TE Vwgh Erkenntnis 2001/7/6 97/19/0859

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Veröffentlicht am 06.07.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des am 25. September 1974 geborenen CH, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Februar 1997, Zl. 120.048/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 19. März 1996 (Einlangen bei der erstinstanzliche Behörde) durch seinen Rechtsvertreter im Wege der österreichischen Botschaft Pressburg die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz unter Benützung des hiefür vorgesehenen amtlichen Formulars. Als "derzeitiger Wohnsitz" wurde ein näher bezeichneter Ort in der Türkei, als gesicherte Unterkunft in Österreich "Wien" ohne nähere Angaben angeführt. In der Rubrik "Aufenthaltszweck" wurde die Ausübung sowohl einer unselbständigen als auch einer selbständigen Tätigkeit angekreuzt, als Bezeichnung des beabsichtigten Berufes scheint "geschäftsführender Gesellschafter" auf. In der Rubrik "in Österreich verfügbare eigene Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf die Dauer des Aufenthaltes" wurde "Geschäftsführer-Entgelt" angegeben. Im Begleitschreiben des Rechtsvertreters wurde ausgeführt, dass der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers und dessen regelmäßiges Arbeitseinkommen als geschäftsführender Gesellschafter "ausreichend gesichert" sei. In der Wohnung seiner Schwester in Wien stehe dem Beschwerdeführer eine gesicherte Unterkunft zur Verfügung. Es werde daher der Antrag auf "Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG mit einer Gültigkeit von 24 Monaten ab positiver Erledigung dieses Antrages" gestellt.

Der Landeshauptmann von Wien wies den als solchen auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gewerteten Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 21. Mai 1996 gemäß § 4 Abs. 1 AufG ab. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters zur Vorlage ergänzender Unterlagen (Notariatsakt, Handelsregisterauszug, Gewerbeschein, aktueller Einkommensnachweis, Krankenversicherung, Mietvertrag, Meldezettel, Belege über monatliche Mietzinsbelastung etc.) aufgefordert. Der Beschwerdeführer gab dazu weder eine Stellungnahme ab noch legte er irgendwelche Urkunden vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19. Februar 1997 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 5 Abs. 1 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Bezug habenden Gesetzesstellen aus, da trotz Aufforderung zur Stellungnahme vom 9. Oktober 1996 keine Bestätigung über den Lebensunterhalt sowie die ortsübliche Unterkunft des Beschwerdeführers erfolgt sei bzw. der Beschwerdeführer diese Tatsachen nicht nachgewiesen habe, sei sein Lebensunterhalt und seine Unterkunft nicht als gesichert anzusehen; es seien die öffentlichen Interessen deutlich höher einzustufen als die privaten Interessen des Beschwerdeführers. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es Sache des Fremden, von sich aus (initiativ) zu "beweisen", dass er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. Bei Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK habe die belangte Behörde festgestellt, dass die öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, worunter zu verstehen sei, dass der Lebensunterhalt sowie die Unterkunft eines jeden in Österreich lebenden Fremden gesichert sei, überwögen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautete:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

Weder nach der Aktenlage noch nach dem Beschwerdevorbringen verfügte der Beschwerdeführer jemals über eine Aufenthaltsbewilligung. Die belangte Behörde wertete seinen Antrag daher zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Der angefochtene Bescheid ist demnach auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten.

Soweit der Beschwerdeführer als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend macht, die belangte Behörde habe über seinen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes nicht entschieden, sondern einen (gar nicht gestellten) Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen, ist ihm zu entgegnen, dass im Hinblick auf den angegebenen Aufenthaltszweck (Ausübung einer selbständigen und/oder unselbständigen Erwerbstätigkeit) es nicht als rechtswidrig erkannt werden kann, dass der Antrag des Beschwerdeführers (ungeachtet der Bezeichnung im Begleitschreiben) als solcher auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gewertet wurde (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 Z. 2 AufG sowie § 7 Abs. 7 FrG 1992).

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass er in seinem Begleitschreiben zum Antrag bei der österreichischen Botschaft Pressburg "sowohl sein gesichertes Einkommen und seine gesicherte Unterkunft in Wien behauptet und bewiesen" habe.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller von sich aus (initiativ) zu belegen, dass er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel sowie über eine ortsübliche Unterkunft verfügt. Aufforderungen seitens der Behörde an den Antragsteller, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebenso wenig geboten, wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1998, Zl. 96/19/2042). Von den diesbezüglichen Angaben des Fremden kann die Behörde selbst dann ausgehen, wenn sie erstmals den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG heranzieht. Die Beschwerdebehauptung, das gesicherte Einkommen und die gesicherte Unterkunft seien bereits im Begleitschreiben zum Antrag "bewiesen" worden, findet in der Aktenlage keine Deckung, waren doch dem Antrag nach der vom Beschwerdeführer selbst vorgenommenen Auflistung der Beilagen keine diesbezüglichen Urkunden angeschlossen. Wie bereits eingangs dargestellt, forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer im Zuge des Berufungsverfahrens auf, entsprechende Nachweise über sein Einkommen und seine Unterkunft vorzulegen. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, dieser Aufforderung zur Mitwirkung im Verwaltungsverfahren zu entsprechen.

Da der Beschwerdeführer somit seiner Obliegenheit zur Mitwirkung an der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes nicht nachgekommen ist, kann die rechtliche Schlussfolgerung der belangten Behörde, der Unterhalt des Beschwerdeführers sei für die Dauer der angestrebten Bewilligung nicht gesichert, und er habe das Vorhandensein einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft nicht belegt (§ 5 Abs. 1 AufG), nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers erweist sich auch vor dem Hintergrund des Art. 8 MRK nicht als rechtswidrig. Insoweit die Abweisung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung überhaupt in ein durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschütztes Recht des Beschwerdeführers zu dem von ihm angegebenen Aufenthaltszweck (Ausübung einer Erwerbstätigkeit) eingriffe, wäre der Eingriff gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Die Anwesenheit Fremder, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, im Bundesgebiet führte nämlich zu einer Belastung der Sozialhilfeträger und damit zu einer Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wohles des Landes. Die dadurch tangierten öffentlichen Interessen sind derart gewichtig, dass sie einen Eingriff in ein allenfalls bestehendes Recht des Beschwerdeführers zum geltend gemachten Aufenthaltszweck notwendig machen (vgl. z.B. das zum angestrebten Aufenthaltszweck des Schulbesuches ergangene hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1998, Zlen. 96/19/1802, 1999).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht. Wien, am 6. Juli 2001

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1997190859.X00

Im RIS seit

10.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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