RS UVS Oberösterreich 1997/10/01 VwSen-420142/36/Gf/Km

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 01.10.1997
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Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen; VwGH 23.9.1998, Zl. 97/01/1065-11 Rechtssatz

In ihrer Beschwerde wenden sich die Rechtsmittelwerber gegen die an ihnen vorgenommene Personendurchsuchung in O sowie damit in Zusammenhang stehende Eingriffe in ihre Persönlichkeitssphäre (Festhalten in überhitzten Bussen bzw. hinter einem Sperrkordon, Ausziehen der Schuhe, Zwangsverwahrung von Gegenständen, Identitätsfeststellung, Hochheben des T-Shirts) und gegen ihre Konfinierung auf den Park- bzw. Versammlungsplätzen in G, O und W sowie gegen die Begleitung des Demonstrationszuges durch Sicherheitsorgane in O und W andererseits. Insoweit liegen jeweils taugliche Anfechtungsgegenstände iSd Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG vor, sodaß die Beschwerde in diesem Umfang zulässig war. Mit ihrem Vorbringen, daß die einschreitenden Sicherheitsorgane über entsprechende Anfragen hin ihre Dienstnummern nicht bekanntgegeben hätten, waren die Beschwerdeführer hingegen gemäß § 89 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 662/1992, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 201/1996 (im folgenden: SPG), an die zuständigen Aufsichtsbehörden zu verweisen.

Da mit einer Personendurchsuchung zwangsläufig eine Beschränkung des in Art.8 MRK garantierten Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens verbunden ist (vgl zB VfSlg 7298 u. 9384) und derartige Eingriffe gemäß Art.8 Abs.2 MRK nur aufgrund einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung zulässig sind, gilt es hinsichtlich der Frage, ob die im gegenständlichen Fall am Parkplatz in O an den Beschwerdeführern vorgenommene Personendurchsuchung rechtmäßig war, sohin zunächst zu klären, auf welche Rechtsgrundlage die Organe des Bezirkshauptmannes von Wels ihr Einschreiten stützen konnten.

Aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles stellt sich dabei zunächst die Vorfrage, ob tatsächlich - wie von den Demonstranten intendiert - eine Versammlung oder lediglich eine Veranstaltung vorlag. Die Entscheidung dieser Frage ist deshalb essentiell, weil eine auf das SPG gestützte Personendurchsuchung (dann, wenn - wie gegenständlich - kein gefährlicher Angriff i.S. dieses Gesetzes vorliegt) grundsätzlich nur im Zusammenhang mit einer (hier nicht relevanten Festnahme (§ 40 SPG) oder) (Groß-)Veranstaltung (§ 41 SPG) zulässig ist.

Nach der Konzeption des SPG gilt dessen 3. Teil (und damit auch § 41) nur für den Bereich der Sicherheitspolizei, nicht aber auch für die Sicherheitsverwaltung, damit also gemäß § 3 SPG lediglich im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (vgl auch die E zur RV, abgedr. bei Fuchs-Funk-Szymanski, Sicherheitspolizeigesetz, Wien 1991, 2 ff), nicht aber iSd § 2 Abs.2 SPG auch für das Versammlungs- und erst recht nicht - weil es sich insoweit um eine Angelegenheit der Landesvollziehung handelt - für das Veranstaltungswesen.

Könnte man hinsichtlich Veranstaltungen noch die Auffassung vertreten, daß den Sicherheitsbehörden insoweit deshalb die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zukommt, weil es sich diesbezüglich gleichsam um eine "Querschnittsmaterie", die sich aus einem veranstaltungsrechtlichen und einem sicherheitsrechtlichen Teilbereich zusammensetzt, handelt, so ist eine gleichartige Sichtweise aufgrund der Textierung des § 41 Abs.1 letzter Halbsatz SPG, wonach diese Bestimmung explizit nicht für Versammlungen anzuwenden ist, aber jedenfalls ausgeschlossen. Lag daher eine Versammlung vor, so konnte die Personendurchsuchung nicht - auch nicht im Wege der Analogie - auf § 41 Abs.1 SPG gestützt werden (ganz abgesehen davon, daß es jedenfalls an einer Verordnung gemäß dieser Bestimmung mangelte, sodaß auch im Falle von deren grundsätzlicher Heranziehbarkeit schon aus diesem Grund eine rechtswidrige Vorgangsweise vorgelegen wäre).

