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55 Wirtschaftslenkung;Norm
MOG 1985 §75 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des HT in G, vertreten durch die Kommandit-Partnerschaft Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer und Dr. Günter Secklehner, Rechtsanwälte in 8940 Liezen, Pyhrnstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. September 1996, Zl. 17.274/52-I A 7/96, betreffend Übertragung einer Einzelrichtmenge gemäß § 8 Abs. 6 der Milch-Garantiemengen-Verordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Der Vorstand für den Geschäftsbereich III der Agrarmarkt Austria (AMA) sprach mit Bescheid vom 1. Juli 1996 aus, dass die am 21. September 1994 vom Beschwerdeführer gemäß § 75 MOG angezeigte Übertragung der Einzelrichtmenge des Almbetriebes R. 3 in E. in der Höhe von 17.388 kg unwirksam sei.
Frau E.H. habe im Bereich des Talbodens R. ein grundbücherlich verankertes Servitutsrecht (Eigentümer der Weideflächen sei die E. Waldgenossenschaft) sowie hinsichtlich der Teilfläche Gleck-Wiese samt Hütte (Anschrift R. 3) im Ausmaß von 0,5 ha das Eigentumsrecht. Dieser "Betrieb" sei in den Alpsommern vor dem Alpsommer 1994 auf Grund einer zwischen E.H. und dem Beschwerdeführer mündlich geschlossenen Nutzungsvereinbarung von letzterem mehr als zwanzig Jahre lang bewirtschaftet worden und zwar in der Weise, dass der Beschwerdeführer auf dem Almbetrieb R. 3 (mit eigenen Milchkühen) Milchwirtschaft betrieben und nebenbei auch im Eigentum von E.H. stehendes Jungvieh mitbetreut habe. Bei Einführung der Richtmengenregelung im Milchbereich im Jahr 1978 sei dem Betrieb R. 3 zunächst eine Einzelrichtmenge im Ausmaß von 13.440 kg zugeteilt worden, wobei sich diese durch Überlieferung in den Wirtschaftsjahren 1979/80 bis 1984/85 auf insgesamt 17.388 kg erhöht habe.
Der Almbetrieb R. 3 sei auch im Alpsommer 1994 - wie in den Vorjahren - hauptsächlich von der Mutter des Beschwerdeführers, regelmäßig auch von diesem selbst sowie fallweise von dessen Schwester und Schwager bewirtschaftet worden; das im Eigentum der E.H. stehende Jungvieh sei mitbetreut worden. Am 15. Juli 1994 habe E.H. gegenüber dem Beschwerdeführer die "fristlose Kündigung" der Nutzungsvereinbarung betreffend den Almbetrieb R. 3 ausgesprochen. Danach sei mit sofortiger Wirkung die Benützung der Almhütte R. 3, des Almstalles und die Milcherzeugung mit Zinsvieh einzustellen gewesen. Diese Kündigung sei erfolgt, weil der Beschwerdeführer beabsichtigt habe, die Einzelrichtmenge dieses Almbetriebes zu übertragen bzw. zu verkaufen. Die Kündigung wurde dem Beschwerdeführer persönlich zur Kenntnis gebracht; da er diese "nicht angenommen" habe, sei sie ihm per Post zugesandt und am 8. August 1994 zugestellt worden.
Im Alpsommer 1994 sei vom Beschwerdeführer beim zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb keine Almmeldung (§ 71 Abs. 3 MOG) abgegeben worden. Hingegen habe E.H. am 26. Juli 1994 ihrerseits den Almauftrieb einer Kuh und weiters das Ende der Alpperiode mit 28. September 1994 mitgeteilt. Im Verlauf der Alpperiode 1994 seien vom Almbetrieb R. 3 - auf Grund einer im Juli 1994 zwischen E.H. und dem Beschwerdeführer getroffenen Vereinbarung - täglich ca. 15 kg Milch über die Lieferantennummer der E.H. zunächst von einem Beauftragten zur Sammelstelle E. und von dort mittels Sammeltankwagens zur Betriebsstätte des milchverarbeitenden Unternehmens gebracht worden. Auf diese Weise seien bis 28. September 1994 insgesamt 994 kg Almmilch über die Lieferantennummer der E.H. an die Betriebsstätte geliefert worden.
