Unter Notstand im Sinne des § 6 VStG kann nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Behandlung begeht; es muß sich um eine unmittelbare drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln; dies trifft aber selbst bei Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung, sofern sie die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht, nicht zu. Ein Notstand ist auch dann nicht gegeben, wenn damit nur die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung abgewendet werden soll (VwGH 11.4.1986, 86/180051, 0052, 26.4.1994, 93/040004, u.a.).
Eine soche Notstandsituation liegt nicht vor, wenn die Beschuldigte der Aufforderung zum Alkotest am Gendarmerieposten deshalb nicht Folge leistete, weil die Beamten es ablehnten, daß der im Auto befindliche kranke Hund der Beschuldigten diese zum Alkotest begleitet. Die von der Beschuldigten dargelegten Umstände und Motive stellen keine achtenswerten Beweggründe dar, die auch einem rechtstreuen Menschen, die Begehung einer strafbaren Handlung nahelegen. Daß das Tatmotiv "menschlich begreiflich" ist, macht es noch nicht in jedem Fall auch "achtenswert". Von einem rechtstreuen Menschen ist jedenfalls zu fordern, daß er den in einem Gesetz normierten Verpflichtungen nachkommt und sein Handeln danach richtet. Der Beschuldigten wäre es daher durchaus zumutbar gewesen, die Gefahr des Schadens auf andere Art als durch Begehung der objektiv strafbaren Handlung, zu beheben.