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E000 EU- Recht allgemein;Norm
11994N/PRO/09 EU-Beitrittsvertrag Prot9 Art1 lite;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des T in Ungarn, vertreten durch MMag. Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunnerstraße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 28. Juni 2000, Zl. VwSen-110141/2/Le/La, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3. März 2000 für schuldig erkannt, er habe am 9. Dezember 1999 um 13.38 Uhr auf der Innkreisautobahn A 8, bei StrKm 75,200, Gemeindegebiet Suben, als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, nämlich mit einem Sattelzugfahrzeug und einem Sattelanhänger - beide dem Kennzeichen nach bestimmt - (Zulassungsbesitzer: Fa. S GmbH) gewerbsmäßig einen Straßengütertransitverkehr durch Österreich (Ausgangspunkt:
Ungarn; Zielpunkt: Deutschland), für welchen Ökopunkte benötigt worden seien, durchgeführt, ohne ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermögliche und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet werde, mitgeführt zu haben; der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("ecotag") mit der Identifikationsnummer 1234082331 sei so eingestellt gewesen, dass ersichtlich gewesen sei, dass vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet keine Transitfahrt durchgeführt werde, sodass keine automatische Entwertung der Anzahl von Ökopunkten, die den auf dem Umweltdatenträger des Fahrzeuges gespeicherten Angaben über die NOx-Emissionen entspreche, ermöglicht worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 GütbefG 1995 iVm Art. 1 Abs. 1 lit. a und lit. b und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 20.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe (in der Dauer von 67 Stunden) verhängt wurde.
1.2. Mit dem im Instanzenzug angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG nicht Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sich die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach die gegenständlichen Fahrt eine ökopunktefreie bilaterale Fahrt gewesen sei, weil über Auftrag der Firma S die Wechselaufbauten am Parkplatz des Grenzüberganges Suben von einem anderen Fahrzeug der Firma S übernommen hätten werden sollen, als Schutzbehauptung (für die zudem keinerlei Beweise angeboten worden seien) erwiesen habe, der nicht zu folgen sei. Eine Reihe von Indizien spreche zwingend dafür, dass die Fahrt sehr wohl eine Transitfahrt gewesen sei. So gehe aus dem vom Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt mitgeführten und vorgelegten CMR-Brief hervor, dass die Ladung, nämlich 6.477 kg weiße Gänsedaune, vom Absender H in Budapest zum Empfänger C. in Neustadt, Deutschland, gebracht werden sollte; die Kennzeichen des LKW und des Anhängers, die im CMR-Brief angegeben gewesen seien, hätten exakt den Kennzeichen des vom Beschwerdeführer gelenkten LKW-Zuges entsprochen. Überdies sei der CMR-Brief vom Beschwerdeführer als Frachtführer unterfertigt gewesen. Es sei vom Beschwerdeführer zwar die Kopie der CEMT-Genehmigung D No. 0042 vorgewiesen worden, doch habe er die Fahrt im dazugehörigen Fahrtenberichtsheft nicht eingetragen gehabt. Die Fahrt sei somit auch nicht als bilaterale Fahrt deklariert gewesen.
2. Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
2.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 idF. BGBl. Nr. 17/1998 (in der Folge GütbefG 1995) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Als solche Vorschriften der Europäischen Union kommen im Beschwerdefall die Regelungen in dem den EU-Beitrittsakten beigefügten Protokoll Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich, BGBl. Nr. 45/1995 - mit dem die wesentlichen Regelungen des Transitabkommens, BGBl. Nr. 823/1992 übernommen wurde, das primärrechtlichen Rang hat und entsprechend dem Art. 2 der EU-Beitrittsakte für Österreich und die anderen neuen Mitgliedstaaten das am 31. Dezember 1994 vorhandene Primärrecht modifiziert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 96/03/0385) - und weiters die Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission vom 30. Juli 1996, in Betracht.
Nach Art. 1 lit. c des besagten Protokolls Nr. 9 gilt als "Transitverkehr durch Österreich" jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen; gemäß Art. 1 lit. g leg. cit. gelten als "bilateraler Verkehr" alle grenzüberschreitenden Fahrten eines Fahrzeugs, bei denen sich der Ausgangs- bzw. Zielpunkt in Österreich und der Ziel- bzw. Ausgangspunkt in einem anderen Mitgliedstaat befindet sowie Leerfahrten in Verbindung mit solchen Fahrten. Nach Art. 1 lit. e leg. cit. ist "Straßengütertransitverkehr durch Österreich" jeder Transitverkehr durch Österreich, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als "Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("Ecotag") bezeichnet wird; oder
c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, und wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ...".
