausschließlich aus dessen Wasserversorgungsanlage zu decken (Anschlusszwang)."

§ 1 der Verordnung der Vollversammlung der mitbeteiligten Partei vom 18. Dezember 1989 (Wassergebührenordnung 1990) lautete:

"§ 1

Wasseranschlussgebühren

(1) Gemäß § 21 Abs. 3 des Verbandsgesetzes wird die Anschlussgebühr festgesetzt wie folgt:

 

 

 

 

Anteil an Straßen-
leitungsk.

Herstellungs-
kosten

Gesamt-
Anschlussgebühr

Für

Anschluss

20 mm

Durchmesser:

13.815,--

11.600,--

25.415,--

"

"

25 mm

"

27.630,--

11.900,--

39.530,--

"

"

32 mm

"

52.190,--

13.100,--

65.290,--

"

"

40 mm

"

102.845,--

18.900,--

121.745,--

"

"

50 mm

"

184.200,--

29.600,--

213.800,--

"

"

80 mm

"

661.585,--

46.900,--

708.485,--

Für Anschlüsse, die ausschließlich der Löschwasserversorgung dienen, wird der Anteil an den Straßenleitungskosten auf 25 % reduziert."

Am 22. Dezember 1992 beschloss die Vollversammlung der mitbeteiligten Partei die Wassergebührenordnung 1993, welche in § 1 die gleichen Tarifposten vorsieht wie die Wassergebührenordnung 1990. Ergänzende Regelungen wurden lediglich in Ansehung von Anschlüssen, die auch der Löschwasserversorgung dienen, getroffen.

2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 NÖ AO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Gemäß § 30 Abs. 1 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden entsteht der Anspruch auf die Wasseranschlussgebühr mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Bewilligung des Anschlusses oder in dem Zeitpunkt, in dem der Anschlusszwang feststeht.

Im gegenständlichen Beschwerdefall gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführerin gemäß § 18 Abs. 1 des zitierten Gesetzes der freiwillige Anschluss an die Verbandswasserleitung gestattet worden wäre. Vorliegendenfalls kommt daher lediglich der Abgabentatbestand des § 30 Abs. 1 zweiter Fall leg. cit. in Betracht. Gemäß § 1 Abs. 1 des Niederösterreichischen Wasserleitungsanschlussgesetzes 1978 in der Fassung LGBl. 6951-0 ist der Wasserbedarf in Gebäuden im Versorgungsbereich eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens ausschließlich aus dessen Wasserversorgungsanlage zu decken (Anschlusszwang). Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bedarf es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keiner bescheidmäßigen Feststellung der zuständigen Behörde über das Bestehen des Anschlusszwanges. Steht der Anschlusszwang fest, dann entsteht in diesem Zeitpunkt auch der Abgabenanspruch der Wasseranschlussabgabe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1996, Zl. 94/17/0163).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren brachte die Beschwerdeführerin vor, dass zum Zeitpunkt der Wasserbezugsmeldung am 19. September 1991 benutzbare Aufenthaltsräume im Ausmaß einer Wohnung fertig gestellt gewesen seien. Übereinstimmend brachten die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor, dass eine Benützungsbewilligung bislang nicht erteilt worden sei, die Wasserversorgungsanlage im gegenständlichen Versorgungsgebiet im September 1991 jedoch bereits fertig gestellt worden sei. Weiters brachte die Beschwerdeführerin vor, dass für ihre Bauparzelle Anschlusszwang bestanden habe.

Im Gegensatz zu den in der Begründung des Vorstellungsbescheides enthaltenen Ausführungen stützten die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Partei die in Rede stehende Vorschreibung ausdrücklich auf die Wassergebührenordnung 1990. Der erstinstanzliche Bescheid ist auch vor Inkrafttreten der Wassergebührenordnung 1993 ergangen.

Nach der Aktenlage stand der Anschlusszwang im Zeitpunkt der Wasserbezugsanmeldung vom 19. September 1991, also noch vor einem möglichen Inkrafttreten der Wassergebührenordnung 1993, im Sinne des § 30 Abs. 1 letzter Satz des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden fest, weil ein Wasserbedarf in einem (mit zumindestens einer Wohnung ausgestatteten) Gebäude bestand, welches im Versorgungsbereich eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens lag, und überdies eine Deckung dieses Bedarfes aus einer bereits errichteten Wasserversorgungsanlage möglich war (vgl. § 1 Abs. 1 NÖ Wasserleitungsanschlussgesetz 1978 in der im Zeitpunkt der Bezugsmeldung geltenden Fassung der Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. 6951-0).

Jedenfalls aber sind Feststellungen, aus denen sich ergeben könnte, dass der maßgebliche Abgabentatbestand erst während der Geltungsdauer der Wassergebührenordnung 1993 oder vor Inkrafttreten der Wassergebührenordnung 1990 verwirklicht worden wäre, weder den Bescheiden der Abgabenbehörden, noch jenem der Vorstellungsbehörde zu entnehmen.

Die Abweisung der Vorstellung der Beschwerdeführerin hätte diese demnach jedenfalls dann in ihrem als Beschwerdepunkt geltend gemachten subjektiven Recht verletzt, wenn der Bescheid der Vollversammlung der mitbeteiligten Partei vom 19. Dezember 1995 in der Regelung des § 1 der Wassergebührenordnung 1990 für Anschlüsse mit 20 mm Durchmesser keine Deckung fände.