Da das Oö. Veranstaltungsgesetz, LGBl. Nr. 75/1992, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 30/1995, gemäß § 1 Abs.2 Z3 "Veranstaltungen, die als Versammlungen den vereins- bzw. versammlungsgesetzlichen Vorschriften unterliegen" explizit von seinem Anwendungsbereich ausnimmt, bedarf es sohin im konkreten Einzelfall zunächst der Prüfung, ob eine Versammlung vorlag;

bejahendenfalls steht damit gleichzeitig jeweils fest, daß es sich um keine Veranstaltung handelte und damit - für die gegenständliche Fallkonstellation - eine Heranziehung des § 41 SPG ausscheidet.

Unter einer "Versammlung" ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine Zusammenkunft mehrerer Personen in der Absicht zu einem gemeinsamen Wirken zu verstehen (vgl zB VfSlg 12161/1989 sowie zuletzt VfGH v. 26.2.1997, B 2728/96; s. a. die Nachweise bei H. Hofer-Zeni, Die Versammlungsfreiheit, in: Machacek-Pahr-Stadler, Grund- und Menschenrechte in Österreich, Bd. II, Kehl 1992, 359 ff). Demgegenüber überwiegt bei einer Veranstaltung gesamtbildhaft betrachtet die passive Komponente der Mehrheit der Teilnehmer.

Generelle Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen dabei im Grenzbereich, wenn eine Veranstaltung (Halten einer politischen Rede vor einem größeren Publikum) in eine Versammlung umschlägt (zB: die solcherart "wachgerüttelten" Zuhörer setzen die politischen Forderungen gleich in die Tat um, wie dies aus der Zeit des Nationalsozialismus - zB "Reichskristallnacht" - erinnerlich ist) oder umgekehrt (zB: anstatt auch selbst zu skandieren, hören die Teilnehmer nur zu oder entfernen sich nach und nach).

Im vorliegenden Fall war der Wille sämtlicher Versammlungsteilnehmer von vornherein darauf gerichtet, lautstark eine politische Meinung - nämlich gegen den Faschismus zu demonstrieren - kundzutun. Konkret ging dies in der Weise vor sich, daß einschlägige Parolen von einem Versammlungsteilnehmer zunächst über Megaphon vorgegeben und diese sodann von den übrigen lautstark wiederholt wurden. Außerdem wurden entsprechende Transparente mitgeführt sowie Flugblätter an die Zuschauer verteilt. Wenngleich das sicherheitsbehördliche Vorgehen insgesamt besehen die unverkennbare Tendenz zeigte, diese Demonstration - ob in rechtmäßiger oder in rechtswidriger Weise, kann dahingestellt bleiben - gleichsam in eine Veranstaltung (zB einem Maiaufmarsch vergleichbar) "umzufunktionieren", indem die Versammlungsteilnehmer auf allen Seiten von Sicherheitskräften umgeben begleitet wurden und es somit infolge dieser scharfen Abgrenzung im Ergebnis zumindest zu keiner zufälligen Vermischung zwischen Versammlungsteilnehmern und Zuschauern kam, stellte sich die Kundgebung objektiv besehen immer noch (und bis zu ihrem Ende) als eine Versammlung dar, weil der von den Teilnehmern beabsichtigte Zweck der gemeinsamen Meinungskundgebung jedenfalls im großen und ganzen auch tatsächlich erreicht wurde.

Lag damit aber objektiv besehen eine Versammlung vor, so konnte die Personendurchsuchung daher aus den vorangeführten Gründen nicht - auch nicht analog - auf § 41 Abs.1 SPG gestützt werden (weshalb die belangte Behörde zu Recht auch von vornherein gar nicht mit einer Heranziehbarkeit dieser Norm argumentiert hat). Die Bestimmung des § 9 des Versammlungsgesetzes, BGBl. Nr. 98/1953, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 201/1996 (im folgenden: VersG) sieht vor, daß Bewaffnete an Versammlungen nicht teilnehmen dürfen. Unmittelbare Konsequenz der Übertretung dieser Verbotsnorm ist jedoch nur die Verhängung einer Verwaltungsstrafe gemäß § 19 VersG bzw. die Untersagung und/oder Auflösung der Versammlung nach § 13 Abs.1 VersG (wobei keine dieser Verfügungen im gegenständlichen Fall getroffen wurde, sodaß auch ein auf § 14 Abs.2 VersG gestützter Einsatz von Zwangsmitteln von vornherein ausscheidet); eine Personendurchsuchung ist hingegen im VersG selbst nicht vorgesehen.

