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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung; hinreichend bestimmte erste Kundmachung hinsichtlich der geplanten Änderung; ausreichende zweite Kundmachung durch mehrwöchige Auflage der Abänderung; kein Widerspruch zum räumlichen EntwicklungskonzeptSpruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid vom 3. Juli 1990 wurde die im Eigentum der beschwerdeführenden Gesellschaft stehende und als erweitertes Wohngebiet gewidmete Grundparzelle 248/5, KG Zell am See, gemäß §§12 ff des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. 69/1968 idF LGBl. 18/1990, zum Bauplatz erklärt.
Am 19. Juni 1991 beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Geschäftshauses auf dem genannten Bauplatz.
2. Am 12. November 1987 war der Entwurf einer Änderung des Flächenwidmungsplanes zur allgemeinen Einsicht aufgelegt worden. In diesem Entwurf war zwischen der Bundesstraße S 11 und dem erweiteren Wohngebiet ein 20 m breiter Grünlandstreifen (Schutzstreifen als Immissionsschutz und Abstandsflächen zwischen Gebieten mit unterschiedlicher Widmung) vorgesehen, in dem der Großteil des Grundstücks 248/5 liegt.
"Zum Zwecke der Durchführung der Flächenwidmung" erließ die Gemeindevertretung gemäß §21 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 eine befristete Bausperre u.a. hinsichtlich jenes Bereiches der Parzelle 248/5, "über den sich nach der Flächenwidmungsplanung ... ein Immissionsschutzstreifen erstreckt". Die Bausperre trat am 5. Mai 1992 in Kraft.
3. Am 15. März 1993 trat die Verordnung der Gemeindevertretung betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplans in Kraft, in der das Grundstück 248/5 zum Großteil als Grünland (Schutzstreifen als Immissionsschutz und Abstandsflächen zwischen Gebieten mit unterschiedlicher Widmung) gewidmet ist.
Mit Bescheid vom 22. Juni 1994 stellte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Zell am See im Hinblick auf die inzwischen in Kraft getretene Flächenwidmungsplanänderung gemäß §22 litc iVm §14 Abs1 lita Bebauungsgrundlagengesetz LGBl. 69/1968 idF LGBl. 152/1993 fest, daß die Eigenschaft der Grundparzelle 248/5 als Bauplatz erloschen sei.
4. Mit Bescheid vom 23. Juni 1994 wies der Bürgermeister der Stadtgemeinde Zell am See das Bauansuchen gemäß §8 Abs1 iVm §9 Abs1 lita Salzburger Baupolizeigesetz, LGBl. 117/1973 idF LGBl. 48/1993, wegen Widerspruchs zur Flächenwidmung ab. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die Gemeindevertretung der Stadt Zell am See keine Folge.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die von der beschwerdeführenden Gesellschaft erhobene Vorstellung gegen den Bescheid der Gemeindevertretung ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gegründete Beschwerde, in der die beschwerdeführende Gesellschaft die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet, substantiiert aber nur die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm ausführt.
5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
6. Die Stadtgemeinde Zell am See legte die Akten betreffend das Zustandekommen der oben angeführten Flächenwidmungsplanänderung vor und tritt in ihrer Stellungnahme den Argumenten der Beschwerde entgegen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1.1. Die Beschwerde behauptet zunächst, das Planauflageverfahren sei fehlerhaft durchgeführt worden, weil für die beschwerdeführende Gesellschaft weder aus der Kundmachung über die Änderung der Planungsabsicht gemäß §16 Abs1 Sbg ROG 1977 vom 25. Jänner 1985 noch aus jener über die Auflage des Planentwurfs gemäß §16 Abs2 Sbg ROG 1977 vom 12. November 1987 hervorgegangen sei, welche Grundstücke von der Änderung des Flächenwidmungsplans betroffen seien. Ein pauschaler Verweis auf die Abänderung des Flächenwidmungsplans im gesamten Gemeindegebiet sei nicht ausreichend.
1.2. Das zum Zeitpunkt der Änderung des gegenständlichen Flächenwidmungsplanes geltende Salzburger Raumordnungsgesetz 1977 regelte das Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes wie folgt:
Gemäß §18 Abs4 Salzburger Raumordnungsgesetz 1977, LGBl. 26/1977, idF LGBl. 52/1984 gelten für das Verfahren der Abänderung des Flächenwidmungsplanes sinngemäß die Bestimmungen der §§16 und 17.
