RS UVS Oberösterreich 1997/05/28 VwSen-280276/2/Kl/Ka

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Veröffentlicht am 28.05.1997
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VwGH vom 9. Februar 1999, Zl. 97/11/0165-2 (Aufhebung) Rechtssatz

Gemäß § 28 Abs.1a Z4 des Arbeitszeitgesetzes - AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. Nr. 446/1994, sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Lenker über die gemäß Art.6 Abs.1 Unterabs.1 oder Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1.000 S bis 25.000 S zu bestrafen.

Gemäß Art.6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr.3820/85 des Rates vom 20.12.1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr darf die nachstehend "Tageslenkzeit" genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zwei Mal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

Weil über die nach § 14 Abs.2 AZG zulässige Tageslenkzeit von 8 Stunden hinaus  im gegenständlichen Fall durch Kollektivvertrag die Lenkzeit bis zu 9 Stunden, zwei Mal wöchentlich jedoch bis zu 10 Stunden ausgedehnt wird (dies ist der Strafanzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk zu entnehmen) und sohin durch den Kollektivvertrag eine Angleichung an die Bestimmung des Art.6 Abs.1 der EU-VO erfolgte, war gemäß § 13 Abs.2 AZG die EU-VO anzuwenden. Im Hinblick auf die Konkretisierung des Tatvorwurfes hat der Spruch des Straferkenntnisses nach ständiger Rechtsprechung des VwGH jedenfalls sämtliche Tatbestandsmerkmale des Vorwurfes zu enthalten. Will daher die belangte Behörde die Nichteinhaltung der Lenkzeiten dem Bw zum Vorwurf machen, so ist es auch erforderlich, neben der Bezeichnung des Arbeitnehmers und der Tatzeitpunkte alle jene Tatbestandselemente in den Spruch aufzunehmen, welche die Nichteinhaltung der jeweils einzuhaltenden Tageslenkzeit nach Art.6 Abs.1 der EU-VO ausmachen. Es muß daher dem Tatvorwurf eindeutig zu entnehmen sein,  ob hinsichtlich des konkreten Arbeitnehmers und des konkreten Tattages jeweils  eine Tageslenkzeit von 9 Stunden oder von 10 Stunden nicht eingehalten (nämlich überschritten) wurde. Dies ist deshalb erforderlich, um dem Bw nicht die Möglichkeit zu seiner Verteidigung und zum Erbringen von Entlastungsbeweisen zu nehmen und andererseits um dem Umfang der Verwaltungsübertretung, nämlich dem Unrechtsgehalt, der auch in dem Strafausmaß zum Ausdruck kommt, Rechnung tragen zu können. Weder die im Verfahren erster Instanz ergangenen Verfolgungshandlungen innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist noch das angefochtene Straferkenntnis tragen diesen Konkretisierungsanforderungen bzw der Subsumtion unter die Strafnorm Rechnung, weshalb aufgrund der eingetretenen Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war. Eine Korrektur durch den O.ö. Verwaltungssenat war insofern nicht möglich, als weder aus den Aktenunterlagen  noch aus dem Straferkenntnis eine Zuordnung unter die jeweils zutreffende gesetzliche Höchstgrenze möglich war.

Die Berufungsausführungen, daß nach Art.6 Abs.1 EG-VO nur Pflichten des Lenkers ausgesprochen sind, führen deshalb nicht zum Erfolg, weil der Bw übersehen hat, daß die Pflicht des Unternehmers zur Einhaltung der Tageslenkzeit nicht aus der zitierten Verordnung (EWG) Nr.3820/85 hervorgeht, sondern vielmehr aus § 28 Abs.1a Z4 AZG, wonach der Lenker vom Arbeitgeber nicht über die in der zitierten Verordnung festgesetzten Lenkzeiten hinaus eingesetzt werden darf. Die Übertretungsnorm iSd § 44a Z2 VStG ist daher entgegen der Auffassung  der belangten Behörde (weil hier § 28 Abs.3 nicht zum Tragen kommt) in § 28 Abs.1a Z4 AZG zu finden, wobei zur näheren Konkretisierung der Lenkzeiten die entsprechende Bestimmung der Verordnung (EWG) Nr.3820/85 zu rezipieren ist. Dies erhellt daraus, daß § 28 Abs.1a Z4 AZG lediglich hinsichtlich der zulässigen Lenkzeit auf die entsprechende Bestimmung der Verordnung (EWG) verweist. Hinsichtlich der Arbeitgeberpflichten enthält hingegen § 28 Abs.1a Z4 AZG keinen Verweis.

