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L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art141 Abs1 litaLeitsatz
Zurückweisung von Anfechtungen der Wahl zum Vorsitzenden desAusschusses für Kontrollangelegenheiten eines Gemeinderates mangelsZuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes; Gemeinderatsausschuss alsHilfsorgan des Gemeinderates kein allgemeiner Vertretungskörper undkein GemeindevollziehungsorganSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. In der (konstituierenden) Sitzung des Kontrollausschusses des Gemeinderates der Gemeinde Waidhofen an der Ybbs am 3. Mai 2007 wurde
E A zum Vorsitzenden dieses Ausschusses gewählt. Diese Wahl wurde gemäß §§89 und 90 NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetz von zwei der in diesem Ausschuss vertretenen Wahlparteien, der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) und der Unabhängigen Wahlgemeinschaft - Bürgerliste Waidhofen an der Ybbs (UWG), bei der Stadtwahlbehörde angefochten. Diese gab den Anfechtungen mit Bescheiden jeweils vom 10. Juli 2007 keine Folge.
Dieselben Wahlparteien, die auch die administrativen Wahlanfechtungen eingebracht hatten, fechten nunmehr mit ihren an den Verfassungsgerichtshof gerichteten, auf Art141 B-VG gestützten Anfechtungsschriften die Wahl des Vorsitzenden des Kontrollausschusses des Gemeinderates der Gemeinde Waidhofen an der Ybbs an und beantragen, der Verfassungsgerichtshof wolle die genannte Wahl für nichtig erklären und als rechtswidrig aufheben; in der Anfechtung der SPÖ wird überdies begehrt, der Verfassungsgerichtshof wolle den an diese Wahlpartei gerichteten (die administrative Wahlanfechtung abweisenden) Bescheid der Stadtwahlbehörde aufheben.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Wahlanfechtungen erwogen:
Die Anträge sind nicht zulässig:
1. Nach Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern; nach Art141 Abs1 litb B-VG ua. über die Anfechtung von Wahlen "in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde".
Die §§67 ff VfGG enthalten besondere Vorschriften ua. über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern und zu "einem mit der Vollziehung betrauten Organ einer Gemeinde".
2. Wie der Verfassungsgerichtshof schon in seiner Entscheidung VfSlg. 7678/1975 aussprach, ist - da dem (Verfassungs)Gesetzgeber der Gebrauch unnötiger Worte nicht zugemutet werden kann - anzunehmen, dass er mit den oben erwähnten Rechtsvorschriften die Anfechtung von Wahlen nicht zu allen, sondern nur zu bestimmten Gemeindeorganen zugelassen hat, nämlich einerseits zum Gemeinderat und andererseits in "mit der Vollziehung betraute Organe einer Gemeinde".
Nun ist - so der Verfassungsgerichtshof in der genannten Entscheidung weiter - das einzige Organ einer Gemeinde, das als "allgemeiner Vertretungskörper" anzusprechen ist, der Gemeinderat (Art117 Abs1 lita B-VG). Ein Gemeinderatsausschuss hingegen ist kein allgemeiner Vertretungskörper. Die Wahl in einen Gemeinderatsausschuss kann daher nicht nach Art141 Abs1 lita B-VG angefochten werden. Ein Ausschuss des Gemeinderates, der - wie der hier in Rede stehende Ausschuss - ausschließlich die Stellung eines Hilfsorganes des Gemeinderates hat (s. §33 Abs3 NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetz), fällt auch keinesfalls unter den Begriff: "mit der Vollziehung betrautes Organ der Gemeinde". Die Wahl in einen derartigen Ausschuss ist also auch nicht nach Art141 Abs1 litb B-VG bekämpfbar (vgl. auch schon VfSlg. 16.854/2003).
Schon gar nicht kann daher bei der Wahl des Vorsitzenden dieses Kontrollausschusses von einer Wahl in ein "mit der Vollziehung betraute(s) Organ... einer Gemeinde" gesprochen werden.
Andere Bestimmungen als die oben genannten, die in Betracht kämen, um eine Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über die vorliegenden Wahlanfechtungen zu begründen, gibt es nicht.
3. Eine Deutung der vorliegenden Eingaben an den Verfassungsgerichtshof als gegen die Bescheide der Stadtwahlbehörde, mit denen die administrativen Wahlanfechtungen der einschreitenden Wahlparteien abgewiesen wurden, gerichtete Beschwerden iSd Art144 B-VG kommt nicht in Betracht. Diese Eingaben sind nämlich ausdrücklich und der Sache nach eindeutig auf Art141 B-VG und §68 VfGG gestützt, woran der Umstand nichts ändert, dass in der Eingabe der SPÖ auch die Aufhebung des Bescheides der Stadtwahlbehörde begehrt wird.
4. Die Anträge waren daher wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.
5. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG bzw. gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
Schlagworte
VfGH / Wahlanfechtung, Wahlen, Gemeinderat,Gemeindevollziehungsorgane, Auslegung eines AntragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:WI1.2007Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009