TE Vwgh Erkenntnis 2001/7/11 2000/03/0259

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Veröffentlicht am 11.07.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §37 Abs5;
ZustG §23 Abs1;
ZustG §23 Abs4;
ZustG §23;
ZustG §25;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des J in Ungarn, vertreten durch Dr. Sepp Holzmüller, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Bahngasse 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 5. Juli 2000, Zl. VwSen-110112/3/Kl/Rd, betreffend Zurückweisung einer Berufung iA Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 5. Juli 2000 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14. Jänner 1999, mit dem eine gemäß § 37 Abs. 5 VStG wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetzes 1995 von Aufsichtsorganen der Zollwache eingehobene vorläufige Sicherheit von S 20.000,-- für verfallen erklärt wurde, gemäß § 68 Abs. 1 AVG iVm § 24 VStG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus: Der Beschwerdeführer sei am 2. Dezember 1998 an der Grenzkontrollstelle Suben angehalten worden, weil er keine CEMT-Bewilligung habe vorlegen können, und es sei ihm die besagte vorläufige Sicherheit gegen Bestätigung abgenommen worden. Gleichzeitig sei ihm eine Aufforderung zur Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten binnen zwei Wochen an die genannte Bezirkshauptmannschaft schriftlich überreicht und die Übernahme vom Beschwerdeführer durch Unterschrift bestätigt worden. In der Aufforderung seien die Rechtsfolgen einer nicht fristgerechten Namhaftmachung angeführt worden, nämlich Hinterlegung sämtlicher in diesem Verfahren ergehender Schriftstücke ohne Zustellversuch bei der genannten Bezirkshauptmannschaft. Mangels Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten sei der in Rede stehende "Verfallsbescheid" bei dieser Behörde am 18. Jänner 1999 hinterlegt worden. Die genannte an den Beschwerdeführer gerichtete Aufforderung habe den Voraussetzungen des § 10 des Zustellgesetzes entsprochen. Da ein Zustellbevollmächtigter nicht benannt worden sei, sei die Bezirkshauptmannschaft Schärding berechtigt gewesen, den "Verfallsbescheid" durch Hinterlegung ohne Zustellversuch zuzustellen. Die Bereithaltung dieses Bescheides zur Abholung sei bei dieser Bezirkshauptmannschaft am 18. Jänner 1999 aktenkundig gemacht worden, weshalb gemäß § 23 Abs. 4 des Zustellgesetzes die so hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag der Hinterlegung, also am 18. Jänner 1999, als zugestellt gelte. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung finde, seien Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehrten, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Der mit Berufung vom 10. Juni 1999 angefochtene "Verfallsbescheid" sei bereits am 2. Februar 1999 in Rechtskraft erwachsen und unterliege nicht mehr der Berufung, sodass spruchgemäß die Berufung wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen sei. Die belangte Behörde merkte ferner an, dass die Anwendung des § 25 Zustellgesetz (Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung) durch die Erstbehörde verfehlt gewesen sei, weil im Grunde des § 10 Zustellgesetz für den Fall der nicht fristgerechten Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten § 23 Zustellgesetz über die Hinterlegung ohne Zustellversuch zur Anwendung komme. Die belangte Behörde wies auch darauf hin, dass nach der ausdrücklichen Regelung des § 25 Abs. 1 Zustellgesetz diese Bestimmung nicht im Verwaltungsstrafverfahren zur Anwendung gelangen könne.

2. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

2.1. Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982 idF BGBl. I Nr. 158/1998 lauten:

"§ 10. Einer sich nicht nur vorübergehend im Ausland aufhaltenden Partei oder einem solchen Beteiligten kann von der Behörde aufgetragen werden, innerhalb einer gleichzeitig zu bestimmenden, mindestens zweiwöchigen Frist für ein bestimmtes oder für alle bei dieser Behörde anhängig werdenden, sie betreffenden Verfahren einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen. Wird diesem Auftrag nicht fristgerecht nachgekommen, so wird die Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde vorgenommen. Der Auftrag, einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen, muss einen Hinweis auf diese Rechtsfolge enthalten."