Am 21. September 1994 sei dem zuständigen milchverarbeitenden Betrieb durch den Beschwerdeführer die Übertragung der gesamten Einzelrichtmenge des Almbetriebes R. 3 an drei Erwerber angezeigt und es seien die "erforderlichen" Unterlagen vorgelegt worden.
Rechtlich sei davon auszugehen, dass ein Verfügungsberechtigter über einen milcherzeugenden Betrieb gemäß § 75 Abs. 1 MOG seine gesamte Einzelrichtmenge oder einen Teil seiner Einzelrichtmenge auf einen oder mehrere Betriebe übertragen könne; gemäß § 75 Abs. 7 leg. cit. sei die angezeigte Übertragung einer Einzelrichtmenge unter anderem dann unwirksam, wenn der abgebende Landwirt (im Zeitpunkt der Anzeige der Übertragung) über den betreffenden Betrieb nicht (mehr) verfügungsberechtigt sei.
Als Verfügungsberechtigter über einen Betrieb sei der anzusehen, auf dessen Namen, Rechnung und Gefahr der Betrieb bewirtschaftet werde. Im Zweifelsfall sei das tatsächliche wirtschaftliche Interesse bzw. auch die Intensität des Interesses für die Definition des Verfügungsberechtigten entscheidend. Der Beschwerdeführer sei auf Grund einer langjährigen Vereinbarung Bewirtschafter des Almbetriebes R. 3 gewesen; im Jahr 1994 habe sich aber durch die mit sofortiger Wirkung erfolgte Kündigung der Nutzungsvereinbarung eine Änderung hinsichtlich des tatsächlichen Bewirtschaftungsrechts ergeben, und zwar in der Weise, dass der Beschwerdeführer - nachdem er der Kündigung nicht widersprochen habe - "im Auftrag und auf Weisung sowie mittels Kontrolle durch" E.H. (bzw. deren Familie) die Bewirtschaftung durchgeführt habe. Die Abgabe der Meldung des Almauftriebs sowie des Almabtriebs durch E.H. seien Indizien dafür, dass sie wieder Verfügungsberechtigte gewesen sei, auch wenn der Beschwerdeführer bzw. dessen Familienangehörige die Alm tatsächlich bewirtschaftet hätten. Da der Beschwerdeführer zum 21. September 1994 (Zeitpunkt der Anzeige der Übertragung) über den Almbetrieb R. 3 nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen sei, habe er keine Einzelrichtmenge gemäß § 75 MOG übertragen können. Die von ihm angezeigte Übertragung an drei Landwirte sei aus diesem Grunde unwirksam.