Gemäß § 21 Abs. 2 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden ist die Wasseranschlussgebühr grundsätzlich anhand einer Tarifpost der Wassergebührenordnung, die nach Abs. 3 leg. cit. festzulegen ist, zu bemessen. Gemäß § 21 Abs. 3 leg. cit. sind die Tarifposten für die Bemessung der Wasseranschlussgebühr wie folgt zu berechnen:

Die Summe der Kosten der Herstellung der Verbandswasserleitung - einschließlich der Herstellung der Anschlussleitungen und der Installation der Wassermesser - in den neu erschlossenen Siedlungsgebieten aller Mitgliedsgemeinden ist durch die Anzahl der möglichen Hausanschlüsse zu teilen. Der so ermittelte Betrag ist für jeden in Betracht kommenden Durchmesser der Anschlussleitung mit dem in der folgenden Tabelle festgelegten Faktor zu vervielfachen.

Aus diesen Bestimmungen ist ersichtlich, dass das in Rede stehende Landesgesetz die (verordnungsmäßige) Festlegung und (bescheidmäßige) Vorschreibung eines einheitlichen Betrages, welcher die gesamte zu entrichtende Wasseranschlussgebühr umfasst, vorsieht. Dementsprechend hat die Vollversammlung der mitbeteiligten Partei auch in dem mit Vorstellung angefochtenen Berufungsbescheid vom 19. Dezember 1995 die Festsetzung einer einheitlichen Wasseranschlussgebühr vorgenommen.

Nach Aufhebung des in § 1 der Wassergebührenordnung 1990 vorgesehenen Tarifpostens der Gesamtanschlussgebühr für Anschlüsse von 20 mm Durchmesser durch den Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 7. März 2001, für welches das gegenständliche Beschwerdeverfahren Anlassfall war, ist dieser Tarifposten hier nicht anzuwenden. Damit entbehrt die Vorschreibung der Wasseranschlussgebühr durch den Bescheid der Vollversammlung der mitbeteiligten Partei vom 19. Dezember 1995 einer Grundlage in der Wassergebührenordnung 1990.

Wie oben aufgezeigt, verletzt dieser Bescheid daher die Beschwerdeführerin in ihrem als Beschwerdepunkt geltend gemachten subjektiven Recht. Dies hat aber auch zur Folge, dass der Spruchpunkt I. des hier angefochtenen Bescheides, mit dem die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid vom 19. Dezember 1995 abgewiesen wurde, inhaltlich rechtswidrig ist und die Beschwerdeführerin in ihrem als Beschwerdepunkt geltend gemachten subjektiven Recht verletzte.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid in Ansehung seines Spruchpunktes I. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

§ 51 der Niederösterreichischen Abgabenordnung LGBl. 3400-0

(im Folgenden: NÖ AO) lautet:

"§ 51

Die Abgabenbehörden haben ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Langen bei ihnen Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig sind, so haben sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen."

Mangels einer ausdrücklichen Einschränkung des Anfechtungsumfanges auf den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, dass sich die Beschwerde auch gegen dessen Spruchpunkt II. richtet, wenngleich die Beschwerdebegründung auf die Frage der Rechtmäßigkeit des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides nicht eingeht.

Der belangten Behörde als Vorstellungsbehörde war es mangels Zuständigkeit verwehrt, auf Grund des diesbezüglichen an sie gerichteten Antrages der Beschwerdeführerin einen Feststellungsbescheid zu erlassen. Vielmehr wäre zur Entscheidung über die Zulässigkeit bzw. in der Folge über die inhaltliche Berechtigung dieses Feststellungsantrages die erstinstanzliche Abgabenbehörde, hier gemäß § 32 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der Triestingtal- und Südbahngemeinden der Obmann der mitbeteiligten Partei, zuständig gewesen.

Mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen hat auch die Vorstellungsbehörde die NÖ AO und nicht das AVG anzuwenden, wenn das Verfahren vor den Gemeindebehörden Abgaben betraf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1995, Zl. 92/17/0247). Dieser Grundsatz hat auch dann zu gelten, wenn an die belangte Behörde im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Vorstellungsbehörde in einem Verfahren betreffend eine Abgabenvorschreibung durch einen Gemeindewasserleitungsverband ein Antrag zugeleitet wird, zu dessen Behandlung der Obmann dieses Wasserleitungsverbandes als Abgabenbehörde erster Instanz zuständig ist.

Damit wäre die belangte Behörde gemäß § 51 NÖ AO verpflichtet gewesen, ihre sachliche Unzuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Das bei ihr eingelangte Anbringen, zu dessen Behandlung sie nicht zuständig war, hätte sie ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen gehabt.

Indem sie stattdessen nach dem unzweideutigen Wortlaut des Spruches ausdrücklich über die Zulässigkeit dieses Antrages absprach, belastete die belangte Behörde Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde (vgl. das zu der dem § 51 NÖ AO insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 6 AVG ergangene hg. Erkenntnis vom 27. November 2000, Zl. 2000/17/0139). Dieser Spruchpunkt war daher ungeachtet der Frage, ob die Beschwerdeführerin hiedurch in ihrem als Beschwerdepunkt bezeichneten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1996, Zl. 94/17/0300) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen. Wien, am 4. Juli 2001

Schlagworte

Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001170076.X00

Im RIS seit

13.12.2001

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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