TE Vwgh Erkenntnis 2001/7/11 2000/03/0013

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Veröffentlicht am 11.07.2001
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1N;
E3R E07204030;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;
59/04 EU - EWR;

Norm

11994N/PRO/09 EU-Beitrittsvertrag Prot9 Art1 litc;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;

Beachte

* Fortgesetztes Verfahren im VwGH nach EuGH-Entscheidung: 2003/03/0136 E 31. März 2005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des A in Mähringen, Deutschland, vertreten durch Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in Salzburg, Neutorstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 16. September 1999, Zl. uvs- 1999/15/030-5, betreuend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 15. Dezember 1998 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe

"als Lenker des LKW-Zuges mit den Kennzeichen ... am 01.07.1998 in der Zeit von 07.30 Uhr bis 07.56 Uhr eine Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich auf der Strecke vom Kontrollposten Kufstein-Kiefersfelden über die Inntalautobahn A 12 und die Brennerautobahn A 13 bis zur Hauptmautstelle Schönberg, Autobahnkilometer 10,8, im Gemeindegebiet von Schönberg i.St. durchgeführt, in der Absicht, die Fahrt über den Brennerpass nach Italien fortzusetzen, und dabei entgegen den Bestimmungen des Art. 3 Z 1 der Verwaltungsvereinbarung BGBl 879/1992 die auf Grund des § 8 Abs 2 GütbefG sowie des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und Straße BGBl 823/1992 vorgeschriebene Ökokarte mit der erforderlichen Anzahl von geklebten und entwerteten Ökopunkten nicht mitgeführt und auf Verlangen der Kontrollorgane des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, VA-... am 01.07.1998 um 07.56 Uhr bei der Hauptmautstelle Schönberg, Autobahnkilometer 10,8, im Gemeindegebiet Schönberg i.St. nicht vorgewiesen. Durch das elektronische Abbuchungsgerät ECO-TAG erfolgte keine Abbuchung von Ökopunkten, weil laut elektronischem Abbuchungssystem der Frächter bzw. das von Ihnen gelenkte Kraftfahrzeug gesperrt war. "

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 7 i.V.m. Art. 3 Z. 1 der Verwaltungsvereinbarung, BGBl. Nr. 879/1992, begangen.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

"als dem Berufungswerber vorgeworfen wird, eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Ziff. 8 Güterbeforderungsgesetz i.d.F. BGBl. Nr. 17/98 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung EG-Nr. 3298/94 i. d.F. der Verordnung EG-Nr. 1524/96 begangen zu haben und anstelle der Worte im Spruch 'in der Absicht, die Fahrt über den Brennerpass nach Italien fortzusetzen und dabei entgegen den Bestimmungen des § 8 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz sowie des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und Straße BGBl. 823/1992 vorgeschriebene Ökokarte mit der erforderlichen Anzahl von geklebten und entwerteten Ökopunkten nicht mitgeführt' die Worte zu treten haben: 'entgegen Art. 1 Abs. 1 lit. a leg. cit. weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt."'

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG), BGBl. Nr. 593 i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 17/1998 (die Novellierung dieser Bestimmung ist mit 10. Jänner 1998 in Kraft getreten), begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu ahnden ist, wer

"8. unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist."

Gemäß Art. 1 lit. c des der EU-Beitrittsakte beigefügten Protokolles Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich, BGBl. Nr. 45/1995 ist unter "Transitverkehr durch Österreich" jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegt, zu verstehen. Straßengütertransitverkehr durch Österreich ist gemäß Art. 1 lit. e dieses Protokolles jeder Transitverkehr durch Österreich, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet, ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission (betreffend ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich) hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs im Falle einer Transitfahrt die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

     "a)        ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular

oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von

Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als

'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder

     b)        ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches

Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird."

Die belangte Behörde ist - wie das erstinstanzliche Straferkenntnis - davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer die angelastete Verwaltungsübertretung im Zuge einer am 1. Juli 1998 zu der näher angeführten Zeit durchgeführten Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich auf der Strecke vom Kontrollposten Kufstein/Kiefersfelden über die Inntalautobahn A 12 und die Brennerautobahn A 13 bis zur Hauptmautstelle Schönberg Autobahnkilometer 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg begangen habe. Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass er nach der im Akt befindlichen Ökokarte am 1. Juli 1998 bei der Grenzübergangsstelle Brenner eingereist und in Richtung Deutschland gefahren sei. Es lägen falsche Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde vor.

Aus der im Akt einliegenden Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Tirol vom 15. Juli 1998 - wie auch aus der im Akt einliegenden, vom Beschwerdeführer nach den Angaben des Meldungslegers nachträglich ausgefüllten Ökokarte - ergibt sich, dass der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen LKW mit dem näher angeführten Kennzeichen am 1. Juli 1998 gegen

7.56 Uhr auf der Brennerautobahn A 13 "Höhe von KM ca. 10,8" im Gemeindegebiet von Schönberg i.St. in Fahrtrichtung Norden gelenkt hat, wobei er von Italien kommend nach Deutschland eine Fahrt im gewerbsmäßigen Güterbeförderungsverkehr durchgeführt hat. In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17. September 1998 wurde ihm diese Transitfahrt, in Bezug auf die dem Beschwerdeführer die Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes vorgeworfen wurde, vorgehalten. Die im vorliegenden Fall von der belangten Behörde für verletzt erachtete Verwaltungsbestimmung (Art. 1 Abs. 1 lit. a der angeführten Verordnung) knüpft maßgeblich an das Vorliegen einer - konkreten - Transitfahrt durch Österreich an. Die von der belangten Behörde im Spruch näher bezeichnete Transitfahrt des Beschwerdeführers hat dieser am angegebenen Tag zu der angegebenen Zeit jedenfalls nicht durchgeführt. Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Verwaltungsstraftat jedenfalls nicht begangen hat. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1985, Zl. 84/02/0231).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Juli 2001

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000030013.X00

Im RIS seit

27.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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