1.2. In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass die anlässlich eines Gespräches von Frau E.H. ihm gegenüber erklärte Kündigung von ihm "nicht angenommen" worden sei; daraufhin sei eine Kündigung per Post mit 8. August 1994, allerdings mit anderer Begründung bzw. anderen Bedingungen als im persönlichen Gespräch erfolgt. Daraus gehe eindeutig hervor, dass er mit der Kündigung nicht einverstanden gewesen sei. Nach der schriftlichen Kündigung sei eine neuerliche Aussprache mit Frau E.H. bzw. deren Sohn erfolgt, bei der er (der Beschwerdeführer) "unmissverständlich darauf hingewiesen habe, dass die Kündigung ... nicht anerkannt" werde, "da nach 30- jähriger ordnungsgemäßer Bewirtschaftung der Alm man mich mitten im Sommer nicht fristlos und mit sofortiger Wirkung kündigen" könne. Außerdem habe die Nutzungsvereinbarung ohnehin sechs Wochen nach der ausgesprochenen Kündigung geendet. Überdies habe die Nutzungsvereinbarung nicht die Milcherzeugung zum Gegenstand gehabt, denn diese sei seit Jahrzehnten immer auf Namen, Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers erfolgt. Eine Entgeltleistung habe sich immer auf die Haltung von Zinsvieh bezogen. Auch sei die im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung gemachte Feststellung, wonach der Beschwerdeführer im Auftrag und auf Weisung von Frau H. die Bewirtschaftung durchgeführt habe, unrichtig; Frau H. habe lediglich fallweise kontrolliert, ob die Beaufsichtigung des in ihrem Besitz stehenden Jungviehs auch ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Bei dem erwähnten Gespräch mit Frau H. sei ihm (dem Beschwerdeführer) versichert worden, dass die Kündigung nur "formalen Charakter habe und ein Abtrieb meiner Tiere nicht zur Diskussion" stehe. Dadurch habe für den Beschwerdeführer auch kein Grund bestanden, diesem Kündigungsschreiben "große Bedeutung beizumessen oder gar schriftlich darauf zu antworten", weil die Nutzung anstandslos habe weiter erfolgen können. Der Beschwerdeführer sei daher der Überzeugung, auch im Jahre 1994 Verfügungsberechtigter des Betriebes R. 3 gewesen zu sein. Anlässlich der Aussprache mit Frau H. habe er jedoch deren Wunsch akzeptiert, ab dem Aussprachetermin als Entgeltleistung für die Zinsviehhaltung täglich 15 kg Milch zu ihrer Verfügung zu stellen, welche ab diesem Zeitpunkt von einem Beauftragten von Frau H. abgeholt worden sei. Dabei sei dem Beschwerdeführer allerdings verschwiegen worden, dass Frau H. zuvor eine Almmilchmeldung abgegeben habe und diese nunmehr mit der vom Beschwerdeführer gelieferten Milch erfülle; Frau H. habe nie eine Milchkuh auf der von ihm bewirtschafteten Alm gehalten. Die Meldung des Almauftriebes (im Jahr 1994) sei durch den Beschwerdeführer nur deshalb unterblieben, weil trotz oftmaliger Versuche sowohl mit der AMA als auch mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vor dem Almauftriebsdatum "keine rechtliche Klärung der Almmilchfrage" zu Stande gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch aus Fütterungsgründen das Vieh nicht mehr auf der Heimliegenschaft belassen können, sondern es vor Klärung der Rechtsfrage auf die Alm auftreiben müssen. Daraus sei ihm ein beträchtlicher wirtschaftlicher Schaden durch die tägliche Abfuhr der Milch in die Heimliegenschaft und die dadurch bedingte Überlieferung seines dortigen Milchkontingentes entstanden.
1.3. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 18. September 1996 wies die belangte Behörde (unter anderem) die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 289 BAO iVm § 8 der Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995 idF BGBl. Nr. 189/1996, (in der Folge: MGM-V) ab.
Die belangte Behörde ging dabei erkennbar von den bereits von der Behörde erster Instanz getroffenen Feststellungen aus. Rechtlich sei der Beschwerdeführer auf Grund einer "langjährigen Vereinbarung" Bewirtschafter des Almbetriebes, wobei sich aber im Jahr 1994 durch die mit sofortiger Wirkung erfolgte Kündigung der Nutzungsvereinbarung eine Änderung hinsichtlich des tatsächlichen Bewirtschaftungsrechts ergeben habe, und zwar in der Weise, dass der Beschwerdeführer - nachdem er der Kündigung nicht widersprochen habe - im Auftrag und auf Weisung sowie unter Kontrolle der Frau H. (bzw. die Familie H.) die Bewirtschaftung durchgeführt habe. Die Abgabe der Meldung des Almauftriebs sowie des Almabtriebs durch Frau H. seien Indizien dafür, dass diese wieder verfügungsberechtigt geworden sei, auch wenn der Beschwerdeführer bzw. seine Familienangehörigen die Alm tatsächlich bewirtschaftet hätten. Da somit der Beschwerdeführer zum 21. September 1994 (dem Zeitpunkt der Anzeige der Übertragung) nicht mehr Verfügungsberechtigter über den Almbetrieb gewesen sei, habe er auch keine Einzelrichtmenge gemäß § 75 MOG übertragen können.