Allerdings legte die für den Vorfallszeitpunkt noch maßgebliche Anordnung des § 39a Abs.1 des Waffengesetzes, BGBl. Nr. 443/1986, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 1107/1994 (im folgenden: WaffG), fest, daß von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes u.a. zur Durchsetzung des Verbotes des Führens von Waffen eine Durchsuchung der Kleidung von Personen und der von diesen mitgeführten Behältnisse an Orten vorgenommen werden kann, an denen aufgrund eines konkreten Hinweises oder sonstiger bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht besteht, daß diesem Verbot zuwidergehandelt wird und diese Durchsuchung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit geboten erscheint.

Damit erhebt sich die generelle Frage, ob eine Behörde im Rahmen der Vollziehung des VersG gleichzeitig auch die Waffenpolizei ausüben darf.

Dies ist im Ergebnis aus folgenden Gründen zu verneinen:

Nach allgemein herrschender Auffassung stellt sich das Grundrecht der Versammlungsfreiheit derart dar, daß dieses als im vollen Umfang des VersG auf Verfassungsebene gewährleistet anzusehen ist (vgl zB jüngst wieder VfGH v. 26.2.1997, B 2728/96, 6 u. 11; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8.A 1996, RN 1430; Adamovich-Funk, Österreichisches Verfassungsrecht, 3.A 1985, 404) bzw. anders gewendet: Es unterliegt schon von Verfassungs wegen nur solchen Einschränkungen, die im VersG selbst vorgesehen sind. Von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des VersG selbst im Hinblick auf den materiellen Gewährleistungsvorbehalt des Art.11 Abs.2 MRK ausgehend - woran zu zweifeln auch der vorliegende Fall keinen Anlaß bietet -, ist es dadurch, daß dieses Grundrecht gemäß Art.12 zweiter Satz StGG mit einem exklusiven Ausgestaltungsvorbehalt zugunsten des Versammlungsgesetzgebers gewährleitstet ist, dem einfachen Gesetzgeber im übrigen verwehrt, weitere Einschränkungen dieser Gewährleistung vorzusehen;

Beschränkungen der Versammlungsfreiheit ergeben sich mithin auf einfachgesetzlicher Ebene nur aus dem VersG selbst sowie aus verfassungsrechtlich-systemimmanenten Schranken (vgl dazu näher Grof, Zur Schutzrichtung (Bindungswirkung) der Grundrechte, in: Machacek-Pahr-Stadler, Grund- und Menschenrechte in Österreich, Bd. I, Kehl 1991, 130 ff.) Diese sich am liberalen Grundprinzip (vgl dazu Adamovich-Funk-Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Bd. I, Wien 1997, RN 10.002 u. 10.025) orientierende, aus der Sicht behördlicher Eingriffsbefugnisse eher restriktive Interpretation ist nach herrschender Auffassung sonach insbesondere deshalb geboten, um die Effektivität dieses für eine funktionierende Demokratie unverzichtbaren, insgesamt besehen also höchst sensiblen Grundrechts sicherzustellen.

Daraus folgt aber für den vorliegenden Fall, daß die Heranziehung des § 39a Abs. 1 WaffG zur Durchsetzung des Verbotes nach § 9 VersG deshalb nicht zulässig war, weil die darauf gestützte Personendurchsuchung solche eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit bewirkte, wie sie im VersG nicht einmal dem Grunde nach vorgesehen ist. Solange keine entsprechende Änderung des VersG erfolgt, kann daher die Behörde nur ein Verwaltungsstrafverfahren androhen oder - ex ante - die Versammlung untersagen bzw. diese - ex post - auflösen, um zu verhindern, daß Bewaffnete an einer Versammlung teilnehmen.

