TE Vwgh Beschluss 2001/7/24 99/21/0036

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Veröffentlicht am 24.07.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §17 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1997 §29;
FrG 1997 §75 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des S in B, geboren am 22. Februar 1972, vertreten durch Dr. Erich Heliczer, Rechtsanwalt in 2540 Bad Vöslau, Anton Bauer-Straße 2a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 25. August 1998, Zl. Fr 2969/98, betreffend Zurückweisung der Berufung in einer Angelegenheit wegen Feststellung nach § 54 des Fremdengesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 21. Juni 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein aus dem Kosovo stammender jugoslawischer Staatsangehöriger der albanischen Volksgruppe, der am 12. Juni 1995 nach Österreich eingereist war, gemäß § 17 Abs. 2 Z 4 und 6 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 22. September 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien abgewiesen und gestützt auf § 54 Abs. 1 FrG, festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer wäre in der Bundesrepublik Jugoslawien im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt am 30. September 1997 zugestellt.

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde als verspätet zurückgewiesen, weil sie erst am 15. Oktober 1997, somit nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist nach § 63 Abs. 5 AVG, die am 14. Oktober 1997 geendet hatte, zur Post gegeben worden war.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Mit Note vom 5. Juni 2001 teilte der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit, er gehe vorläufig davon aus, dass der Beschwerdeführer im Sinn des Art. I der Verordnung der Bundesregierung vom 27. April 1999, BGBl. II Nr. 133, der Volksgruppe der Kosovo-Albaner angehört, vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet einreiste und dass er infolge des bewaffneten Konfliktes nicht in seine Heimat zurückkehren konnte. Den Parteien wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen zu dieser Annahme Stellung zu nehmen und allenfalls bekannt zu geben, ob der Beschwerdeführer anderweitig Schutz vor Verfolgung finden hätte können. Der Beschwerdeführer wurde weiters aufgefordert, anzugeben, ob und bejahendenfalls in welchen subjektiven Rechten er sich durch den angefochtenen Bescheid (noch) als verletzt erachte.

Die belangte Behörde bestätigte in ihrer Äußerung die eben beschriebene vorläufige Annahme des Verwaltungsgerichtshofes; der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab.

Gemäß § 2 des am 28. April 1999 in Kraft getretenen Art. I der auf Grundlage der §§ 18 und 29 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, erlassenen Verordnung der Bundesregierung BGBl. II Nr. 133/1999, mit der das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner geregelt und die Niederlassungsverordnung 1999 geändert wurde, kam Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, die glaubhaft machten, Kosovo-Albaner zu sein, sowie deren Ehegatten und minderjährigen Kindern, die vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist waren, in Folge des bewaffneten Konfliktes damals nicht ihre Heimat zurückkehren und anderweitig keinen Schutz vor Verfolgung finden konnten, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lassen keinen Zweifel daran erkennen, dass der Beschwerdeführer die dargestellten Voraussetzungen des Art. I § 2 erster Satz der genannten Verordnung erfüllte.

Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1  FrG gegenstandslos wird, wenn dem Fremden nach Erlassung des Bescheides (wieder) ein Recht zum Aufenthalt zukommt, somit sein Aufenthalt nachträglich legalisiert wird. In diesem Fall kann die Ausweisung auf Grund des inzwischen rechtmäßigen Aufenthaltes nicht mehr vollzogen werden. Sollte der Aufenthalt des Fremden zu einem späteren Zeitpunkt (wieder) unrechtmäßig werden, so könnte er nicht in Vollziehung der ursprünglichen, auf Grund eines früheren illegalen Aufenthalts erlassenen Ausweisung beendet werden, sondern die Frage, ob sich der Fremde neuerlich illegal im Bundesgebiet aufhält, müsste in einem weiteren Ausweisungsverfahren geklärt werden (vgl. etwa den hg Beschluss vom 5. November 1999, Zl. 96/21/1053). Wodurch die nachträgliche Legalisierung bewirkt wird, spielt keine Rolle; auch im Fall der Einräumung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts gemäß einer auf Grund des § 29 des Fremdengesetzes 1997 erlassenen Verordnung (vgl. auch dazu den zitierten Beschluss Zl. 96/21/1053) wird eine vor Eintritt dieses Umstandes erlassene Ausweisung wirkungslos. Dies gilt auch für eine auf § 17 Abs. 2 FrG gestützte Ausweisung (vgl. den hg. Beschluss vom 26. November 1999, Zl. 96/21/0494).