1.4. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich in seinem Recht, nach § 8 der MGM-V die zustehende Referenzmenge übertragen zu können, verletzt.
1.5. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1.Verfügungsberechtigte über milcherzeugende Betriebe können gemäß § 75 Abs. 1 erster Satz Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210 (MOG), nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen ihre gesamte Einzelrichtmenge oder einen Anteil ihrer Einzelrichtmenge auf einen oder mehrere Betriebe übertragen.
Jeder Erwerb einer Einzelrichtmenge oder eines Anteils einer Einzelrichtmenge, der näher umschriebene Voraussetzungen nicht erfüllt, ist nach § 75 Abs. 7 leg. cit. unwirksam, ausgenommen gemäß § 75g MOG verteilte Einzelrichtmengenanteile. Sollte eine der in Abs. 2 fünfter bis letzter Satz genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sein, so ist die angezeigte oder bestätigte Übertragung der Einzelrichtmenge oder von Anteilen der Einzelrichtmenge dennoch wirksam. In diesem Fall sind allfällige Ersatzansprüche auf dem Zivilrechtswege geltend zu machen.
§ 8 MGM-V trägt die Überschrift "Übertragung von Referenzmengen (Handelbarkeit)".
Nach § 8 Abs. 1 MGM-V in der Stammfassung kann (konnte; vgl. BGBl. II Nr. 28/1998) ein Betriebsinhaber einem anderen Betriebsinhaber ganz oder teilweise Referenzmengen ohne Überlassung des entsprechenden Betriebes nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen übertragen; ist - so Z 2 leg. cit. - der abgebende Betriebsinhaber nicht mit dem Betriebseigentümer ident, ist die schriftliche Zustimmung der Betriebseigentümer zur Übertragung der Referenzmengen erforderlich. Wird ein Eigentümer übergangen, wird die Übertragung der Referenzmenge dennoch wirksam und allfällige Schadenersatzansprüche sind auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.
Nach § 8 Abs. 6 MGM-V in der Stammfassung werden bis 31. Dezember 1994 angezeigte Übertragungen der Einzelrichtmenge gemäß § 75, § 75b oder § 75c Abs. 3 oder Abs. 5 MOG, die nach dem 1. Juli 1994 infolge der verkürzten Laufzeit des Wirtschaftsjahres 1994/95 nicht mehr wirksam werden konnten, mit 1. April 1995 wirksam, soferne die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 bis 3 vorliegen und bis 31. Mai 1995 kein schriftlicher Widerruf der Anzeige durch eine der Vertragsparteien bei der AMA erfolgt.
§ 11 MGM-V lautet(e) in der für die hier zu beurteilende Übertragung vom 21. September 1994 maßgebenden Stammfassung BGBl. Nr. 225/1995 (auszugsweise):
"Verfügung über Referenzmenge nach Beendigung des Pachtverhältnisses
§ 11. (1) Hat der Pächter als Verfügungsberechtigter über einen milcherzeugenden Betrieb während der Dauer des Pachtverhältnisses für den Pachtbetrieb
1. Einzelrichtmengen oder Anteile von Einzelrichtmengen gemäß § 75b Abs. 1 Z 1 bis 3 MOG erlangt bzw. erworben oder
2. Referenzmengen gemäß § 8 erworben,
so kann der Pächter die neu erworbenen Mengen nach Ablauf des Pachtvertrages im zu diesem Zeitpunkt bestehenden Ausmaß ganz oder teilweise auf einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb, über den der Pächter verfügungsberechtigt ist, übertragen.
(2) Anstelle einer Übertragung gemäß Abs. 1 kann der Pächter die in Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Mengen gemäß § 8 übertragen.