"§ 23. (1) Hat die Behörde auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, dass eine Sendung ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen ist, so ist diese sofort beim Postamt, beim Gemeindeamt oder bei der Behörde selbst zur Abholung bereitzuhalten.

(2) Die Hinterlegung ist vom Postamt oder vom Gemeindeamt auf dem Zustellnachweis, von der Behörde auch auf andere Weise zu beurkunden.

(3) Soweit dies zweckmäßig ist, ist der Empfänger durch eine an die angegebene inländische Abgabestelle zuzustellende schriftliche Verständigung oder durch mündliche Mitteilung an Personen, von denen der Zusteller annehmen kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Hinterlegung zu unterrichten.

(4) Die so hinterlegte Sendung gilt mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt."

"§ 25. (1) Zustellungen an Personen, deren Abgabestelle unbekannt ist, oder an eine Mehrheit von Personen, die der Behörde nicht bekannt sind, können, wenn es sich nicht um ein Strafverfahren handelt, kein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und nicht gemäß § 8 vorzugehen ist, durch Anschlag an der Amtstafel, dass ein zuzustellendes Schriftstück bei der Behörde liegt, vorgenommen werden. Findet sich der Empfänger zur Empfangnahme des Schriftstückes (§ 24) nicht ein, so gilt, wenn gesetzlich nicht anders bestimmt ist, die Zustellung als bewirkt, wenn seit dem Anschlag an der Amtstafel der Behörde zwei Wochen verstrichen sind."

2.2. Aus den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens geht Folgendes hervor: Die Erstbehörde ordnete die Zustellung des besagten "Verfallsbescheides" durch öffentliche Bekanntmachung an. Der entsprechende Anschlag an der Amtstafel der Erstbehörde erfolgte am 19. Jänner 1999, die Abnahme am 9. Februar 1999. Das mit "Kundmachung" überschriebene angeschlagene Schriftstück vom 18. Jänner 1999 hat folgenden Inhalt: "Bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding, 2. Stock, Zimmer Nr. 18 (Nebengebäude) ist für Herrn J, ein Schriftstück vom 14. Jänner 1999, VerkGe96-140-1998, hinterlegt. Gemäß § 25 Abs. 1 des Zustellgesetzes gilt die Zustellung dieses Schriftstückes als bewirkt, wenn seit dem Anschlag an der Amtstafel der Bezirkshauptmannschaft Schärding zwei Wochen verstrichen sind." Am 19. Mai 1999 stellte der Beschwerdeführer durch seinen zwischenzeitig bevollmächtigten Rechtsanwalt den Antrag, "den Beschuldigten am nachfolgenden Verfahren teilnehmen zu lassen, ihm Gelegenheit zur Stellungnahme und damit zur Wahrung des Parteiengehörs zu gewähren und vor allem ihm die ergangenen, dem Beschuldigten bis jetzt nicht bekannten Bescheide zu Handen seines Rechtsanwaltes zuzustellen". Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben des Beschwerdeführers übermittelte die Erstbehörde diesem mit Schreiben vom 26. Mai 1999 eine Kopie des Verwaltungsstrafaktes mit der Einladung, dazu innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführers führte in seiner Berufung vom 10. Juni 1999 aus, dass ihm der in Rede stehende "Verfallsbescheid" am 27. Mai 1999 zugestellt worden sei.

2.3. Der Beschwerdeführer wendet ein, dass die Erstbehörde nicht angeordnet habe, dass eine Sendung ohne vorherigen Zustellversuch zu hinterlegen sei, sondern mit ihrer Kundmachung vom 18. Jänner 1999 eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung im Sinne des § 25 Zustellgesetz durchgeführt habe, weshalb eine notwendige Voraussetzung für eine Zustellung nach § 23 Zustellgesetz, nämlich die Anordnung, dass eine Sendung ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen sei, nicht gegeben sei und daher auch die Rechtsfolgen des § 23 Abs. 4 leg. cit. nicht eingetreten seien. Dieses Vorbringen ist zielführend.