§16 Abs1 und 2 leg. cit. (vor der Novelle LGBl. 52/1984: §16 Abs3 und 4) lauten:
"(1) Der Bürgermeister hat die beabsichtigte Aufstellung eines Flächenwidmungsplanes ortsüblich und, soferne dies nicht auf Grund gesetzlicher Vorschrift in einem Amtsblatt der Gemeinde erfolgt, durch Verlautbarung in der Salzburger Landes-Zeitung kundzumachen und gleichzeitig die Aufforderung ergehen zu lassen, geplante Bauplatzerklärungen und Bauvorhaben im Gemeindebereich innerhalb Monatsfrist der Gemeinde bekanntzugeben. Außerdem ...
(2) Der Entwurf des Flächenwidmungsplanes ist samt dem erforderlichen Wortlaut sechs Wochen zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Die Auflage ist durch den Bürgermeister öffentlich kundzumachen. Die im Abs1 genannten ..."
1.3. Während die Kundmachung der beabsichtigten Änderung eines Flächenwidmungsplanes gemäß §16 Abs1 leg. cit. dazu dient, der Gemeinde Informationen über beabsichtigte bauliche Nutzungen oder Anregungen zur Erstellung des Entwurfes des geänderten Flächenwidmungsplanes zu verschaffen, verfolgt die Auflage des Planentwurfs und ihre öffentliche Kundmachung gemäß §16 Abs2 Sbg ROG 1977 den Zweck, den Planunterworfenen eine ausreichende Möglichkeit zur Erhebung allfälliger Einwendungen einzuräumen und damit ihr Mitspracherecht zu gewährleisten (vgl. VfSlg. 12785/1991).
1.4. Am 25. Jänner 1985 erließ der Bürgermeister der Stadtgemeinde Zell am See folgende Kundmachung:
"Gemäß §16 Abs1 in Verbindung mit §18 Abs4 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 in der Fassung LGBl. Nr. 52/1984 wird kundgemacht, daß die Stadtgemeinde Zell am See eine Änderung des Flächenwidmungsplanes in ihrem gesamten Gemeindegebiet beabsichtigt.
Beabsichtigte Bauplatzerklärungen und Bauvorhaben in diesem Bereich sind innerhalb Monatsfrist der Stadtgemeinde Zell am See bekanntzugeben.
Die in Betracht kommenden Dienststellen des Bundes, die gesetzlichen beruflichen Vertretungen sowie die sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts, die Planungsinteressen verfolgen sowie Personen, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen, können schriftlich Anregungen zur Erstellung des Entwurfes der Flächenwidmungsplanänderung einbringen."
Diese Kundmachung wurde am 25. Jänner 1985 an der Amtstafel der Stadtgemeinde Zell am See angeschlagen und am 26. Februar 1985 abgenommen und außerdem in der Salzburger Landeszeitung Nr. 4 vom 5. Februar 1985 verlautbart. Sie wurde daher dem §16 Abs1 leg. cit. entsprechend vorgenommen.
Daß in dieser Kundmachung das Planungsgebiet für die Abänderung des Flächenwidmungsplanes mit dem gesamten Gemeindegebiet umschrieben wird und daß die beabsichtigten Umwidmungen im einzelnen aus der Kundmachung noch nicht zu entnehmen sind, führt nicht zur Gesetzwidrigkeit der Kundmachung, weil sich in diesem Stadium des Verfahrens die Gemeinde erst die für die Änderung des Flächenwidmungsplanes erforderlichen Informationen beschafft und die Gemeindebürger die Gelegenheit erhalten, schriftliche Anregungen zur Erstellung des Entwurfes der Flächenwidmungsplanänderung einzubringen.
1.5. Die Planauflage erfolgte mit Kundmachung vom 5. Oktober 1987. Sie hat folgenden Wortlaut:
"Gemäß §16 Abs2 iVm §18 Abs4 Salzburger Raumordnungsgesetz 1977, LGBl. 1977/26 idgF, wird kundgemacht, daß der Entwurf der Änderung des Flächenwidmungsplanes für das Gemeindegebiet Zell am See (Bauamt, II. Stock) während der Amtsstunden zur allgemeinen Einsicht aufliegt.