Davon abgesehen ist der Oö. Verwaltungssenat der Auffassung, daß - selbst wenn man von einer Anwendbarkeit des § 39a Abs.1 WaffG ausginge - im vorliegenden Fall auch die materiellen Voraussetzungen hiefür nicht vorlagen. Denn von einem dringenden Verdacht i.S. dieser Bestimmung konnte ohne weitere spezifische behördliche Ermittlungen in dieser Richtung allein deshalb, weil ein Monat vor der Kundgebung von unbekannten Tätern am sog. "Dichterstein" in Offenhausen eine Sachbeschädigung begangen und in der Folge ein entsprechendes Bekennerschreiben in einer linksgerichteten Zeitschrift veröffentlicht sowie darin gleichzeitig zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen wurde, nicht die Rede sein. Im Ergebnis erfolgte gerade durch die Art, wie die Personendurchsuchung (einzeln aus dem Bus steigen, Durchsuchung in der Öffentlichkeit, Grätschstellung mit den Händen an der Buswand, Entleerung der Kleidungstaschen und sonstigen Behältnisse, Ausziehen der Schuhe, Gesicht der Videokamera zuwenden, Hochheben des T-Shirts) durchgeführt wurde, vielmehr eine pauschale Kriminalisierung aller Versammlungsteilnehmer, die dem Geist des Versammlungsgesetzes - nämlich: behördlicher Eingriff nur gegenüber den tatsächlich Bewaffneten (d.h. in der Praxis: erst dann, wenn die Waffe jeweils sichtbar wird) mit den im VersG (sowie in der Folge im VStG) vorgesehenen (bis zur Festnahme und/oder Beschlagnahme) reichenden Mitteln - diametral zuwiderläuft.

Für eine Heranziehbarkeit des § 40 Abs.2 SPG gilt - abgesehen davon, daß gegenständlich kein gefährlicher Angriff iSd § 16 Abs.2 und 3 SPG vorlag: Im Rahmen der Vollziehung des VersG ist die Behörde nicht befugt, gleichzeitig auch sicherheitspolizeiliche Agenden wahrzunehmen.

Da somit das VersG selbst eine derartige Maßnahme nicht vorsieht bzw. diese allenfalls erst gemäß § 14 Abs.2 VersG dann gesetzt werden könnte, wenn die Versammlung zuvor aufgelöst wurde, war die von den Organen des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vorgenommene Personendurchsuchung an den Beschwerdeführern sohin schon dem Grunde nach, damit aber auch in allen ihren Auswirkungen - wie zB Verbleiben im überhitzten Bus, Entleerung der Kleidungstaschen und sonstigen Behältnisse, Verschluß bestimmter Gegenstände im Kofferraum, Ausziehen der Schuhe - rechtswidrig.

Sämtliche Beschwerdeführer wurden daher durch diese gesetzlich nicht gedeckte Maßnahme in ihrem verfassungsmäßigen Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt.

Nach § 12 VersG darf die Behörde zu einer Versammlung "einen, nach Umständen auch mehrere Vertreter" entsenden.

Dabei hat der Gesetzgeber in erster Linie an die typische Vereinsversammlung gedacht, mit der Wendung "nach Umständen" jedoch gleichzeitig auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip verankert.

In Entsprechung zum Grad der Gefährlichkeit der Versammlung für die öffentliche Ordnung kann die Behörde, der ja nicht nur der Schutz der Zuschauer, die Regelung des Verkehrs, etc. sondern auch der Schutz der Versammlungsteilnehmer selbst obliegt (vgl in diesem Sinne richtungsweisend VfSlg 12501), daher durchaus auch ein sog. "Großaufgebot" entsenden, wenn objektiv besehen nur auf diese Weise der Schutz der Sicherheitsinteressen gewährleistet erscheint.