Die am 11. April 2000 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission, ABl. Nr. L 073 vom 22. März 2000, S. 9, ist im Grunde des § 1 Abs. 2 VStG auf den Beschwerdefall jedenfalls nicht anzuwenden, erfolgte doch die Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides (Zustellung an den Beschwerdeführer) nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten schon am 10. März 2000. 2.2. Zu der im Beschwerdefall strittigen Frage, ob es sich bei der vom Beschwerdeführer durchgeführten Fahrt um eine Transitfahrt handelte, ist auszuführen, dass die Fahrt eines LKW durch österreichisches Hoheitsgebiet nur dann als Transitfahrt angesehen werden kann, wenn bereits beim Grenzeintritt in das österreichische Hoheitsgebiet feststeht, dass der Zielpunkt außerhalb Österreichs liegt. Von diesen dem Begriff des "Straßengütertransitverkehr durch Österreich" im Sinne des Art. 1 lit. e des den EU-Beitrittsakten beigefügten Protokolls Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich, BGBl. Nr. 45/1995, zuzuordnenden Fahrten sind jene Fahrten zu unterscheiden, die unter dem Begriff des "bilateralen Verkehrs" im Sinne des Art. 1 lit. g leg.cit. zu subsumieren sind; das sind alle grenzüberschreitenden Fahrten eines Fahrzeuges, bei denen sich der Ausgangs- bzw. Zielpunkt in Österreich und der Ziel- bzw. Ausgangspunkt in einem anderen Mitgliedstaat befindet sowie Leerfahrten in Verbindung mit solchen Fahrten. Maßgebend ist hiebei, ob die Umstände in ihrer Gesamtheit den Schluss rechtfertigen, dass für die Fahrt mit dem LKW bereits im Zeitpunkt des Grenzeintrittes in das österreichische Hoheitsgebiet ein Zielpunkt außerhalb Österreichs bestimmt war (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1998, Zl. 97/03/0361, und vom 3. Mai 2000, Zl. 99/03/0443, mwH).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass für die vorliegende Fahrt bereits im Zeitpunkt des Grenzeintrittes in das österreichische Hoheitsgebiet ein Zielpunkt außerhalb Österreichs bestimmt war, sodass eine Transitfahrt vorgelegen habe, und dass es sich bei der Behauptung des Beschwerdeführers, es hätten über Auftrag der Firma S die Wechselaufbauten am Parkplatz des Grenzüberganges Suben von einem anderen Fahrzeug der Firma S übernommen werden sollen, um eine Schutzbehauptung handeln würde, ist doch die maßgebliche, auf die im angefochtenen Bescheid angeführten, oben unter 1.2. wiedergegebenen Indizien gestützte Beweiswürdigung im Rahmen der diesbezüglich dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Kontrolle (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als unschlüssig zu erkennen. Vor diesem Hintergrund geht seine Behauptung, er habe unwiderlegt vorgebracht, dass das "Umbrücken" der Wechselaufbauten in Suben beabsichtigt war, sodass es sich nicht um eine bilaterale Fahrt gehandelt habe, für die richtigerweise keine Ökopunkte zu entrichten gewesen wären, fehl.
Damit geht auch die Rüge des Beschwerdeführers, wonach es die belangte Behörde unterlassen habe, Feststellungen dahingehend zu treffen, ob ein Umbrücken der Wechselaufbauten beabsichtigt gewesen sei und welchen Zweck bzw. welches Ziel die gegenständliche Fahrt überhaupt gehabt habe, ins Leere.
2.3. Ferner wendet der Beschwerdeführer ein, dass er - unter Hinweis auf die Zolldokumentation GK-0500 - auf Grund einer vertretbaren Rechtsansicht davon ausgegangen sei, dass keine Verpflichtung zur Entrichtung von Ökopunkten bestanden habe, da das "Umbrücken" der Wechselaufbauten in Suben beabsichtigt gewesen sei. Zudem habe er auch über eine entsprechende Weisung seines Dienstgebers verfügt. Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Von einem eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführenden Lenker muss verlangt werden, sich mit den einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Hiezu genügt es aber nicht, sich bloß auf Auskünfte seines Arbeitgebers zu verlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 99/03/0128, mwH). Weiters kann der Beschwerdeführer schon angesichts dessen, dass die belangte Behörde (vgl. oben unter 2.2.) unbedenklicherweise zum Ergebnis kam, dass im Beschwerdefall kein Fall des "Umbrückens" von Wechselaufbauten oder Containern vorlag, mit seinem Hinweis auf die genannte Zolldokumentation ("Güterverkehr auf der Straße"), in der unter Punkt 2.2. ("Transitverkehr") u.a. festgehalten ist, dass "nicht als Transitfahrt sondern als bilaterale Fahrt ... das Umladen von Wechselaufbauten oder Containern auf andere Lastwagen anzusehen" sei, nichts gewinnen.
2.4. Entgegen der Beschwerde kann der Gerichtshof angesichts der oben unter Punkt 1.1. genannten klaren Umschreibung des dem Beschwerdeführer angelasteten Verhaltens - dass er nämlich die Unterlagen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission nicht mitgeführt hat - auch nicht finden, dass der angefochtene Bescheid im Hinblick auf § 44a Z. 1 VStG nicht hinreichend bestimmt sei, zumal in Ansehung dieser Umschreibung (im Zusammenhalt mit den Angaben betreffend Tatort und Tatzeit) kein Anhaltspunkt für eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte oder für die Gefahr einer Doppelbestrafung - der im Übrigen weder einen solchen Anhaltspunkt noch eine solche Gefahr konkret dargetan hat - gegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 99/03/0127). Aus diesen Erwägungen ist auch die Rüge, die Behörde hätte den bekämpften Bescheid mit Blick auf die Umschreibung der dem Beschwerdeführer angelasteten Tat nicht hinreichend klar begründet, nicht zielführend.
2.5. Mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde hätte ihn gemäß der Manuduktionspflicht anzuleiten gehabt, entsprechende Beweisanträge, wie etwa die Zeugeneinvernahme seines Arbeitgebers, zu stellen, verkennt der Beschwerdeführer schließlich, dass es nach den diesbezüglich maßgeblichen Bestimmungen der § 13a AVG iVm § 24 VStG nicht Aufgabe der Behörde ist, einen Beschuldigten dahingehend anzuleiten, welche Behauptungen und Beweisanträge er zu stellen hat, um einer Bestrafung zu entgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1998, Zl. 97/03/0381).
2.6. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
2.7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 11. Juli 2001
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Transitfahrt bilateraler Verkehr Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 Transitfahrt bilateraler VerkehrEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000030273.X00Im RIS seit
27.09.2001