2.4. Auf dem Boden des Inhalts des mit "Kundmachung" überschriebenen Anschlages vom 18. Jänner 1999 sowie der Zustellverfügung bezüglich des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14. Jänner 1999 hegt der Verwaltungsgerichtshof keinen Zweifel, dass dieser Bescheid im Wege des § 25 des Zustellgesetzes im Wege der öffentlichen Bekanntmachung zugestellt werden sollte.

Die Zustellung des Bescheides der Erstbehörde vom 14. Jänner 1999 hätte aber schon deswegen nicht im Wege der öffentlichen Bekanntmachung erfolgen dürfen, weil § 25 Zustellgesetz in einem Strafverfahren - hiezu zählt auch die Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14. Jänner 1999 - nicht zur Anwendung kommt. Ferner ist im Fall des Beschwerdeführers, weil dieser der Aufforderung zur Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten gemäß § 10 Zustellgesetz vom 2. Dezember 1998 nicht nachgekommen ist, die (einen diesbezüglichen Hinweis enthielt die Aufforderung) Rechtsfolge des § 10 Zustellgesetz, nämlich die Vornahme der Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde, eingetreten. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hätte demnach eine Zustellung gemäß § 23 Abs. 1 Zustellgesetz vornehmen müssen.

Wenn die belangte Behörde ausführt, dass die besagte "Kundmachung" der Erstbehörde vom 18. Jänner 1999 als Beurkundung im Sinne des § 23 Abs. 2 Zustellgesetz zu deuten sei, und gemäß § 23 Abs. 4 Zustellgesetz die so hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag der Hinterlegung (hier mit dem 18. Jänner 1999) als zugestellt gelte, ist sie damit nicht im Recht. Es kann auch der Auffassung der belangten Behörde nicht gefolgt werden, dass "wenn auch die belangte Behörde (gemeint ist die Erstbehörde) in weiterer Folge gemäß § 25 Zustellgesetz durch Anschlag an die Amtstafel vorgegangen ist, dies nicht die bereits eingetretene Hinterlegung bei der Behörde und daher die bereits erfolgte Zustellung hindere". Aus der Zustellverfügung auf dem erstinstanzlichen Bescheid ergibt sich nämlich - wie schon erwähnt - eindeutig, dass die Erstbehörde eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung angeordnet und diese durch Anschlag an der Amtstafel der Erstbehörde unter Hinweis auf § 25 Zustellgesetz auch vorgenommen hat. Die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung nach § 25 Zustellgesetz stellt eine besondere Form der Zustellung dar, die nicht als Teil einer Zustellung nach § 23 Zustellgesetz angesehen werden oder eine solche ersetzen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1991, Zl. 91/14/0156). Der Umstand, dass sich der erstinstanzliche Bescheid vom 14. Jänner 1999 faktisch bei der Erstbehörde befunden hat, bedeutet nicht, dass eine Zustellung durch Hinterlegung ohne Zustellversuch gemäß § 23 des Zustellgesetzes erfolgt sei. Die Erstbehörde hätte zur wirksamen Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 23 Zustellgesetz vielmehr eine solche anordnen müssen (vgl. § 23 Abs. 1 des Zustellgesetzes: "Hat die Behörde auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, ..."). Da sie in der Zustellverfügung jedoch eine Zustellung gemäß § 25 Zustellgesetz angeordnet hat, diese aber aus den dargelegten Gründen unzulässig war, ist eine rechtswirksame Zustellung des in Rede stehenden Bescheides vom 14. Jänner 1999 im Wege der genannten "Kundmachung" nicht erfolgt.

In Verkennung dieser Rechtslage ist die belangte Behörde zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung des Beschwerdeführers vom 10. Juni 1999 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war.

2.5. Von daher belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

2.6. Der Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Juli 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000030259.X00

Im RIS seit

27.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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