§ 38 Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 bestimmt, dass das Verfahren auch dann fortzuführen ist, wenn die Akten (trotz Auftrages und Fristsetzung) nicht vorgelegt wurden. Eine ausdrückliche Anordnung dieser Art ist für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde in Angelegenheiten iS von § 67a Abs.1 Z1 AVG nicht vorgesehen. Die analoge Anwendung der VwGG-Regelung ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates sowohl zulässig als auch geboten, zumal wenn bedacht wird, dass dem unabhängigen Verwaltungssenat keine Weisungs- oder sonstigen Zwangsmittel in die Hand gegeben sind - auch nicht aus dem Titel einer durch Devolution begründeten Zuständigkeit - , um die Aufforderung zur Aktenvorlage durchsetzen zu können. Ist aber das Verfahren fortzuführen, muss für den unabhängigen Verwaltungssenat analog zu § 38 Abs.2 VwGG auch zulässig sein, auf Grund der Behauptungen des Berufungswerbers zu erkennen. Dies umso mehr, wenn, wie in diesem Fall, den Behauptungen Bescheinigungsmittel beigefügt wurden, sodass daraus in einem Mindestmaß objektivierbare Schlussfolgerungen auf das Vorliegen oder das Nichtvorliegen der Sachverhaltsgrundlage für die zu treffende Entscheidung gezogen werden können.
Der Berufungswerber rügt, zusammengefasst, dass der von ihm bekämpfte Bescheid an schwerwiegenden Feststellungs- und Begründungsmängeln leide. Die belangte Behörde gebe im wesentlichen nur den abstrakten Gesetzestext wieder. Soweit der Bescheid auf seinen Fall überhaupt Bezug nehme, werde ein "amtsärztliches Gutachten vom 13.5.1997" zwar erwähnt, jedoch zu seinem Rechtsschutznachteil ganz und gar nicht wiedergegeben. Festgehalten sei lediglich die angebliche Schlussfolgerung aus diesem Gutachten, wonach er "derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen B und C nicht geeignet (sei und) bei Einhaltung einer absoluten Alkoholabstinenz von mindestens 6 Monaten ... eine Kontrolluntersuchung unter Vorlage von gebesserten Leberfunktionensproben + MCV frühestens in einem Jahr möglich" wäre. Nach der Aktenlage ist der Berufungswerber mit diesem Vorbringen im Recht. Der bekämpfte Bescheid erweist sich als Schimmelbescheid, der dem Berufungswerber die wesentlichen Ergebnisse eines - nur unvollständig geführten - Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen, somit also die für den behördlichen Abspruch erforderliche Tatsachengrundlage vorenthält. Wenn der Berufungswerber einwendet, dass der Amtsarzt Schlussfolgerungen nicht auf Grund eigener Wahrnehmungen getroffen habe und daher das "Gutachten" nur eine gewissermaßen unreflektierte Wiedergabe des verkehrspsychologischen Befundes darstelle, so kann dem aus der Aktenlage nichts entgegengehalten werden. Auch der weiteren Rüge des Berufungswerbers, wonach der Amtsarzt, sollte er der Ansicht sein, dass die geringfügig erhöhten Werte auf Alkoholabusus zurückzuführen seien, dies hätte auch entsprechend begründen müssen, weil "erhöhte Werte nach Wissen des Einschreiters jedenfalls nicht nur auf Alkoholabusus zurückzuführen" seien, kann Berechtigung nicht abgesprochen werden. Ebenso im Recht ist der Berufungswerber mit dem Einwand, dass für ihn in keiner Weise nachvollziehbar sei, wie die verkehrspsychologische Untersuchungsstelle zu ihren Ergebnissen gelangte, weshalb auch die Entscheidungsgrundlage für die Frage der Verkehrsanpassungsbereitschaft mangelhaft sei.
Die ungenügende Tatsachengrundlage des bekämpften Bescheides als Folge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs wird aus der Stellungnahme des Berufungswerbers vom 21. August 1997 deutlich. So beklagt er mit Recht, dass die maßgeblichen Schlussfolgerungen aus den einzelnen Untersuchungsergebnissen nicht dargetan worden seien und auch nicht, welche Erwägungen jeweils dafür maßgeblich gewesen seien. Schwer wiege in diesem Zusammenhang, dass, wenn schon die Amtsärztin Zweifel an seinen Aussagen gehabt habe, diese Zweifel weder begründet worden seien, noch die Zweifeläußerung überhaupt verständlich sei, weil seine Aussagen von der Amtsärztin selbst gar nicht wahrgenommen worden seien. Damit aber macht der Berufungswerber geltend, dass ihm das rechtliche Gehör nicht ausreichend gewährt wurde. Die unmittelbare Konfrontation nämlich der Amtsärztin mit seinen Aussagen, die ebenso unmittelbare Äußerung daraus sich ergebender Zweifel dem Berufungswerber gegenüber und die so für ihn eröffnete Gelegenheit, den Zweifeln sogleich zu entgegnen, erweist sich für die rechtmäßige Bescheidgrundlage aus dem Blickwinkel eines fairen Verfahrens in diesem Fall als unverzichtbar. Für die behördliche Vorgangsweise bedeutet dies - iS der in diesem Punkt strengen Judikatur des VwGH zu § 66 Abs.2 AVG - zwingend, dass allen Beteiligten und allen sonst für die Klärung der Sachumstände geeigneten Personen Gelegenheit zu Rede und Gegenrede gegeben wird und daher gleichzeitig am selben Ort zu einer mündlichen Verhandlung versammelt werden müssen (vgl die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens
5. A, zu § 66 Abs.2 AVG auf Seiten 543ff zitierte Judikatur).
Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden und der belangten Behörde die Durchführung einer - zumindest nach der Aktenlage bisher noch nicht stattgefundenen - mündlichen Verhandlung sowie die Erlassung eines neuen Bescheides aufzutragen.
Mit der gänzlichen Behebung des angefochtenen Bescheides wird auch der unter Punkt 3. des Bescheidspruchs verfügte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung aus dem Rechtsbestand ausgeschieden und hat daher seine Wirksamkeit verloren (vgl idS VwGH 18.4.1994, 92/03/0238).
?SW-Devolution; UVS statt LH als Berufungsbehörde zuständig; Auftrag zur Aktenvorlage - Nichtentsprechung; analoge Anwendung des § 38 VwGG