§ 84 Abs.2 StVO bestimmt, daß außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten sind. (Der zweite Satz dieser Bestimmung ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar).
Der Bw verantwortet sich im gesamten Verfahren damit, daß die von ihm angebrachten Tafeln keine Werbungen, sondern Kennzeichnungen von Betriebsstätten wären, zu deren Anbringung er nach § 66 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO) verpflichtet wäre. Die Verpflichtung, die Baustellen mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung zu versehen, obliege nicht nur den Baugewerbetreibenden, sondern handle es sich hiebei um eine generelle Verpflichtung der Gewerbetreibenden. Als erster Teil der Ausübung des Gewerbes durch die Firma F Ges.m.b.H. sei die "Naturmaßnahme" am Objekt zu verstehen und bestehe ab diesem Zeitpunkt die gesetzliche Verpflichtung zur Kennzeichnung der vorübergehenden Betriebsstätte.
Zur Prüfung dieser Verantwortung ist daher zunächst die Bestimmung des § 66 Abs.1 GewO einer näheren Prüfung zu unterziehen:
Demnach sind die Gewerbetreibenden verpflichtet, ihre Betriebsstätten mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung zu versehen. Diese Verpflichtung gilt auch für Betriebsstätten, die einer nur vorübergehenden Ausübung des Gewerbes dienen, ferner für Magazine und dgl., für Gewinnungsstätten und für Baustellen. Was unter einer "Betriebsstätte, die einer nur vorübergehenden Ausübung eines Gewerbes" dient bzw. was unter einer "Baustelle" zu verstehen ist, ist in der GewO nicht näher definiert. Nach der Wiedergabe der EB in Mache-Kinscher, GewO, 5. A., S. 253, soll jede vorübergehende Gewerbeausübung in einem bestimmten Standort (vgl. z.B. die Gewerbeausübung im Sinne des § 46 Abs.5), nicht nur die aufgrund einer Sonderbewilligung gemäß § 195 ausgeübte gastgewerbliche Tätigkeit, durch eine äußere Geschäftsbezeichnung ersichtlich gemacht werden, die erkennen läßt, wer für die gewerbliche Tätigkeit verantwortlich ist. Die gewerbliche Tätigkeit des Bw ist der Handel und der Einbau von Fenstern und wird diese Tätigkeit sicherlich nicht von den einzelnen Baustellen, sondern von seiner Betriebsstätte in B, H 9, durchgeführt.
Die einzelnen Orte sind daher nicht als Betriebsstätten, die einer nur vorübergehenden Ausübung des Gewerbes dienen, anzusehen. Zur Erhellung des Begriffes "Baustelle" ist der GewO weiters nichts zu entnehmen.
Allerdings finden sich in arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen entsprechende Definitionen:
So erklärt etwa § 2 Abs.3 2. Satz des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, "Baustellen" im Sinne dieses Bundesgesetzes als zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen, an denen Hoch- und Tiefbauarbeiten durchgeführt werden. Dazu zählen insbesondere folgende Arbeiten:
Aushuberdarbeiten, Bauarbeiten im engeren Sinne, Errichtung und Abbau von Fertigbauelementen, Einrichtung oder Ausstattung, Umbau, Renovierung, Reparatur, Abbauarbeiten, Abbrucharbeiten, Wartung, Instandhaltungs-, Maler- und Reinigungsarbeiten, Sanierung.
§ 2 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung BGBl. 340/1994 definiert Baustellen als jene Bereiche, in denen Arbeitnehmer Arbeiten nach § 1 Abs.2 durchführen.
Bauarbeiten nach § 1 Abs.2 BauV sind Arbeiten zur Herstellung, Instandhaltung, Sanierung, Reparatur, Änderung und Beseitigung von baulichen Anlagen aller Art, einschließlich der hiefür erforderlichen Vorbereitungs- und Abschlußarbeiten. Bauarbeiten sind insbesondere auch Zimmerer-, Dachdecker-, Glaser-, Maler-, Anstreicher-, Spengler-, Fliesenleger-, Estrich-, Isolierarbeiten Gerüstbauarbeiten, Stahlbauarbeiten, Gas-, Wasser-, Heizungs-, Lüftungs- und Elektroinstallationsarbeiten, Sprengarbeiten, Abbrucharbeiten sowie Fassadenreinigungsarbeiten und Rauchfangkehrerarbeiten.