Gemäß § 15a Abs.1 ist - in Angleichung an Artikel 8 Abs.1  Unterabs.1 der zitierten EG-VO - Kraftfahrzeuglenkern unter näheren Voraussetzungen innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden zu gewähren. Durch Kollektivvertrag kann zugelassen werden, daß die tägliche Ruhezeit drei Mal wöchentlich auf mindestens 9 zusammenhängende Stunden verkürzt wird (§ 15a Abs.2 AZG). Weiters kann durch Kollektivvertrag (wie schon in Art.8 Abs.1 Unterabsatz 2) zugelassen werden, daß an Tagen, an denen eine tägliche Ruhezeit von mindestens 12 Stunden eingehalten wird, diese Ruhezeit in zwei oder drei Abschnitten genommen werden kann, wobei ein Teil mindestens 8 zusammenhängende Stunden, die übrigen Teile jeweils mindestens 1 Stunde betragen müssen (§ 15a Abs.3 AZG). Laut Strafantrag des anzeigenden Arbeitsinspektorates ist eine Aufteilung der Ruhezeit  in Abschnitte zwar im Kollektivvertrag vorgesehen (Ruhezeit in zwei oder drei Zeitabschnitten in Art.8 Abs.1 Unterabs.2 EG-VO ist als "Kann" - Bestimmung formuliert). Eine Angleichung durch Kollektivvertrag an die zit. EG-VO ist diesbezüglich erfolgt. Im Tatvorwurf hätte dies zum Ausdruck kommen müssen bzw hätten jene Umstände angeführt werden müssen, warum keine zulässige Teilung vorgenommen wurde. Dies ist deshalb erforderlich, weil allen der Umstand, daß eine Ruhezeit von gut 8 Stunden gewährt wurde, noch keine Strafbarkeit nach Art.8 Abs.1 EG-VO (in Verbindung mit dem Kollektivvertrag) ergibt.

Im Hinblick auf die Konkretisierung des Tatvorwurfes hat weiters  der Spruch des Straferkenntnisses jedenfalls sämtliche Tatbestandsmerkmale zu  enthalten. Will daher die belangte Behörde die Nichteinhaltung der Ruhezeit dem Bw zum Vorwurf machen, so ist es auch erforderlich, neben der Bezeichnung des Arbeitnehmers und der Tatzeitpunkte alle jene Tatbestandselemente in den Spruch aufzunehmen, welche die Nichteinhaltung der Ruhezeit im Sinne der vorzitierten Bestimmung ausmachen. Danach ist es wesentlich, daß neben der Angabe der verkürzten Ruhezeit im Spruch auch dem Spruch zu entnehmen ist, ob dem Arbeitnehmer am konkreten Tag eine Ruhezeit von 11 Stunden oder eine Ruhezeit von 9 Stunden (verkürzte Ruhezeit drei Mal pro Woche) zugestanden wäre. Weder die diesbezüglich innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ergangenen Verfolgungshandlungen noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthalten  aber eine diesbezügliche Zuordnung des jeweiligen Tatverhaltens. Es ist daher auch keine Subsumtion unter die gesetzlichen Bestimmungen möglich. Weil aber eine konkrete Zuordnung sowohl hinsichtlich der Verteidigungsrechte des Beschuldigten als auch hinsichtlich des Unrechtsgehaltes und des Strafausmaßes von Relevanz ist, diesbezüglich aber bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, mußte das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden.

Hinsichtlich des Berufungsvorbringens, daß es sich gegenständlich um Pflichten des Fahrers und nicht um Pflichten des Arbeitgebers handle, wird auf die Ausführungen der Entscheidungsbegründung hingewiesen, welche sinngemäß auch für die Überschreitungen nach Art.8 Abs.1 der EU-VO gelten.

Schlagworte
Arbeitgeberpflicht, Übertretungsnorm
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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