Die in Betracht kommenden Dienststellen des Bundes, die gesetzlichen beruflichen Vertretungen sowie die sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts, die Planungsinteressen verfolgen sowie Personen, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen, sind berechtigt, innerhalb der Auflagefrist begründete schriftliche Einwendungen vorzubringen. Die Einwendungen sind durch geeignete Unterlagen so zu belegen, daß eine einwandfreie Beurteilung möglich ist."
In einem Schreiben des Bürgermeisters vom 12. November 1987 an das Bauamt ist festgehalten:
"In Entsprechung des §16 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 ist der Entwurf des Flächenwidmungsplanes samt dem erforderlichen Wortlaut 6 Wochen zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Da durch ein Versäumnis des Bauamtes der erforderliche Wortlaut dem Entwurf nicht beigelegen ist, ergeht die Anweisung, die Einsichtsfrist um 2 Monate zu verlängern und dies an den Amtstafeln ortsüblich kundzutun. ..."
Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, daß am 12. November 1987 neuerlich kundgemacht wurde, "daß der Entwurf der Änderung des Flächenwidmungsplanes, samt dem erforderlichen Wortlaut, für das Gemeindegebiet Zell am See sechs Wochen hindurch im Stadtamt Zell am See (Bauamt, II. Stock) während der Amtsstunden zur allgemeinen Einsicht aufliegt". Diese Kundmachung wurde von der Amtstafel am 30. Dezember 1987 abgenommen.
Verletzungen der Bestimmungen über die Auflage des Planentwurfs und ihrer öffentlichen Kundmachung führen nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 8463/1978, 9150/1981, 10208/1984 sowie 12785/1991) dann zur Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung, wenn dadurch die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger über die beabsichtigten Planungsmaßnahmen beeinträchtigt wird. Eine solche Beeinträchtigung war jedoch nicht gegeben. Da der Entwurf der Flächenwidmungsplanänderung neuerlich durch sechs Wochen hindurch aufgelegt war und die Gemeindebürger von dieser Tatsache durch Anschlag an der Amtstafel verständigt wurden, hatten sie jedenfalls während des im §16 Abs2 Sbg ROG 1977 vorgesehenen Zeitraumes von sechs Wochen Gelegenheit, in den Plan und den Wortlaut der beabsichtigten Verordnung Einsicht zu nehmen.
1.6. Es treffen daher Mängel des Verfahrens gemäß §16 Abs1 Sbg ROG 1977 einerseits nicht zu, andererseits führen die behaupteten Mängel des Verfahrens gemäß §16 Abs2 Sbg ROG 1977 nicht zur Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung, sodaß der Verfassungsgerichtshof gegen die Verordnung über die Änderung des Flächenwidmungsplanes aus der Sicht der vorliegenden Beschwerdesache keine Bedenken hegt.
2.1. Die Beschwerde behauptet aber auch die inhaltliche Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung mit dem Argument, daß der Grund der Schaffung eines Immissionsschutzstreifens - nämlich eine geänderte Verkehrslösung - von der Stadtgemeinde Zell am See längst verworfen worden sei. Es bedürfe daher im Bereich des Grundstückes 248/5 keines Immissionsschutzstreifens mehr. Außerdem widerspreche die Änderung des Flächenwidmungsplans auch dem räumlichen Entwicklungskonzept.
Im Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan ist im Siedlungsleitbild Schüttdorf, das wiederum einen Ausschnitt aus dem von der Gemeindevertretung am 15. Dezember 1986 beschlossenen räumlichen Entwicklungskonzept darstellt, folgende Aussage enthalten:
"Überall, wo Hauptverkehrswege durch Wohngebiete führen, sind nach Möglichkeit der örtlichen Gegebenheiten Immissionsschutzstreifen zur Errichtung von Trenngrünanlagen auszuweisen und eine weitere Verbauung derselben zu verhindern."
Es trifft daher nicht zu, daß die Flächenwidmungsplanänderung dem räumlichen Entwicklungskonzept widerspricht. Da die Festlegung eines Immissionsschutzstreifens generell zur Vermeidung von Lärmimmissionen im Wohngebiet erfolgte, ist für die Gesetzmäßigkeit der Widmung die konkrete Ausgestaltung eines bestimmten Kreuzungsbereiches nicht maßgebend. Die von der Beschwerde behauptete Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung liegt daher nicht vor.
3. Das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren ergab aber auch nicht, daß die beschwerdeführende Gesellschaft in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde.
4. Die Beschwerde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Verordnung, Kundmachung, VerordnungserlassungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B1972.1996Dokumentnummer
JFT_10018997_96B01972_00