Allen diesen Begriffsbestimmungen ist gemeinsam, daß auf den so bezeichneten Baustellen gerade ein Arbeitsprozeß im Gange ist, der nach außen erkennbar und geeignet ist, geschützte Interessen (der Arbeitnehmer) zu beeinträchtigen.
Eine teleologische Interpretation der Kennzeichnungspflicht des § 66 Abs.1 GewO läßt deren Zweck einerseits in einem Schutz der Nachbarn (vor Belästigungen) und andererseits in einem Kenntlichmachen der Baustelle zur Kenntlichmachung des Bestandes eines bestimmten Gewerbebetriebes für jedermann (Mache-Kinscher, aaO, S. 252f) erkennen.
In Anbetracht dieser gesetzlichen Vorschriften und dem dargelegten Zweck der Kennzeichnung von Baustellen ergibt sich, daß der Bw seine Firmentafeln zu früh anbringt und zu spät entfernt:
Durch die Auftragsannahme und die Abnahme der Naturmaße (die lediglich der Konkretisierung und Individualisierung des Auftrages dienen, um den Vertrag vollständig abschließen zu können) allein wird noch keine "Baustelle" im Sinne der gewerberechtlichen Vorschriften begründet, sondern geschieht dies vielmehr erst bei der Ausführung der eigentlichen Arbeiten am Objekt, nämlich beim (allfälligen Ausbau bereits eingebauter alter Fenster sowie beim) Einbau der neuen Fenster bzw. Türen. Wenn diese Arbeiten am Objekt, die auch von außen sichtbar sind, abgeschlossen sind, so endet die "Baustelle" und somit auch die Pflicht zu deren Kennzeichnung.
Die laut Bw nach dem Einbau zwei- bis dreimal erforderlichen Einstellarbeiten, die durch Drehen der Fensterscharniere oder durch neues Einrichten der Fenstergläser udgl. bewerkstelligt werden, treten nach außen hin im Sinne einer Beeinträchtigung geschützter Interessen der Öffentlichkeit oder der Nachbarschaft nicht in Erscheinung, sodaß damit auch keine "Baustelle" im Sinne der GewO, die gekennzeichnet werden müßte, vorliegt. Außerhalb dieser echten Bauzeit angebrachte Firmentafeln dienen sohin nicht dem Zwecke des § 66 Abs.1 GewO, sondern dienen ausschließlich dazu, die Aufmerksamkeit der vorübergehenden oder vorüberfahrenden Personen auf die Firma F Ges.m.b.H. zu lenken, um diese Personen zum Kauf der Produkte dieser Firma zu animieren. Damit aber handelt es sich um eine echte Werbung im Sinne des § 84 Abs.2 StVO, die jedoch innerhalb eines Bereiches von 100 m vom Fahrbahnrand verboten ist, um die Aufmerksamkeit der Straßenbenützer, vor allem der Kraftfahrer, nicht zu beeinträchtigen (VwGH vom 21.9.1994, 94/03/0082).
Dadurch, daß der Bw dieser Bestimmung zuwidergehandelt hat, hat er die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht verwirklicht.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist Vorsatz im Sinne eines zumindest bedingten Vorsatzes anzunehmen:
Die hohe Zahl von einschlägigen Vorstrafen (27 laut dem Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister vom 22.2.1996) zeigt, daß dem Bw das Verbotene seiner Handlungsweise bekannt und auch bewußt sein müßte. Seine Verantwortung, daß das Anbringen der Firmentafeln auch von seiner Konkurrenz im gleichen Ausmaß gehandhabt werde, vermag den Bw nicht zu entlasten, sondern ist lediglich ein weiteres Indiz für die vorsätzliche Begehensweise. Der Verantwortung, daß er nach den Bestimmungen der GewO verpflichtet wäre, seine Baustellen zu kennzeichnen, sind die oben dargestellten Rechtsausführungen entgegenzuhalten. Wenn bei einem Normunterworfenen Zweifel über die Anwendbarkeit gesetzlicher Vorschriften bestehen, so ist er verpflichtet, bei der Behörde darüber Auskünfte einzuholen. Daß er dies getan hätte, hat der Bw aber nicht einmal behauptet.