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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, in der Beschwerdesache der am 30. September 1994 geborenen N P in W, vertreten durch Dr. Peter Klein, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Eschenbachgasse 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Oktober 1998, Zl. 308.162/14- III/11/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Oktober 1998 wurde ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 10 Abs. 3 FrG 1997 abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, die Beschwerdeführerin habe als Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Fremden" angegeben. Gemäß § 21 Abs. 3 FrG 1997 sei der Familiennachzug Drittstaatsangehöriger, die sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer niedergelassen haben, auf die Ehegatten und die Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres beschränkt. Auf Grund dieser eindeutigen Bestimmung gehe klar hervor, dass im Fall der Beschwerdeführerin der Zweck der Familiengemeinschaft ausgeschlossen sei, weil sie lediglich mit ihrem Vormund zusammenleben wolle. Zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes sei von der Beschwerdeführerin ausschließlich die Verpflichtungserklärung ihres Vormundes und dessen Gatten vorgelegt worden. Gemäß § 10 Abs. 3 letzter Satz FrG 1997 sei die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung auf Grundlage einer Verpflichtungserklärung unzulässig. Die Behörde habe bei der Ausübung des ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessens jeweils vom Zweck sowie von der Dauer des geplanten Aufenthaltes des Fremden ausgehend auf seine persönlichen Verhältnisse, auf öffentliche Interessen und auf die besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes Bedacht zu nehmen. Zu den öffentlichen Interessen sei zu sagen, dass ein immenses öffentliches Interesse an einer geordneten Handhabung der fremdenrechtlichen Bestimmungen bestehe. Bei Abwägung der privaten Interessen mit den öffentlichen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK sei festgestellt worden, dass im Fall der Beschwerdeführerin die öffentlichen Interessen überwögen.
Laut Mitteilung des Landeshauptmannes von Wien wurde der Beschwerdeführerin mittlerweile (auf Grund eines weiteren Antrages) mit Bescheid vom 5. März 2001 eine Niederlassungsbewilligung bis 21. Dezember 2001 mit dem Zweck "Familiengemeinschaft ausg. Erwerbstätigkeit" erteilt. Zu der zwischenzeitig erteilten Niederlassungsbewilligung vom Verwaltungsgerichtshof befragt, gab die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 10. Mai 2001 bekannt, durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht mehr verletzt zu sein.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, SlgNr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980 darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben, weil es sich bei dem für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Antrag der Beschwerdeführerin um einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung handelte. Im Falle ihres Obsiegens im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren hätte für die Beschwerdeführerin eine Erstniederlassungsbewilligung nur mit Wirksamkeit ab dem Zeitpunkt der Erteilung dieser Bewilligung ausgestellt werden können. Da sie aber mittlerweile eine Niederlassungsbewilligung erhalten hat, hat sie auch kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten allerdings einen unverhältnismäßigen
Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird. Wien, am 6. Juli 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999190030.X00Im RIS seit
20.09.2001