RS UVS Steiermark 1998/05/29 30.14-106/97

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Veröffentlicht am 29.05.1998
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Rechtssatz

Im vorliegenden Fall wurden beide Unfallbeteiligte wegen des Verdachtes der Übertretung gemäß § 88Abs 1 StGB der Staatsanwaltschaft Leoben zur Anzeige gebracht, weil sie am Unfallort nicht die den Straßenverhältnissen entsprechende Geschwindigkeit - Fahren auf halbe Sicht - eingehalten und damit bestimmte Personen fahrlässig am Körper verletzt hätten. Andere Beweggründe für die Strafanzeige sind der Aktenlage nicht zu entnehmen. Die unfallkausale Außerachtlassung der Vorschrift des § 20 Abs 1 StVO durch den Berufungswerber und den Zweitbeteiligten bildete unter anderem ein wesentliches Sachverhaltselement des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung nach § 88 Abs 1 StGB. Im Falle des Zweitbeteiligten stellte die Staatsanwaltschaft den Strafantrag, der in der Folge zu dessen rechtskräftigen Verurteilung durch das Bezirksgericht führte. Die Strafanzeige gegen den Berufungswerber legte der öffentliche Ankläger gemäß § 90 Abs 1 StPO deshalb zurück, weil er aus den ihm vorgelegten Akten kein strafrechtliches Verschulden des Herrn St. ableiten konnte, zumal dieser vorschriftsmäßig auf seiner Fahrbahn gefahren sei. Dieser Einstellungsgrund kann nur so verstanden werden, dass sich der Bezirksanwalt mit der Verschuldensfrage (überhöhte Geschwindigkeit) auseinander gesetzt und sie im Falle des Berufungswerbers verneint hat. Eine neuerliche Beurteilung ein und desselben Aspektes der Handlung als selbständige Übertretung nach der StVO durch die Verwaltungsbehörde - sie hat im Gegensatz zum Gerichtsorgan eine (schuldhafte) Übertretung des § 20 Abs 1 StVO angenommen - widerspricht dem Doppelbestrafungsverbot des Art. 4 Abs 1 des 7. Zusatzprotokolles zur EMRK und ist daher nicht mehr zulässig. Die zitierte Verfassungsnorm soll nämlich garantieren, dass eine freigesprochene Person nicht auf Grundlage eines geringfügig anders zugeschnittenen zweiten Strafbestandes wegen derselben Fakten ein weiteres Mal verfolgt wird.

Schlagworte
Strafverfahren Strafanzeige Zurücklegung Verwaltungsübertretung Geschwindigkeitsüberschreitung Doppelbestrafung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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