TE Vwgh Erkenntnis 2001/7/11 2000/03/0250

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Veröffentlicht am 11.07.2001
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs8 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des K in Götzens, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 17. Jänner 2000, Zl. uvs- 1999/20/109-9, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 b in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) bestraft, weil er am 6. Februar 1999 um 22.46 Uhr im Gemeindegebiet von Birgitz auf der öffentlichen Gemeindstraße "Zwischenwegen", in weiterer Folge im Ortsgebiet von Götzens auf der öffentlichen Gemeindestraße "Josef-Abentung-Weg", von Westen kommend in Richtung Osten sowie auf der öffentlichen Gemeindestraße "Gries" in Richtung Norden bis zum Haus "Gries 8" ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt habe, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand "(0,44 mg/l)" befunden habe. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus: Die Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung gründe sich auf das unbedenkliche Ergebnis der Messung mittels eines geeigneten Alkomaten. Dass das Messergebnis des Alkomaten auf die Einnahme von Buerlecithin zurückzuführen wäre, werde durch das Gutachten des Amtssachverständigen Dr. U überzeugend widerlegt. Auch die Einnahme von zwei Tabletten Aspro hätten das Messergebnis nicht relevant zu beeinflussen vermocht. Anhaltspunkte dafür, dass der verwendete Alkomat nicht ordnungsgemäß funktioniert hätte oder nicht ordnungsgemäß bedient worden wäre, lägen keine vor. Eine das Alkomattestergebnis in Frage stellende Blutuntersuchung liege nicht vor. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Berufung vorbringe, dass ihm das auf sein Verlangen an der Universitätsklinik Innsbruck abgenommene Blut, wohin er mit den Gendarmeriebeamten zur Blutabnahme gefahren sei, nicht ausgehändigt worden wäre, so sei auf § 5 Abs. 8 zweiter Satz StVO 1960 zu verweisen. Nach dieser Bestimmung habe der Arzt die Blutprobe der nächstgelegenen Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu übermitteln und dieser im Fall des § 5 Abs. 8 Z 2 leg.cit. Namen, Geburtsdatum und Adresse des Probanden sowie den Zeitpunkt der Blutabnahme bekannt zu geben. Demnach wäre eine Aushändigung der Blutprobe an den Beschwerdeführer unzulässig gewesen. Im Fall einer durch den Untersuchten veranlassten Blutabnahme sei es am Untersuchten gelegen, eine Auswertung der Blutprobe zu veranlassen und einen Auftrag hiezu zu erteilen. Eine Verpflichtung seitens des Gendarmeriepostens Axams, eine Auswertung der Blutprobe zu veranlassen, habe nicht bestanden. Der Schriftverkehr mit dem Gendarmerieposten Axams sei dem Beschwerdeführer vor der Verhandlung am 30. November 1999 zur Kenntnis gebracht worden. Dennoch sei zu keinem Zeitpunkt seitens des Beschwerdeführers die Behauptung aufgestellt worden, einen Auftrag zur Auswertung der Blutprobe erteilt zu haben. Mangels einer Blutuntersuchung sei daher das Ergebnis der Alkoholmessung heranzuziehen. Demnach habe der Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung mit Beschluss vom 28. Juni 2000, B 685/00, abgetretene - Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dem dem vorliegenden Beschwerdefall zu Grunde liegenden Vorfall bereits in seinem Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/11/0106, auseinander zu setzen gehabt, mit dem der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13. Jänner 2000, mit welchem dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von vier Wochen entzogen worden war, aufgehoben wurde.

In diesem Erkenntnis wurde Folgendes ausgeführt:

"Anlass für die Verfügung der in Rede stehenden Entziehungsmaßnahme war, dass beim Beschwerdeführer am 6. Februar 1999 im Zuge einer Verkehrskontrolle eine Messung des Alkoholgehaltes der Atemluft vorgenommen wurde, die ein Ergebnis von 0,44 mg/l ergab.

Die vom Beschwerdeführer gerügten Verfahrensmängel liegen darin, dass entgegen seinem Antrag die beiden Gendarmeriebeamten, die die Verkehrskontrolle und die Messung des Alkoholgehaltes der Atemluft durchgeführt haben, in einer mündlichen Verhandlung als Zeugen zu vernehmen gewesen wären. Dabei hätte sich herausgestellt, dass er das Ergebnis der Messung in Zweifel gezogen und die Durchführung einer Messung des Blutalkoholgehaltes verlangt habe; von den Beamten sei er auf die Universitätsklinik Innsbruck gebracht worden, wo eine Blutabnahme durchgeführt worden sei. Die Blutprobe sei aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten habe - nämlich durch 'Missverständnisse zwischen dem Gendarmerieposten und der Gerichtsmedizin' - abhanden gekommen. Infolgedessen wäre nach dem Grundsatz 'im Zweifel für den Beschuldigten' das Entziehungsverfahren einzustellen gewesen.

Es ist zwar Sache des betreffenden Kraftfahrzeuglenkers, zur Widerlegung eines mit einem Alkomatgerät erzielten Ergebnisses hinsichtlich Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 8 Z. 2 StVO 1960 eine Messung des Blutalkoholgehaltes zu veranlassen. Wenn aber, wie der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren behauptet hat, eine Blutabnahme erfolgt ist und die Blutprobe von Gendarmeriebeamten übernommen wurde, hätte die belangte Behörde zunächst die Verpflichtung getroffen, die Auswertung der Blutprobe zu veranlassen. Soweit die belangte Behörde in der Gegenschrift eine gegenteilige Meinung zum Ausdruck bringt, vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Die besagte Verpflichtung folgt aus dem Umstand, dass gemäß § 5 Abs. 8 StVO 1960 in der Fassung BGBl. I Nr. 92/1998 der das Blut abnehmende Arzt die Blutprobe der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle - somit in die Sphäre der Behörde - zu übermitteln hat. Wenn in der Folge aber - wie der Beschwerdeführer behauptet - auf Grund von Missverständnissen die Blutprobe abhanden gekommen ist, hätte die Behörde zumindest über den Verbleib dieser Blutprobe Ermittlungen anzustellen und entsprechende Feststellungen zu treffen gehabt. Die belangte Behörde hat aber der Aktenlage nach nichts Derartiges getan. Sie ist auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf das besagte Vorbringen des Beschwerdeführers überhaupt nicht eingegangen. Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, auch wenn sie damit im Recht ist, dass ein Misslingen des Gegenbeweises derjenige zu vertreten hat, der versucht, über eine Blutabnahme das Ergebnis der Atemluftuntersuchung zu bekämpfen."

Der Verwaltungsgerichtshof sieht im Beschwerdefall keinen Anlass, von der in diesem Erkenntnis zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung abzugehen. Im Lichte der Ausführungen zu § 5 Abs. 8 leg.cit. hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, wenn sich bezüglich der vorliegend unbestritten im Sinn dieser Bestimmung beim Beschwerdeführer vorgenommenen Blutabnahme die Auffassung vertreten hat, es wäre nach § 5 Abs. 8 leg.cit. an diesem ("am Untersuchten") gelegen gewesen, eine Auswertung der Blutprobe zu veranlassen und einen Auftrag hiezu zu erteilen, und von daher zu dem Ergebnis gelangt ist, dass "mangels einer Blutuntersuchung" im Beschwerdefall letztlich das Ergebnis der mit einem Alkomat durchgeführten Alkoholmessung heranzuziehen gewesen sei.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein gesonderter Ersatz von Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist.

Wien, am 11. Juli 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000030250.X00

Im RIS seit

09.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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