(3) Die Übertragung gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 ist bis zum Ende des Zwölf-Monatszeitraumes, der dem Ablauf des Pachtvertrags folgt, dem für den übertragenden Betrieb zuständigen Abnehmer schriftlich anzuzeigen. Dieser Abnehmer hat die weiteren davon berührten Abnehmer und die AMA von der Übertragung zu benachrichtigen.
(4) Der über den zuvor verpachteten Betrieb Verfügungsberechtigte darf bis zur endgültigen Entscheidung, ob und in welchem Ausmaß Referenzmengen gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 übertragen werden, innerhalb der Frist gemäß Abs. 3 Verfügungen nur insoweit treffen, als die Ansprüche des bisherigen Pächters gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 nicht beeinträchtigt werden.
..."
§ 75b Abs. 1 MOG, BGBl. Nr. 210/1985 idF BGBl. Nr. 969/1993, lautete:
"Hat ein Pächter als Verfügungsberechtigter über einen
milcherzeugenden Betrieb während der Dauer des Pachtverhältnisses
1. eine Einzelrichtmenge oder Anteile von
Einzelrichtmengen auf eigene Rechnung im Rahmen der Handelbarkeit
gemäß § 75 ab 1. Juli 1988 erlangt oder
2. Anteile von Einzelrichtmengen infolge Überlieferung
der Einzelrichtmenge zur bestehenden Einzelrichtmenge des milcherzeugenden Betriebes vor dem 1. Juli 1988 hinzu erworben oder
3. nach dem 1. Juli 1978 auf einem Pachtbetrieb ohne Einzelrichtmenge eine Einzelrichtmenge als Neulieferant erworben und stimmt der Verpächter der Übertragung der Einzelrichtmenge vom Pachtbetrieb auf einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb zu,
so kann der Pächter die neu erworbene Richtmenge oder die neu erworbenen Anteile der Richtmenge im zu diesem Zeitpunkt bestehenden Ausmaß gerundet auf die nächste zur Gänze durch zwölf teilbare Zahl auf Antrag nach Ablauf des bisherigen Pachtvertrages ganz oder teilweise auf einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb übertragen, sofern der Pächter über diesen anderen landwirtschaftlichen Betrieb verfügungsberechtigt ist. Der Pächter hat das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Z 1 bis 3 durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachzuweisen.
An Stelle einer Übertragung konnte der Pächter gemäß Abs. 1a leg. cit. die gemäß Abs. 1 neu erworbene Einzelrichtmenge oder die gemäß Abs. 1 neu erworbenen Anteile einer Einzelrichtmenge im Rahmen der Handelbarkeit gemäß § 75 auf einen oder mehrere andere Betriebe übertragen.
2.2. Nach den oben (Punkt 1.1.) wiedergegebenen, von der belangten Behörde übernommenen erstinstanzlichen Feststellungen hat Frau E.H. im Bereich des Talbodens R. ein grundbücherlich verankertes Servitutsrecht an Weideflächen sowie hinsichtlich einer Teilfläche (samt Hütte) im Ausmaß von 0,5 ha das Eigentumsrecht. Der Beschwerdeführer habe dort mit eigenen Milchkühen Milchwirtschaft betrieben und nebenbei auch im Eigentum von E.H. stehendes Jungvieh mitbetreut.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1996, Zl. 94/17/0300) ist unter Betrieb eine organisatorisch-technische, im Wesentlichen selbstständige geschlossene Einheit sachlicher und persönlicher Mittel zur Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke zu verstehen. Zur Milcherzeugung geeignet ist ein Betrieb nur dann, wenn er neben den für die Viehhaltung allgemein erforderlichen Betriebsgrundlagen auch in relevanter Weise solche umfasst, die charakteristischerweise gerade für die Milchproduktion notwendig sind. Dazu gehören insbesondere Milchkühe (vgl. auch die im genannten Erkenntnis vom 25. Oktober 1996 zitierte Vorjudikatur). Daran ändert auch § 5 Abs. 3 MGM-V nichts, wonach ein Betrieb aus den zur Milcherzeugung erforderlichen und genutzten Flächen sowie jenen Wirtschaftsgebäuden und Teilen der Betriebsstätte, die zur Milcherzeugung dienen, besteht, spricht doch diese Bestimmung ausdrücklich auch von der Milcherzeugung und setzt somit die Milchkuh als wesentliches Produktionsmittel voraus.