Davon ausgehend ist im vorliegenden Fall zwischen der Versammlung in W einerseits und in O andererseits zu unterscheiden:

In W wurden schon vor der Versammlung (tagsüber), aber auch während der Versammlung Personengruppen beobachtet, deren politische Gesinnung jener der Versammlungsteilnehmer diametral zuwiderläuft. Aufgrund früherer Erfahrungen war nicht von vornherein auszuschließen, daß es im Falle eines direkten Aufeinandertreffens dieser beiden gegnerischen Parteien nicht bloß zu verbalen, sondern auch zu tätlichen Auseinandersetzungen kommen könnte, in deren Zuge auch Dritte (Geschäftsleute, Zuschauer, etc.) geschädigt werden könnten. Es kann daher der BPD W unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht entgegengetreten werden, wenn sie es zum Schutz der öffentlichen Interessen als erforderlich erachtete, die ca. 350 Versammlungsteilnehmer zunächst auf dem Parkplatz gegenüber dem Alten Schlachthof lokal abzuschirmen und sodann auf allen Seiten von Sicherheitskräften umgeben zu begleiten und dabei keinen selbständigen Wechsel in das oder aus dem Geviert, sondern einen solchen nur nach Rücksprache mit dem Einsatzleiter gestattete.

In O hingegen gab es - von verbalen Mißfallenskundgebungen abgesehen - weder vorher noch während der Demonstration selbst Anzeichen für eine - geschweige denn gewalttätige - Störung der Versammlung durch Andersgesinnte.

Davon ausgehend kann zwar der Behörde kein Vorwurf gemacht werden, in einer derartigen - ex post betrachtet allenfalls unverhältnismäßigen - Stärke vertreten gewesen zu sein, weil die massive Truppenpräsenz zweifellos in der gesetzeskonformen Absicht erfolgte, jede potentielle Störung im Keim zu ersticken (möglicherweise verhinderte auch tatsächlich allein schon die Anwesenheit eines großen Gendarmerieaufgebotes ein ansonsten vielleicht durchgeführtes "handgreifliches" Störmanöver, wofür es aber - wie bereits angeführt - keinerlei Anzeichen gab).

Aus dem Blickwinkel des Verhältnismäßigkeitsprinzips hätte sich darin jedoch das Handeln der Behörde auch schon erschöpfen müssen.

Aufgrund der konkreten Situation war es hingegen nicht geboten, die Versammlungsteilnehmer zunächst auf dem Parkplatz neben dem Sportplatz abzuschirmen und dann den Demonstrationszug zum Hauptplatz auf allen Seiten zu umringen, sodaß dadurch Kontakte zu den Außenstehenden, wie sie dem Wesen einer Kundgebung entsprechen, unterbunden oder zumindest erschwert wurden.

Dadurch und insbesondere in Verbindung mit der Art der Durchführung der - bereits zuvor als gesetzlich nicht gedeckt festgestellten - Personendurchsuchung, die vereinzelt die Menschenwürde grob beeinträchtigende Züge annahm (Ausziehen der Schuhe, Gesichtszuwendung zur Videokamera, Hochheben des T-Shirts), ergab sich letztlich ein die einzelnen Versammlungsteilnehmer, aber auch die gesamte Kundgebung als solche geradezu kriminalisierender Effekt, weil für den objektiven Betrachter unter solchen Umständen von einer "friedlichen Versammlung" iSd Art.11 Abs.1 MRK nicht mehr die Rede sein konnte.

In diesem Zusammenhang ist wiederum in Erinnerung zu rufen, daß die Versammlungsfreiheit ein äußerst sensibles Grundrecht, nämlich einen wesentlichen Bestandteil für eine auch faktisch funktionierende Demokratie darstellt. Dies bedingt auf der anderen Seite, daß der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang die behördlichen Eingriffsrechte sowohl umfang- und als auch intensitätsmäßig eher gering gehalten hat, sodaß sich unter der derzeit gültigen Gesetzeslage das Umringen und enge Begleiten der Versammlungsteilnehmer durch Gendarmeriebeamte in Offenhausen letztlich als unverhältnismäßig erweist.

Im Ergebnis handelte daher die BH Wels-Land auch insoweit rechtswidrig und verletzte daher die Beschwerdeführer dadurch in ihrem verfassungsmäßig gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit.

Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Beschwerde gemäß § 67c AVG insofern stattzugeben, als die Durchsuchung ihrer Person sowie deren Abschirmung und Begleitung im Demonstrationszug durch Sicherheitsorgane des Bezirkshauptmannes von Wels-Land am 3.5.1997 in O als rechtswidrig festgestellt wird; im übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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