Diese (nachträgliche) Legalisierung des Aufenthalts des Beschwerdeführers hat zur Folge, dass das Beschwerdeverfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde einzustellen ist, weil die Ausweisung nicht mehr vollzogen werden kann. Die dargestellten Überlegungen gelten aber nicht nur für die Ausweisung, sondern auch für einen Bescheid über die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 Abs. 1 FrG (vgl. zum im Wesentlichen inhaltsgleichen § 75 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997, BGBl I  Nr. 75, etwa den hg. Beschluss vom 27. Jänner 2000, Zl. 98/21/0087), weil infolge der wirkungslosen Ausweisung keine konkrete Aussicht mehr auf eine Abschiebung in den Staat besteht, in dem verfolgt zu werden der Beschwerdeführer behauptet (vgl. dazu etwa den hg Beschluss vom 5. November 1999, Zl. 97/21/0251), Gleiches muss aber auch für eine Beschwerde gegen einen Bescheid gelten, der - wie im gegenständlichen Fall - keine Entscheidung in der Sache enthält, sondern das Verfahren über einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung betrifft (vgl. den hg. Beschluss vom 5. März 1999, Zl. 98/21/0282; zur Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 FrG vgl. den hg. Beschluss vom 26. November 1999, Zl. 96/21/0494). Es ist daher auch in Ansehung der vorliegenden Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem die Berufung in einem solchen Verfahren zurückgewiesen wurde, deren Gegenstandslosigkeit anzunehmen, zumal der Beschwerdeführer auch nicht darlegt, inwieweit er durch den angefochtenen Bescheid noch in subjektiven Rechten verletzt sein könnte.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen. Die nachstehenden Erwägungen zeigen, dass die Beschwerde bei einer meritorischen Erledigung keinen Erfolg gehabt hätte:

Entgegen dem Standpunkt des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Poststempel auf dem Kuvert, mit dem die Berufung übermittelt worden war, nicht, dass die Postaufgabe bereits am 14. Oktober 1997 erfolgte. Vielmehr hat die belangte Behörde gestützt auf diesen Poststempel - wie sich bei einer entsprechenden Vergrößerung bestätigt - den Tag der Postaufgabe der Berufung zutreffend mit 15. Oktober 1997 festgestellt, wird doch der Tag der Postaufgabe grundsätzlich durch den Poststempel nachgewiesen (ständige hg. Rechtsprechung; vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 27. November 2000, Zl. 2000/17/0165). Es liegt daher weder die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit noch die in diesem Zusammenhang auch geltend gemachte Aktenwidrigkeit vor.

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde hat die belangte Behörde bei dieser Sachlage aber auch ihre Ermittlungspflicht nicht verletzt, zumal sie dem Beschwerdeführer die für eine Verspätung sprechenden Umstände mit Schreiben vom 17. November 1997 vorgehalten hatte. Hierauf reagierte der Beschwerdeführer lediglich mit der Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages bei der Erstbehörde, in dem er der Annahme einer verspäteten Postaufgabe der Berufung nicht entgegentrat. Damit hat der Beschwerdeführer, den ihm obliegenden Gegenbeweis (vgl. dazu etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 27. November 2000, mwN), dass der Postenlauf entgegen dem angebrachten Poststempel nicht erst am 15. Oktober 1997 in Gang gesetzt worden sei, mangels entsprechenden Vorbringens und Beweisanboten weder versucht noch erbracht. Unter diesen Umständen bestand für die belangte Behörde kein Anlass für weitere amtswegige Ermittlungen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. August 1996, Zl. 95/10/0206, und vom 13. Februar 1997, Zl. 94/09/0300), insbesondere war sie entgegen dem Beschwerdestandpunkt nicht verpflichtet, Ermittlungen "bei der Post" darüber durchzuführen, ob das Schriftstück angesichts seines Einlangens bei der Behörde am 15. Oktober 1997 am selben Tag zur Post gegeben sein konnte. Das erscheint - anders als der Beschwerdeführer meint - jedenfalls nicht denkunmöglich.

Die Aktenvorlage durch die belangte Behörde - eine Gegenschrift wurde nicht erstattet - erfolgte auch zu dem dieselben Parteien betreffenden Verfahren Zl. 99/21/0019, weshalb ein Kostenzuspruch an die belangte Behörde nur in Höhe der Hälfte des Vorlageaufwandes nach der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 zu ergehen hatte.

Wien, am 24. Juli 2001

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999210036.X00

Im RIS seit

18.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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