Die belangte Behörde ist ohne weitere Feststellungen davon ausgegangen, dass E.H. einen milcherzeugenden Betrieb als "Verpächterin" an den Beschwerdeführer übergeben hat und dieser daher nicht kraft eigenen Rechtes Inhaber des vorliegenden Betriebes, sondern nur dessen "Pächter" war. Diese Frage ist aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes vor dem Hintergrund, dass es auf die wesentlichen Betriebsmittel ankommt, noch klärungsbedürftig. In der Folge werden Feststellungen darüber zu treffen sein, ob das Schwergewicht der Betriebsmittel dieses milcherzeugenden Almbetriebes bei den milcherzeugenden Kühen und anderen Betriebsmitteln des Beschwerdeführers gelegen war oder ob Futterflächen und sonstige Betriebsmittel der E.H. (in Verbindung mit Kühen) als für den Betriebserfolg wesentlich anzusehen waren. Sollte sich dabei herausstellen, dass es sich um einen dem Beschwerdeführer als Eigenbetrieb zuzurechnenden Almbetrieb gehandelt hat, so wäre er über die gegenständlichen Referenzmengen verfügungsberechtigt gewesen.
2.3. Für den Fall, dass sich auf Grund der ergänzenden Erhebungen herausstellen sollte, dass der Beschwerdeführer nicht als Inhaber des Betriebes kraft eigenen Rechtes anzusehen sein sollte, wird die Behörde zu klären haben, ob - wie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat und worauf er vor dem Gerichtshof zutreffend verweist - nach Zugang der "Kündigungserklärung" vom 15. Juli 1994 eine Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und E.H. dahin getroffen wurde, dass der Beschwerdeführer noch bis zum Ende der Nutzungsperiode (bis zum Almabtrieb) die Alm (wie bisher) nutzen dürfe. Diese Frage ist deshalb von Bedeutung, weil davon - bezogen auf den Zeitpunkt der beabsichtigten Übertragung der Einzelrichtmenge - die Frage der Verfügungsberechtigung (und damit die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 1 einerseits oder des § 11 der MGM-V andererseits) abhängig ist. War der Beschwerdeführer bis zum Ende der Almperiode noch verfügungsberechtigt, konnte er - gestützt auf § 8 MGM-V - die gegenständliche Referenzmenge übertragen. Die Behörden haben auf Grund von Indizien (Almauftriebs- und Almabtriebsmeldung durch E.H.) den Schluss gezogen, dass der Beschwerdeführer nicht (mehr) Verfügungsberechtigter über den Betrieb gewesen sei; eine Klärung der rechtlichen Grundlage für die Bewirtschaftung durch den Beschwerdeführer nach Zugang der "Kündigungserklärung" unterblieb jedoch.
2.4. Bei einer neuerlichen Entscheidung wird die Behörde weiters zu berücksichtigen haben, dass der Beschwerdeführer für jene Menge, die er durch Überlieferung erworben hat, jedenfalls im Rahmen des § 75b Abs. 1 Z 2 MOG verfügungsberechtigt war. Sollte daher die Behörde im weiteren Verfahren zum Ergebnis kommen, dass das Nutzungsverhältnis im Zeitpunkt der Referenzmengenübertragung bereits aufgelöst und der Beschwerdeführer daher nicht mehr verfügungsberechtigt war, war der Beschwerdeführer dennoch im Rahmen der im § 75b Abs. 1 MOG genannten Fälle zur Übertragung der Referenzmenge berechtigt.
2.5. Die belangte Behörde hat aus den dargelegten Erwägungen den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Dieser war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wobei zu berücksichtigen war, dass eine Beilage nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.
Wien, am 4. Juli 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1996170440.X00Im RIS seit
15.01.2002